Zahnpasta auf die Zahnbürste schmieren und mit kreisenden Bewegungen losbürsten: Dreimal täglich werden drei Minuten lang die Zähne geputzt, so lernen es in Deutschland schon Kindergartenkinder. Falls dennoch an den Beißerchen Karies entsteht, ist der nächste Zahnarzt nicht weit.
Anja Stengele und Nina Sickenberger wollten während ihres Zahnmedizin-Studiums in Würzburg ein Praktikum im Ausland absolvieren. „In eine Zahnklinik auf den Seychellen zu gehen, kam für uns allerdings nicht in Frage“, sagt Anja Stengele. „Wir wollten genau die Leute erreichen, die sich eine Behandlung in der Zahnklinik nicht leisten können“, fügt sie hinzu.
Nach einigen Recherchen fiel die Wahl auf Madagaskar. Auf der viertgrößten Insel der Welt ist die Bevölkerung weniger privilegiert, was die zahnärztliche Versorgung angeht. „Mundhygiene, wie wir sie hier betreiben, kennt man dort nicht“, meint Stengele. Das hat seinen Grund: „Eine Zahnbürste kostet in Madagaskar etwa fünfmal so viel wie ein Fisch“, erklärt die Zahnärztin.
Momentan liegt Madagaskar im Human Development Index der Vereinten Nationen – einem Wohlstandsindikator für Staaten – auf Platz 154 von 188. Der Großteil der Bevölkerung lebt in Armut, „kaputte Zähne sind oft noch das kleinste Problem“, erzählt Anja Stengele.
Zusammen mit zwei erfahrenen Zahnärzten und den beiden Helfern Dominik Biehler und Matthias Schmitt sind die beiden Studentinnen im vergangenen Jahr für einen siebenwöchigen Einsatz auf die afrikanische Insel geflogen. Flüge und Unterkunft haben sie selbst gezahlt, die gesammelten Spenden wurden ausschließlich für die „mobile Zahnarztpraxis“ genutzt. Mit Instrumenten, Betäubungsmitteln und Medikamenten im Gepäck ging es los. Vor Ort arbeiteten sie unter anderem mit dem Straßenkinderprojekt „Manda“ oder der Misereor Partnerorganisation „VoZaMa“ zusammen.
Das Team war meist etwa fünf Tage lang an einem Ort, bevor es zum nächsten Projekt weitergezogen ist. Von den Madagassen seien sie immer überaus freundlich und herzlich empfangen worden.„Es gibt einen Riesenbedarf an zahnmedizinischer Hilfe“, sagt Stengele.
Die Behandlungen erforderten ein wenig Improvisationskunst: Statt eines bequemen Behandlungsstuhls musste ein einfacher Tisch herhalten, Stirnlampen haben für zusätzliches Licht gesorgt und bei fehlender Elektrizität musste der Bohrer mit einem Solarpanel betrieben werden.
Zur Prophylaxe wurde an einem Zahnmodell richtiges Zähneputzen demonstriert und die Entstehung von Karies erklärt. Die Helfer haben nach eigenen Angaben außerdem 1500 Zahnbürsten und Zahnpastatuben verteilt. Von den Partnern vor Ort wurden sie in die Dörfer gefahren, sie haben auch die Übernachtungsplätze organisiert und in die Amtssprache Malagasy gedolmetscht.
Das Team hat über 1000 Zähne gezogen, erzählen die Vier, da selbst die Kinder schon sehr schlechte Zähne hatten, die vereitert und entzündet gewesen seien. „Aber die Kinder waren wahnsinnig tapfer“, lobt Anja Stengele, „sie sind oft auch kilometerweite Wege gelaufen, um von uns behandelt werden zu können.“ Mehr als 800 Menschen hätten in den sieben Wochen zum ersten Mal eine kostenlose zahnärztliche Behandlung bekommen.
Zurück in Deutschland haben Sickenberger, Stengele, Biehler und Schmitt das Internetportal „Planet Action – Helfende Hände“ gegründet und Vorträge über den Einsatz gehalten. Aufgrund der positiven Resonanz und Spendenbereitschaft ist das Quartett nun noch einen Schritt weitergegangen: Mittlerweile sind sie ein eingetragener Verein und planen weitere Aktionen.
In diesem Jahr wird wieder ein Team aus vier Zahnärzten und vier Studenten nach Madagaskar geschickt. Die vier Gründungsmitglieder planen im Frühjahr 2017 einen weiteren Einsatz in Äthiopien. Dafür werden noch erfahrene Zahnärzte als Begleiter gesucht, die unentgeltlich Hilfe leisten wollen. Auch werden weiterhin Spenden benötigt, um zahnärztliche Instrumente und Verbrauchsmaterialien zu besorgen.
Die Spendennummer sowie weitere Informationen zum Projekt gibt es unter: www.planet-action.de.