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WÜRZBURG
Würzburger Tafel: Jede Woche zehn Familien mehr
Würzburger Tafel: Zu Jahresbeginn kamen 1700 Menschen, jetzt sind es 2300 – und der Zulauf an den Ausgabestellen nimmt noch zu. Dem Tafelverein bereitet die wachsende Armut in Würzburg große Sorgen.
Frisches vor dem Fest: Die Ehrenamtlichen des Tafelladens in der Zellerau haben an den drei Ausgabetagen in der Woche alle Hände voll zu tun. S: PAT CHRIST
Foto: Foto | Frisches vor dem Fest: Die Ehrenamtlichen des Tafelladens in der Zellerau haben an den drei Ausgabetagen in der Woche alle Hände voll zu tun. S: PAT CHRIST
Redaktion Süd
 |  aktualisiert: 24.12.2013 10:53 Uhr

Seit zehn Jahren gibt es Tafelläden in Würzburg, sechs Ausgabestellen hat der Verein inzwischen. Für Erwerbslose, für Menschen mit schlecht bezahlten Jobs oder mit Minirente werden die Läden immer wichtiger. „Jede Woche kommen zehn weitere Haushalte aus Würzburg und den angrenzenden Gemeinden zu uns“, sagt Isolde Welbers vom Vorstand des Tafel-Vereins. Die Zahl, die sie nennt, spricht für sich: Die Würzburger Tafel versorgt derzeit rund 2300 Menschen.

Die Entwicklung überrascht. Haben wir nicht, wie es immer wieder heißt, eine gute Konjunktur? Sind Jobs und Lehrstellen angeblich nicht leicht zu haben? Doch offensichtlich profitieren bei weitem nicht alle von der positiven Entwicklung. Das jedenfalls lässt die Statistik des Tafelladens vermuten. „Zu Jahresbeginn haben wir 840 Haushalte mit rund 1700 Menschen versorgt“, sagt Isolde Welbers. „Im September war diese Zahl auf 1185 Haushalte hochgeschnellt.“

Immer mehr Leute haben also nichts davon, wenn die Produktion auf vollen Touren läuft. Wie das weitergehen soll? Das weiß sie nicht, sagt die Vorstandsfrau. Besser scheint die Situation nicht zu werden. Im Gegenteil: „Inzwischen kommen auch noch anerkannte Flüchtlinge zu uns.“ Sie seien ebenfalls berechtigt, bei der Tafel einzukaufen.

Dass es einmal so stark mit ihm abwärtsgehen würde, hätte Robert Müller (Name der Tafelkunden geändert) nicht geglaubt. Doch nach der Scheidung von seiner ersten Frau saß er mit einem Berg Schulden da. Damit hat nun vor allem seine zweite Ehefrau Irina Müller zu kämpfen. Robert Müller ackert, aber es kommt kaum etwas rum. „Er verdient bei einem Acht-Stunden-Job 1500 Euro“, schildert Irina. Das bedeutet: „Uns bleiben nach Abzug der Schuldentilgung, der Unterhaltszahlung für die Tochter aus erster Ehe und der Mietzahlung 150 Euro zum Leben.“

Sie selbst sei nicht faul, liebend gerne würde sie etwas zum Lebensunterhalt beisteuern, versichert Irina Müller. Doch ihre Jobchancen seien schlecht, bedauert die 42-Jährige. Dabei ist sie gut ausgebildet: In Russland arbeitete sie 15 Jahre lang als Lehrerin. In Deutschland aber wird ihr Zeugnis nicht anerkannt. Die verlockenden Waren, die Händler in ihren Schaufenstern auslegen und die sich zur Weihnachtszeit in den Regalen stapeln – für Familie Müller unerschwinglich. „Meine siebenjährige Tochter bräuchte dringend Stiefel“, erzählt Irina. Doch dafür reicht das Geld nicht: „Darum schrieb sie dem Weihnachtsmann im Internet und bat um einen Gutschein.“

Irina Müller sieht sich hilflos einem Schicksal ausgeliefert, dem sie nicht entrinnen kann. Ohne den Tafelladen könne sie ihre Familie gar nicht über die Runden bringen. Geld für Weihnachten gibt es nicht. Zum Glück stelle die Tochter keine Ansprüche, seufzt sie.

Ehrenamtliche, die Waren einsammeln und ausliefern, die Lebensmittel sortieren und sie den Bedürftigen geben, werden angesichts des Kundenzustroms dringend gesucht. 160 Menschen engagieren sich derzeit freiwillig im Tafelverein. Eine von ihnen ist Ellen Rendenbach. „Ich hätte gerne Toast“, sagt der Mann an der Brottheke. „Habe ich leider nicht da. Darf ich Ihnen ein Baguette geben?“, fragt die 70-Jährige. Das nimmt er gern. „Darf es eine Brezel dazu sein?“ Innerhalb der zwei Stunden, die der Laden an diesem Tag geöffnet hat, holen sich fast 100 Menschen Lebensmittel ab. Viele Wünsche werden erfüllt. Manche aber auch nicht.

„Es gibt nicht immer Nudel, Mehl oder Zucker“, sagt Roswitha Huppmann an der Ausgabestelle. Gemüse dagegen sei immer da. Immerhin. Karotten, Paprika und Kartoffeln werden stark nachgefragt. Auch Auberginen und Weißkohl sind begehrt und so gut wie immer vorrätig. Fleisch hingegen ist rar. Damit jeder einmal das, was nur in geringen Mengen vorrätig ist, ergattern kann, werden die Kunden blockweise einbestellt: Im 25-Minuten-Rhythmus kommen 25 Menschen an die Reihe. Die Blocks rotieren, so dass jeder mal ganz am Anfang drankommt, wenn die Auswahl noch größer ist.

Licht am Ende des Tunnels, was den Zuwachs an Tafelkunden anbelangt, kann Isolde Welbers nicht sehen. „Zum Glück holt nicht jeder Berechtigte jede Woche Lebensmittel bei uns ab“, sagt die Tafel-Vorsitzende. „Wäre das so, könnten wir die ganze Sache bald gar nicht mehr handhaben.“

Würzburger Tafel

Die Ehrenamtlichen der Würzburger Tafel leisten jede Woche 460 Stunden freiwillige Arbeit. Unter den Berechtigten, die sich für 1,50 Euro bei der Tafel versorgen dürfen, sind 550 Kinder und 320 Senioren über 65 Jahren. Der Anteil der Migranten ist hoch. Menschen aus 28 Nationen kommen zu einer der sechs Ausgabestellen. 50 Fahrer sammeln täglich mit drei Autos Lebensmittel ein und liefern Waren an 15 Einrichtungen wie die Bahnhofsmission, die Wärmestube, Frauenhäuser und Kindergärten aus. Wer das Team der Ehrenamtlichen verstärken möchte, wendet sich an Eugen Süssenguth, Tel. 0173-291 7641, oder Isolde Welbers, Tel. 0173-291 7393.

Lange Listen, großer Bedarf: Die Kreuzchen hinter den Namen zeigen Isolde Welbers, wer wann Waren abgeholt hat.
| Lange Listen, großer Bedarf: Die Kreuzchen hinter den Namen zeigen Isolde Welbers, wer wann Waren abgeholt hat.
 
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  • Ehrlich gesagt verstehe ich das oft ohnehin nicht. Ich kenne welche, die wären es meiner Meinung nach, aber einen Berechtigungsschein haben die nicht und bekommen ihn auch nicht. Andere hingegen haben einen, brauchen ihn aber nicht wirklich. Leute, die Beträge in Vereine zahlen, auf dem Weinfest rumsitzen und denen es auch sonst nicht schlecht geht. Keine Ahnung, warum die berechtigt sind. Und auffallend dann auch noch, dass die mit so viel Lebensmittel kommen, dass sie die selbst gar nicht benötigen und in der Nachbarschaft verteilen - Leuten, die ganz normal in Arbeit stehen.

    Also verstehen muss man das teilweise nicht, oder?
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  • Wenn Sie das nicht verstehen, weshalb sprechen Sie diese Leute nicht darauf an ? Wenn Sie damit Missbrauch unterbinden, leisten Sie den Bedürftigen einen Dienst !
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  • lanalando
    das es in einem Reichen Land wie Deutschland überhaupt Tafeln gibt. Wenn ich die Menschen vor den Tafel Läden stehen sehe ist das ein zeichen das der Staat Total versagt hat. Solche Bilder habe ich nur vor und nach Kriegsende in Erinnerung. Traurig...
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  • Einwohner
    So sehe ich das nicht. Man sollte nicht immer jegliche Verantwortung beim Staat abladen. Der Staat ist dafür da, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Bürger vernünftig leben können. Das macht er. Es ist auch noch seine Aufgabe Bürger, die unverschuldet in Not gekommen sind temporär zu unterstützen bis diese wieder auf eigenen Beinen stehen können. Das macht er auch. Aber es ist nicht die Aufgabe des Staates den Bürgern jegliche Verantwortung für ihr eigenes Leben abzunehmen und diese vollumfänglich ein Leben lang zu versorgen. Noch dazu wenn einige selbst nicht bereit sind etwas zu leisten und ihr Leben in die Hand zu nehmen.
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  • droste
    Was treibt Sie an? Neid? Hass? Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben?

    Jedenfalls muss enormes Unglück in Ihnen sein, dass Sie derart negativ und voreingenommen schreiben.

    Das ist schade. Für alle Beteiligten. Nicht nur zu Weihnachten.
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  • Es gibt wirklich Arme in Deutschland.
    Gerade die älteren Trümmerfrauen o.ä

    Aber eine 42 jährige gesunde Frau aus Russland als bedürftig und arm hinzustellen, nur weil Sie ihren gelernten Beruf als ehemalige russische Lehrerin hier in Deutschland nicht ausüben kann, ist schon dreist. Da hilft auch die anonymisierte Namenänderung der Main Post in Müller nicht viel.

    Hier waren wohl totales Anspruschsdenken und masslose Selbstüberschätzung der Grund der Übersiedlung von Russland nach Deutschland.

    Das eine russische "Hochschulreife" und ein Studium nicht anerkanntwerden ist doch logisch.
    Aber es gibt viele Arbeiten, die Sie ausüben kann. ABER NICHT WILL.......

    Bei den Meisten, nicht allen s.o., zweifle ich eine unverschuldete Bedürftigkeit an...

    Na gut, ich spende sowieso lieber für die Tiertafel.... grinsen Die haben es wirklich verdient.
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  • Solange es noch genug Menschen gibt die Arbeit haben u. genug verdienen können solche Bedürftigte etwas abbekommen, dabei spielt es keine Rolle wie bedürftig jemand wirklich ist-
    Lassen Sie doch den Laden einfach laufen, Hauptsache jeder ist zufrieden,

    frohe Weihmachten zwinkern)
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  • steffen.cyran@freenet.de
    ZITAT:

    "Ehrenamtliche, die Waren einsammeln und ausliefern, die Lebensmittel sortieren und sie den Bedürftigen geben, werden angesichts des Kundenzustroms dringend gesucht."

    Das ist mir relativ unverständlich. Unter den Berechtigten gibt sicherlich einige alte Mütterchen mit kleiner Rente o.ä.

    Aber die Mehrheit der Nutznießer der Tafel wären körperlich in der Lage (und hätten als Arbeitslose mehr als genug freie Zeit), sodaß sie als Freiwillige mithelfen könnten.

    Wenn ich mir samstags die Tafel-Ausgabe in meinem Heimatort ansehe, kommen mir sowieso meine Zweifel, ob hier alles so läuft, wie es sollte.....

    Viele (nein, nicht alle!) kommen mit ihrem eigenen Auto vorgefahren, obwohl sie nur ein paar Hundert Meter hätten, qualmen eine Zigarette nach der anderen, deren Kippen sie dann wahllos in die Landschaft schmeißen, nehmen ihre Lebensmittel mit und fahren wieder weg.

    Ganz so groß scheint die Bedürftigkeit nicht bei allen zu sein.
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