Vom Schreiben zu leben, ist schwierig. Besonders schwer haben es junge Theaterautoren. In der Szene der Nachwuchsdramatiker war darum der Würzburger Leonhard-Frank-Preis von Bedeutung. Inzwischen ist klar: Diesen Preis wird es nicht mehr geben. Was an seine Stelle tritt, ist ungewiss. Es gibt mehrere Ideen, wobei sich die Mitglieder der Leonhard-Frank-Gesellschaft schwer tun, eine Entscheidung zu treffen.
Geboren wurde der mit 4000 Euro dotierte Frank-Preis 2006, dem Vorbereitungsjahr für das Jubiläum „125. Geburtstag von Leonhard Frank“. Als Kooperationspartner fand die Gesellschaft das Mainfranken Theater. Dessen damaliger Intendant Herrmann Schneider stand hinter dem Preis, weil ihm bewusst war, wie schwer es Theaterautoren heute haben.
„Ohne Arbeit – ohne Zukunft“ lautete der Titel des ersten Wettbewerbs, für den sich 31 Autorinnen und Autoren aus ganz Deutschland bewarben. In den Folgejahren wurden Nachwuchsdramatiker eingeladen, Stücke zu so brisanten Themen wie „Amok“ oder „machtSPIELE“ einzureichen. Zum Eklat kam es vor vier Jahren, als das Siegerstück „Nacktes Leben“ von Paul Waschkau drei Tage vor der Premiere abgesetzt wurde, weil dort extreme Gewalt geschildert wird.
Zu Jahresbeginn gab der neue Intendant des Mainfranken Theater, Markus Trabusch, bekannt, dass es 2016 keine Preisausschreibung geben wird. Während eines „einjährigen Moratoriums“ solle darüber nachgefacht werden, wie das Mainfranken Theater das literarische Schaffen Leonhard Franks künftig pflegen wird. Hierzu gab es bis heute allerdings keine weitere Stellungnahme. Für die Leonhard-Frank-Gesellschaft ist dies enttäuschend. „Die Intendanz versucht offensichtlich, den Frank-Preis durch Nichthandeln zu erledigen“, äußerte Michael Henke, Vorsitzender der Leonhard-Frank-Gesellschaft, bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung.
Zwei mögliche Kooperationspartner
Wie es weitergeht mit dem Preis, hängt davon ab, welche Kooperationspartner die Leonhard-Frank-Gesellschaft findet. Denn klar ist: Die Vereinigung selbst hat keine personellen Kapazitäten, um aus eigener Kraft einen Preis zu stemmen. Zwei Kooperationspartner stehen derzeit zur Auswahl. In beiden Fällen wird sich der Preis wandeln, er wird möglicherweise nicht mehr an Nachwuchsschriftsteller und ganz sicher nicht mehr an Dramatiker vergeben werden.
Interessiert an einer Kooperation wäre der Würzburger Autorenkreis. Mehrere Mitglieder der Frank-Gesellschaft stehen einer Zusammenarbeit jedoch skeptisch gegenüber. „Ich sehe auch hier niemanden, der die Kapazitäten hätte, den Preis unter seine Fittiche zu nehmen“, so Henke. Einen Literaturpreis zu organisieren, sei aufwändig. Ein Thema muss gefunden, die Ausschreibung organisiert – vor allem müssen etliche Texte gelesen werden. Ein Preis vom Format des Leonhard-Frank-Preises kann laut Henke nicht als Anhängsel innerhalb einer Gruppe oder eines Vereins gehandhabt werden: „Den organisiert man einfach nicht mit links.“
Auch der zweite Kooperationspartner in spe sorgt für Diskussionen: Leander Sukov aus Ochsenfurt könnte sich vorstellen, anstatt eines Leonard-Frank-Preises künftig einen Leonhard-Frank-Ring zu vergeben. Schon lange schwebe ihm vor, einen Ehrenring für besondere schriftstellerische Leistungen zu kreieren, so der mit Michael Henke befreundete Schriftsteller. Vergeben werden solle der Ring für ein Werk, das „im Zusammenhang mit Humanismus und einer positiven gesellschaftlichen Entwicklung“ steht. Für diesen Ring soll man sich, anders als beim Leonard-Frank-Preis, nicht selbst bewerben können.
Für die Jury will Sukov ausgewiesene literarische Experten gewinnen: Feuilletonjournalisten sowie Mitglieder vom Pen-Club und dem Deutschen Schriftstellerverband. Integriert werden soll die Verleihung des Rings in die Ochsenfurter Literaturtage, die Sukov mit seiner Lebensgefährtin Simone Barrientos, Verlegerin und kulturpolitische Sprecherin des Landesvorstands der Linken in Bayern, 2018 organisieren möchte.
Leander Sukov will Ring schaffen
Dass künftig zwei Privatpersonen für die Auszeichnung im Andenken an Leonhard Frank verantwortlich sein sollen, stieß bei Mitgliedern der Leonhard-Frank-Gesellschaft auf Kritik. „Es muss eine ordentliche Rechtsform geben“, forderte Norbert Herrmann von der Leitung der Würzburger Stadtbücherei. Irritierend ist für einige Mitglieder außerdem, dass es in der Vergangenheit schon einmal einen Leonhard-Frank-Ring gab. 1988 wurde der gegründet. Günter Grass, Lew Kopelew und Vaclaw Havel hatte ihn seinerzeit erhalten. Für Henke ist das kein Argument gegen eine Neuauflage: „Der alte Ring ist schon seit 22 Jahren tot.“
Am Ende konnten sich die Mitglieder nicht entscheiden, wie sich der Preis weiterentwickeln soll. Wie Leander Sukov betonte, wird er auf jeden Fall einen Ehrenring in Ochsenfurt ins Leben rufen. Der müsse keinesfalls nach Leonhard Frank benannt werden. Daniel Osthoff plädierte dafür, noch einmal das „vertiefte Gespräch“ mit dem Autorenkreis zu suchen. „Der Ring und der Preis sind ja zwei völlig verschiedene Dinge“, erklärte er: „Vielleicht könnten sie sogar parallel vergeben werden.“