
Heute ist Benito Vettori 83, ein belesener Mann mit Stil und Humor. Der italienische Staat hat ihn für seine Verdienste um seine Landsleute in der Fremde zum Cavaliere, zum Ritter geschlagen. So agil wie Benito Vettori ist, würde er noch heute in seinem Café stehen. Doch nach einem Unfall vor fünf Jahren hat er das Geschäft in jüngere Hände gelegt.
Die Familie Vettori stammt aus Conegliano in Venetien. Benitos Vater Pietro Vettori hatte sich in den 30er Jahren auf den Weg über die Alpen gemacht. Ein Zufall, so erzählt der Sohn, brachte ihn nach Würzburg in den Ratskeller. Der war gerammelt voll. Was für ein Fest in der Stadt sei, hat Pietro wissen wollen. Das sei hier immer so, habe der Wirt gesagt. So beschloss Pietro, hier sein Glück zu suchen. 1932 eröffnete er in der Domstraße seine Eisdiele, dort, wo heute Severin ist. Er war der erste Italiener in der Stadt, und eine Genehmigung zu bekommen war alles andere als leicht. Aber Vettoris Eis kam bei den Würzburgern an, und in der Sommersaison half auch seine Frau Theresa in Würzburg aus.
Mit den Nationalsozialisten kamen dunkle Zeiten. Der Judenhass machte auch vor seinem Geschäft nicht halt. Um es zu schützen, hängte Vettori ein Schild „italienischer katholischer Betrieb“ ins Fenster. Nach der Eröffnung von Severin zog die Familie mit dem Geschäft in die Hofstraße; in der Bombennacht des 16. März ging es zugrunde.
„Wir haben Glück gehabt und sind mit dem Leben davongekommen“, sagt Benito Vettori. Schon mit elf Jahren war er seinem Vater nach Würzburg gefolgt, hatte hier vor dem Krieg seine Frau Magdalena kennengelernt und sie 1946 geheiratet. Nun, da der Vater in die Heimat zurückgekehrt war, nahm er den Wiederaufbau in die Hand. Die erste Eisdiele wurde in der Frankfurter Straße eröffnet. 1952 zogen die Vettoris in eine Baracke in der Domstraße, wo heute Schuh-Mohr ist. Viel musste improvisiert werden. Doch bald standen die Würzburger wieder Schlage vor der „Italienischen Eiscrembar“.
1954 schließlich eröffnete Benito Vettori sein „Eiscafé Benito“ auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo es heute noch ist. Im Jahr 2000 folgte das „Palazzino Benito II“ in der Juliuspromenade, vor wenigen Tagen das „Benito III“ in der Kaiserstraße. Die Geschäfte führt inzwischen Benitos Tochter Benita Vettori, deren Mann Günter Schulze-Vettori seit 1984 der Eismacher ist. Mit Sohn Patrick steht nun die vierte Generation in der Geschäftsleitung. Inzwischen kann man bei Benito unter 40 Eissorten auswählen. Doch die sieben Mischungen aus den Gründertage, hergestellt nach altem Familienrezept, gibt es auch heute noch.
Zum Jubiläum hat die Familie einen Wunsch. Weil im Krieg fast alles verbrannt ist, sucht sie Bilder ihrer Eisdielen aus alten Tagen – und dankt mit einem Eisbecher.

