Unbesonnene Worte im Ehestreit kommen einem 28-jährigen Syrer teuer, der in Würzburg Medizin studiert: Seit knapp sechs Monaten sitzt der angehende Arzt in einer Zelle statt im Hörsaal der Uni. In seiner Wut auf seine zur Scheidung entschlossene deutsche Gattin soll er nicht nur auf sie losgegangen sein. Zeugen erzählten der Polizei: er habe mit Anschlägen gedroht. Kurz nach dem Axt-Attentat eines Terroristen in Würzburg-Heidingsfeld war das für Terrorfahnder Grund genug, genau hinzuschauen. Nach dem Prozess wegen der Übergriffe auf seine Frau im Oktober 2016 am Amtsgericht Würzburg wurde er festgenommen.
Der 28-jährige Syrer kommt auch nach sechs Monaten nicht wieder frei, wie diese Redaktion erfuhr - obwohl bei ihm weder konkrete Anschlagspläne noch Sprengstoff gefunden wurden: „Zu Ihrer Anfrage darf ich Ihnen mitteilen, dass sich der Beschuldigte weiterhin in Untersuchungshaft befindet,“ bestätigte am Mittwoch ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München. „Das Oberlandesgericht München hat den Haftbefehl gegen den Beschuldigten erweitert, unter anderem wegen dringenden Tatverdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland.“
Nur gedanklich mit Anschlägen befasst
Den Fall hat die neue bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) in München übernommen. Diese Abteilung der Generalstaatsanwaltschaft München soll besonders herausgehobene Ermittlungsverfahren bearbeiten und als Schnittstelle zu anderen mit Extremismus und Terror befassten Behörden dienen.
Sieben Monate nach dem Axt-Attentat eines 17-jährigen Afghanen in einem Regionalzug in Würzburg steht also in Unterfranken die Frage im Raum: Lauerte hier ein zweiter Terrorist auf seine Chance? Zunächst war man nur von einer Prahlerei ausgegangen: Der syrische Medizinstudent B. (der ganz legal zum Studium hierher gekommen war) habe sich nur gedanklich mit Anschlägen befasst, wie sie Terroristen des Islamischen Staates (IS) propagieren – wobei schon die Androhung strafbar ist.
Einen unbeherrschten Eindruck hatte der Syrer zuvor schon im Würzburger Amtsgericht gemacht: als er sich einer anderen Frau zuwandte, wollte seine muslimische deutsche Ehefrau die Scheidung. Er soll handgreiflich geworden sein, als die auf die Scheidung beharrte: Von massiven Nachstellungen war die Rede, von Schlägen und einem Messer, das er ihr vor den Bauch gehalten haben soll – mit der Drohung: „Ich kann dich töten!“
Die Schläge (angeblich aus Stress wegen bevorstehender Prüfungen) räumte der Mann im Kern ein, die Drohung mit dem Messer bestritt er. Amtsrichter Thomas Behl verurteilte ihn zu fünf Monaten Haft mit Bewährung.
Keine konkreten Anschlagspläne und keinen Sprengstoff gefunden
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verurteilte hatte Revision eingelegt - und wird demnächst die Zelle zumindest für den Berufungsprozess am Landgericht Würzburg verlassen. Nach dem Urteil in erster Instanz kam er in U-Haft – „aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung.“ wie zunächst die für Staatsschutzdelikte in Nordbayern zuständige Staatsanwaltschaft Bamberg bestätigte. Sie fand „keine konkreten Anschlagspläne“ und keinen Sprengstoff bei dem 28-Jährigen, wie ein Sprecher dieser Redaktion sagte. Dennoch erließ der Ermittlungsrichter Haftbefehl „wegen Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten und anderem. “
Inzwischen werteten Ermittler die umfangreiche Telekommunikation des Verdächtigen aus, was nahe lag und erheblich Zeit in Anspruch nahm. Bereits der Axt-Attentäter von Würzburg hatte über Internet und Handy (mutmaßlich von Hintermännern des IS) Handlungsanweisungen bekommen, wie er seinen Anschlag ausführen sollte. Bereits seit Anfang 2016 hat die Generalstaatsanwaltschaft München ein Dutzend ähnlicher Verfahren übernommen.