Einmal gar nicht tun. Viel lesen. Am Strand relaxen. Schwimmen. Tauchen. Wandern.... Viele können es schon Anfang Juli gar nicht mehr erwarten: Endlich Urlaub! Und Würzburg Kunst- und Kulturschaffende? Wie nutzen die eigentlich den Sommer? Die meisten eher weniger zum Ferienmachen, wie eine kleine Umfrage zeigt. „Mir ist die Einrichtung ,Urlaub? eigentlich fremd“, sagt Andreas Büettner vom Theater Ensemble in der Zellerau. Das Gefühl, urlaubsreif zu sein, sei für ihn eher ein Alarmzeichen: „Oft änderte ich dann den Job.“
Den Sommer verbringt der Regisseur zum großen Teil im Efeuhof, wo er seit 29. Juli bis in den September hinein den „Sommernachtstraum“ inszeniert. Er und das Ensemble seien also auf ausgiebigem Kultur-Tauchkurs: „Immerhin in unmittelbarer Wassernähe.“ Vielleicht geht?s danach aber auch spontan nach Kalifornien. Oder in die Alpen. Oder ans Mittelmeer.
Zumindest ein wenig Urlaub an der Ostsee ist für Ralf Duggen drin: „Aber auch ein bisschen arbeiten.“ Der Umsonst & Draußen-Organisator war für das Musikprogramm beim Ringparkfest am vergangenen Wochenende verantwortlich. Dafür war einiges zu tun. Was allerdings Spaß mache, sagt Duggen. Zu den weniger erfreulichen Sommerarbeiten gehört die U&D-Abrechnung: „Die halt gemacht werden muss.“ Noch weniger erfreulich: die Steuererklärung.
„Die Kunst macht doch niiieeee Pause, auch nicht im Sommer!“, lacht Manou Wahler, Straßenkünstlerin und Inhaberin des Würzburger „Forschungslabors für Angewandte Kreativwissenschaften“ namens „Herr Pfeffer“. Sie nutzt den Sommer dazu, sich Gedanken zum Winter zu machen: „Dazu geht es heuer nach Skandinavien, weil wir das Thema ,Woodland? für unsere Herbst/Winter-Kollektion gewählt haben.“ In Skandinavien werde viel ausprobiert und gezeichnet: „Aber auch einfach mal ein Nickerchen im Wald gemacht.“
Für Schauspieler Markus Grimm ist Sommer eine Zeit der Inspiration. Hitze, sagt er, bedeutet innere Bewegung: „So koche ich im Sommer nicht nur am Schreibtisch, sondern inwendig neue Projekte aus.“ Geschichten, Stücke und Bücher. Muße heißt für Grimm also nicht: Rumsitzen und in die Gegend starren: „Sondern eher, wie in der Natur, Dinge reifen lassen, sie gießen und hegen.“ In den vergangenen Jahren schrieb Grimm immer im Sommer ein neues Buch: „Und so wird's auch diesmal wieder sein.“
Wolfgang Salomon vom Theater am Neunerplatz wird ebenfalls einen großen Teil des Sommers kreativ verbringen: „Ich möchte den dritten Teil der Zeitreiseabenteuer fertigschreiben.“ Unter dem Titel „DUBISTMINICHBINDIN“ geht es ins frühe Mittelalter. Premiere ist im Herbst. Daneben plant der Komponist weitere Performances für das „Django-Projekt“ mit Rehan Syed und dem Winterstein Sintett, er arbeitet an der Musik für Thomas Heinemanns neuen Film und bereitet die neue Staffel von „Würzburg liest ein Buch“ vor, die im April 2016 starten wird.
Nur Arbeit? „Nun ja, manchmal werde ich mit meinen Freunden, ganz analog, eventuell im Freien einen Schafkopf klopfen.“
Ein ziemliches Arbeitspensum hat auch Musiker Rudolf Ramming noch zu absolvieren, bevor es am 24. August für zwei Wochen nach Kreta geht. In dieser Woche nahm Ramming für eine Woche als Juror an einem Klavierwettbewerb in Shanghai teil. Jetzt wird, neben Gartenarbeit, daheim für ein Dozentenkonzert während der Jeunesses Musicales in Weikersheim geübt: „Wo ich außerdem als Dozent tätig sein werde.“ Der Kurs in Weikersheim sei zwar anstrengend, biete jedoch eine Menge Inspiration: „Kreta ist danach einfach die reine Erholung und auftanken für die Seele.“
Mathias Repiscus vom „Bockshorn“ hat nun glücklich das „Open Aub“ hinter sich gebracht: „Ein für alle Beteiligten arbeitsaufwendiges Festival.“ Nun muss die übliche administrative Nacharbeit erledigt werde. Danach stehen Proben mit „Viva Voce“ an. Vom langen Sommer bleiben unterm Strich zwei Wochen Ferien in südlichen Gefilden übrig. Mit dem Ziel, abzuschalten und bloß nicht schon an die neue Spielzeit denken. Ob?s gelingt? Repiscus: „Denkste!“
Dass die Dinge anders kommen als gedacht, haben auch Paul und Gerda Pagel erfahren. Das Würzburger Ehepaar, das sich im Burgschauspielverein Freudenberg engagiert, plante eine Reise nach Mittelamerika. Doch die ist inzwischen wieder gecancelt. „Unsere jüngere Tochter, Mutter eines fast einjährigen Jungen, entschied sich zur Heirat“, erzählt Paul Pagel. Die ältere bekam zu Sommeranfang ein Baby: „Damit hatten wir gar nicht mehr gerechnet.“
Da beide Töchter in Berlin wohnen, geht?s, statt nach Mittelamerika, nun also in die Bundeshauptstadt. Davor gibt es auch für die Pagels noch einiges zu erledigen: „Reden und Sketche für die Hochzeit müssen entwickelt werden, für den neuen Erdenbürger machen wir ein Poem, Geschenke wollen überlegt ausgesucht und schön verpackt sein.“ Zwei Wochen lang wollen die zwei Berlin durchstreifen: „Und auf jeden Fall eine Vorstellung der Shakespeare Company besuchen, die in einem ehemaligen Eisenbahndepot spielt.“
Definitiv keinen Urlaub gibt es für Sven Höhnke vom Theater am Neunerplatz – denn für die kommende Spielsaison ist noch unglaublich viel zu machen. Mindestens sechs Produktionen müssen vorbereitet werden. Hinzu kommen Arbeiten für den Kinder- und Jugendclub, das neue Projekt „Willkommen mit Musik” für Flüchtlinge, Finanzberichte, Anträge für Kulturförderungen, Abrechnungen mit Verlagen und Neuverhandlungen. „Komischerweise muss ich im Sommer nicht flüchten oder auftanken“, sagt Höhnke: „Ich gehe ja nicht arbeiten. Ich gehe machen, was mir gefällt.“ Fotos: PAT CHRIST





