
Zwei alte Alben mit Aufnahmen, die vor über 100 Jahren gemacht worden sein mussten. Doch wo? Das Zeppelin Museum Friedrichshafen fragte – und bekam rasch die Lösung. Aus Unterfranken. Bei zwei Bildern braucht das Museum noch Hilfe - erkennen Sie die Städte?
Fotoalben mit Luftaufnahmen, eindeutig aus einem Zeppelin heraus gemacht. Doch wo und wann die Bilder entstanden? Wer fotografierte? Welche Städte da zu sehen waren? Das Zeppelin Museum in Friedrichshafen war ratlos. Und Archivarin Barbara Waibel wusste nicht einmal, wann und aus welchem Nachlass die beiden Alben ins Depot der Luftschiffbau Zeppelin GmbH gekommen waren. Klar war für die Historikerin nur: Die eingeklebten Luftbilder müssen zwischen 1910 und 1914 entstanden sein, allerspätestens 1918. Gemacht hatte sie „vermutlich ein ehemaliges Besatzungsmitglied“ des Zeppelins.


In den Beständen des Friedrichshafener Museums und der Luftschiffbau Zeppelin GmbH gibt es, sagt Waibel, jede Menge Dokumente und Dinge, bei denen Herkunft und Schenker unbekannt sind, weil niemand eine Notiz dazu machte. Die Archivarin und ihr Team sind dabei, die „Altlasten“ nach und nach zu sichten. Und waren auf diese beiden unbeschrifteten Alben mit Serie von Bildern in Schwarz-Weiß und Sepia gestoßen. Luftbildaufnahmen aus den 1910er Jahren sind für die Historiker nichts Außergewöhnliches. „Aufnahmen von oben waren zu dieser Zeit etwas Neues“, sagt Waibel. Entsprechend häufig nahmen Piloten und Mitreisende die Kamera an Bord. Und bei Fotos vom Bodensee, von Oberschwaben oder ganz großen Städten wie München fällt den Archivaren die Zuordnung auch leicht. Doch die Fotoserien aus den beiden Alben, unter die sich auch Bilder vom Werftbetrieb in Friedrichshafen und Aufnahmen von „Zaungästen“ mit und ohne Kinderwagen mischten? Wahrscheinlich, so vermuteten die Mitarbeiter des Zeppelin Museums, waren sie bei einer Delag-Fahrt entstanden.



Die Deutsche Luftschifffahrts-Aktiengesellschaft, kurz Delag, war die erste Fluggesellschaft der Welt und bot vor dem Ersten Weltkrieg Städtereisen und Rundtouren mit dem neuen Zeppelin an. Bis Juli 1914 sollen die kommerziellen Starrluftschiffe der Delag rund 34 000 Passagiere auf mehr als 1500 Fahrten transportiert und in gut 3100 Flugstunden dabei eine Strecke von rund 172 500 Kilometern zurückgelegt haben. Kein Wunder, dass es auch Richtung Unterfranken und an den Main ging. „Wir brauchen eure Expertise! Wo wurden diese Bilder aufgenommen?“, stellte Simone Lipski von der Öffentlichkeitsarbeit des Zeppelin Museums vor ein paar Wochen auf Facebook die Frage.


Und zeigte aus einer Serie die ersten vier von zwei Dutzend Bildern: „ Wenn ihr Vermutungen habt, was hier zu sehen ist, oder jemanden kennt, der jemanden kennt ...“ Dank Schwarmwissen war schnell klar: Der Fotograf muss vor über 100 Jahren über Mainfranken unterwegs gewesen sein. Würzburg, eindeutig! Und Kitzingen mit Falterturm, unzweifelhaft. Der Bayerische Rundfunk berichtete, das Zeppelin Museum veröffentlichte auf Facebook weitere Bilder – und schnell waren weitere Aufnahmen der Fahrt an den Main zugeordnet: Rothenburg ob der Tauber! Bad Kissingen, Aschaffenburg mit Schloss Johannisburg.


Und auch Augsburg und Memmingen hatten Nutzer erkannt. Der Zeppelin muss auf der Fahrt auch über Schwaben und Mittelfranken unterwegs gewesen sein. Auch wenn Luftbilder aus den 1910er Jahren so selten nicht sind – Aufnahmen vom unzerstörten Würzburg von oben sind etwas Besonderes. Hoffnungen auf den Namen des Fotografen und früheren Besitzers des Albums macht sich Archivarin Barbara Waibel nicht. Die Provenienz werde wohl ungeklärt bleiben. „Außer wir finden noch irgendwann irgendwo einen Vermerk über eine Schenkung.“ Im Zeppelin Museum freut man sich indes, dass das Bilder-Enträtseln über die Sozialen Medien so gut klappt. Gerade bekamen die Luftschiff-Historiker Hilfe bei einer weiteren Aufnahme: Buenos Aires, 1934. „Nie zuvor und nie danach“, schreibt ein Kommentator, „reiste ein Zeppelin südlicher!“

