Jetzt ist die beunruhigende Befürchtung vom weltweit forschenden, ehemaligen Würzburger Psychologen und Amoktat-Experten Armin Schmidtke wahr geworden: Zwischen zwei Amoktaten liegen durchschnittlich 18,5 Tage, in der Hälfte der Fälle erfolgt die Nachahmung innerhalb von zehn Tagen. Dass es jetzt so schnell ging, damit hat und damit wollte auch niemand rechnen. Am Freitagabend München, am Sonntagabend Ansbach. Dort brachte ein 27-jähriger, syrischer Flüchtling vor einem Konzertgelände mit 2500 Besuchern eine Bombe in seinem Rucksack zum Explodieren. Er kam dabei ums Leben, mehrere Menschen wurden teils schwer verletzt.
Zwei Amokläufe in Ansbach
Schon wieder Ansbach! Die kleine mittelfränkische Stadt war schon zweimal Schauplatz eines Amoklaufes. Am 17. September 2009 hatte ein mit Axt, Messern und drei Molotow-Cocktails bewaffneter 18-Jähriger sein Gymnasium Carolinum gestürmt und mehrere Menschen zum Teil schwer verletzt. Polizeibeamte streckten den Täter kurz darauf nieder, er kam ins Krankenhaus. Im vergangenen Jahr dann der zweite Amoklauf im Landkreis Ansbach, bei dem der Täter aus einem Cabrio heraus auf mehrere Menschen schoss, zwei von ihnen starben.
Die Abgrenzung zwischen Terrorakt und Amok ist laut Experte Armin Schmidtke schwierig. Im aktuellen Fall von Ansbach hatte der Täter nach Erkenntnissen der Polizei schon zwei Suizidversuche hinter sich, war zeitweise in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Unter welchen psychischen Störungen er genau litt, ist noch nicht geklärt. Dennoch macht jetzt wieder der Begriff der „Depression“ die Runde. Eine Tatsache, die die Würzburger Psychiatrie-Professorin Katharina Domschke auf die Palme bringt.
Depressive sind keine Gefahr
Depression sei mittlerweile ein inflationärer Begriff, der für alles herhalten müsse. „Eine klassische Depression hat nichts mit Amoklauf zu tun. Depressive Menschen sind zum Teil suizidgefährdet, aber keinesfalls eine Bedrohung für die Öffentlichkeit“, erklärte die stellvertretende Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie im Universitätsklinikum Würzburg auf Anfrage.
Als Domschke die Bilder im Fernsehen von München sah und den Täter auf dem Dach rufen hörte, dass er sich in stationärer Behandlung befunden habe, hatte sie schon befürchtet, dass der Begriff Depression falsch verwendet werden würde. Fatalerweise, meint Domschke, denn der Stigmatisierung sei damit Tür und Tor geöffnet. Und das, nachdem man gerade auf einem guten Weg der Entstigmatisierung sei. Depression, so Domschke, die auch Vorsitzende des Würzburger Bündnisses gegen Depression ist, sei eine Volkskrankheit. Die Expertin ist nun in großer Sorge, dass Menschen nicht mehr über ihre Erkrankung reden wollten, weil sie Angst davor haben, in eine Ecke mit Amokläufern gestellt zu werden.
Die Biografie spielt eine Rolle
„Es gibt hierzulande vier Millionen depressive Menschen. Man sieht an der daran gemessenen geringen Zahl der Amokläufe auch, wie wenig Depression damit zu tun hat.“ Depressive Menschen seien in sich gekehrt, fühlten sich als Last für andere Menschen. „Sie würden keinesfalls andere belasten oder gar töten wollen“, so Domschke. Der Fall in Ansbach habe sicher einen komplexen Hintergrund, in dem auch die Biografie eine Rolle spiele, doch mit Depression im klassischen Sinne habe das zunächst nichts zu tun.
Auch sei Traumatisierung etwas anderes als Depression. Was das Thema Killerspiele betreffe, so wie im Fall des Münchener Täters, gebe es hier keine klaren Verknüpfungen zwischen Spiel und Tat. Dennoch könne das virtuelle, sekündliche Töten zu einer Verharmlosung des Gefühls führen.
Rat und Hilfe holen
Laut Experte Armin Schmidtke ist Amok ein aggressives Verhalten und es kündigt sich indirekt oder auch direkt an. So wie in München, wo der Täter nach neusten Erkenntnissen der Polizei, seine Absichten vorab gegenüber anderen, zum Beispiel einem 16-jährigen Freund, offen geäußert habe. Dieser hatte sich nach der Tat bei der Polizei gemeldet. Natürlich fragt man sich, warum nicht schon vorher? Aber wie würde man selbst reagieren, wenn jemand im persönlichen Umfeld durch merkwürdige Äußerungen auffällt? Allzu oft tun wir so etwas als Spinnerei ab. Doch im Zweifel, so sagt Katharina Domschke, solle man sich immer Rat und Hilfe holen. „Lieber einmal zu viel eine Sorge äußern, als einmal zu wenig.“
Feststeht, die Zahl der vielfältigen psychischen Erkrankungen ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Die Therapieplätze waren schon vor der Flüchtlingswelle rar, die Wartezeiten enorm. Das betrifft auch und gerade den Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes hat ergeben, dass 19 644 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren 2013 in einem bayerischen Krankenhaus wegen einer psychischen oder einer Verhaltensstörung behandelt wurden. Das sind fast 50 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren.
Mehr Anfragen als Plätze
Auch in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Würzburg gibt es mehr Anfragen als Plätze, wie Leiter Professor Marcel Romanus schon mehrfach gegenüber dieser Redaktion bestätigte. Romanus organisiert zu diesem Thema auch Tagungen. So wurde etwa in einer Arzt-Lehrer-Tagung nach Lösungswegen an den Nahtstellen verschiedener Institutionen gesucht. Störungen in der Psyche von Schülern zu erkennen, ist nicht leicht. Wie wichtig es ist, in der Schule ein gutes Miteinander zu pflegen, erklärte Stephan Becker, Leiter der Würzburger Mönchberg Grund- und Mittelschule auf der Tagung. In seiner Schule kommen Kinder aus aller Welt zusammen, auch unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge.
„In einer Gemeinschaft lassen sich in Krisen viel besser und schneller Lösungen finden.“ Allerdings brauche es auch Manpower. Und hier sei die Politik gefragt.
Jeden Tag tauchen neue "Besserwisser" im Netz auf!
Schade für das Papier wo diese Leute ihren Kommentare abgeben! Vermutungen, dummes Zeug und nicht mehr!
Siehe München!
Der war in Behandlung und was ist daraus geworden?
9 tote unschuldige junge Menschen! Deshalb laßt diese Weisheiten und behaltet sie für Euch und eure Forschung! Schade für das hinaus geschmissene Geld!