
Es ist in der Gemeindeordnung des Freistaates Bayern nur ein Satz unter vielen, aber einer der sehr wichtig werden kann. In Artikel 51, Absatz 1 heißt es: "Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt." In Gerbrunn kam es am Montagabend während der Sitzung bei kontrovers diskutierten Themen gleich zweimal zu einem sogenannten Stimmenpatt. Die Folge: In der örtlichen Eichendorff-Schule werden auf absehbare Zeit keine fest installierten Lüftungsanlagen eingebaut. Und: Das Verfahren für die Bauleitplanung "Erweiterung IV Industriegebiet Am Kirschberg" wird nicht aufgehoben (jedoch ruhen gelassen).
Aber der Reihe nach: Der Gerbrunner Rat hat sich beide Entscheidungen mit Tragweite nicht leicht gemacht. Es gab die unterschiedlichsten Ansichten, teils quer durch alle vier vertretenen Fraktionen. Bei den stationären Raumluftfiltern drängte die Zeit. Denn es liegt ein Zuwendungsbescheid des Bundes vor, der – gedeckelt auf 500 000 Euro – 80 Prozent übernimmt. Der Einwand war an dieser Stelle, dass die Gemeinde zum einen immer noch einen relativ hohen Betrag investieren müsste und auch der Gesamtbetrag nichts anderes als Steuergeld ist.
Abgesehen vom Finanziellen haben einzelne Räte viele andere Argumente vorgebracht, die aus deren Sicht gegen solche Anlagen sprechen. Der Zeitpunkt: Bis sie eingebaut wären, sei der Winter längst vorbei. Die Wirkung: Die Anlagen würden nur in einem kleinen Radius wirklich funktionieren – und ersetzten letztlich kein Querlüften. Die Geräuschkulisse: Das Brummen sei deutlich hörbar und könne den Unterricht stören. Das Medizinische: Die Anlagen könnten auch kontraproduktiv sein, weil sie durch den Zug zu Erkältungskrankheiten führten.
Das Zünglein auf der Waage war wohl im Urlaub
Demgegenüber stellten die Befürworter, dass solche Lüftungsanlagen das Coronavirus nach außen bugsierten und so die Kinder davor schützten. Dass die Fenster in der Eichendorff-Schule gut isoliert seien und daher das Raumklima nicht immer das beste sei. Und auch, dass es momentan eben dieses Förderprogramm gebe und niemand wisse, ob es nächstes Jahr fortgesetzt werde. Über allem schwebte noch eine Generalsanierung der Schule in ferner Zukunft, in dessen Zuge man wohl heutzutage eine leise und effektive zentrale Lüftung einbauen würde. Nach langer Diskussion stimmten zehn Gemeinderätinnen und -räte dafür, zehn dagegen, einer war im Urlaub – mit dem Ergebnis: Der Einbau von raumlufttechnischen Anlagen wird nicht weiterverfolgt.
Zum zweiten Patt-Beschluss: Beatrix Radke stellte im Namen ihrer Grünen-Fraktion den Antrag, dass die Bauleitplanung etc. zur Erweiterung des Industriegebietes am Kirschberg IV endgültig aufgehoben wird. Zum Hintergrund: Am 8. November 2020 sprachen sich die Gerbrunnerinnen und Gerbrunner bei einem Bürgerentscheid mit einer hauchdünner Mehrheit dafür aus, dass das Biotop an der Kreisstraße erhalten bleiben soll. Die Bindungsfrist solcher Entscheide läuft nach einem Jahr ab. In der Begründung des Grünen-Antrags heißt es nun unter anderem: "Durch die Aufhebung des Bebauungs- und des Flächennutzungsplans soll auch die Möglichkeit geschaffen werden, die gemeindeeigenen Grundstücke naturschutzfachlich zu pflegen."
Kein Fußgänger- und Radübergang bis 2023
Der nachgerückte Gemeinderat Matthias Bode (FWG) erklärte hierzu: "Ich habe zwar damals gegen den Bürgerentscheid gestimmt, plädiere aber dafür, den Antrag anzunehmen, um die Diskussion nicht weiter zu vergiften." Stephan Herbst (SPD) war im Sinne der Verwaltung der Meinung, dass man die Planungshoheit über diese Flächen unbedingt behalten solle. "Gerbrunn hat nicht mehr viele davon. Vielleicht will man dort irgendwann ein Seniorenheim, einen Kindergarten oder etwas errichten, an das wir heute noch gar nicht denken." Bei der Abstimmung kam es erneut zum 10:10-Gleichstand. Will heißen: Die Bauleitplanung für das Industriegebiet wird nicht eingestellt. Gleichwohl erklärten diejenigen, die damals dafür waren – übrigens eine große Ratsmehrheit – und sich nun zu Wort meldeten, dass sie sich auch nach Ablauf der einjährigen Bindungsfrist an den mehrheitlichen Bürgerwillen gebunden fühlen. Das Vorhaben einer Gewerbeansiedlung wird also auf absehbare Zeit auch nicht mehr weiterverfolgt.
Einig war man sich hingegen darin, dass der Knotenpunkt K4 an der Ausfahrt der Bertha-von-Suttner-Straße zum Hubland möglichst schnell ausgebaut werden soll, um die Gefahr der Kreisstraßen-Querung zu bannen. Auch hierzu hatte die Grünen-Fraktion einen Antrag gestellt. "Das Ganze ist im Fluss. Der nächste offizielle Termin hierzu ist im November", sagte Bürgermeister Stefan Wolfshörndl (SPD). Dennoch dürfte der Bau eines Fußgänger- und Radüberganges – an dem vor allem die Stadt, die Uni und der Landkreis involviert sind – nicht vor dem Frühjahr 2023 erfolgen. "Wir können hier momentan leider nicht mehr machen", so Wolfshörndl. Demnächst sollen zumindest Warnschilder angebracht werden, die darauf hinweisen, dass der Ampelübergang weiter unten am Einkaufsmarkt derzeit die beste Alternative ist, um von Gerbrunn zum Hubland zu gelangen.