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WÜRZBURG
Würzburger Ruderer auf Kollisionskurs
Aufbruch in eine neue Saison: Das „Bootshaus Süd“ an der Mergentheimer Straße ist für den Rudersport nicht entbehrlich.
Foto: Thomas obermeier | Aufbruch in eine neue Saison: Das „Bootshaus Süd“ an der Mergentheimer Straße ist für den Rudersport nicht entbehrlich.
Tilmann Toepfer
Tilman Toepfer
 |  aktualisiert: 01.05.2016 03:24 Uhr

Fertig! Los! Am Sonntag, 1. Mai, ist Anrudern auf dem Main entlang der Mergentheimer Straße. Ein Ritual zum Saisonstart, das regelmäßig in eine Feier aller Würzburger Ruderer mündet. Schließlich sind die Konkurrenten auf dem Wasser an Land Kameraden, so die Idee. Nur ist es mit der Ruderkameradschaft in Würzburg derzeit nicht zum Besten bestellt.

Der Würzburger Ruderverein Bayern von 1875/1905 (WRVB, etwa 380 Mitglieder), der Akademische Ruderclub Würzburg (ARCW, etwa 580 Mitglieder) und die Rudergemeinschaft Olympos Würzburg (ROW, rund 120 Mitglieder) legen sich beim Wettstreit um das Bootshaus Süd und um die Nutzung des Geländes davor mächtig in die Riemen. Nach zwei Runden Tischen, diversen Stellungnahmen und mindestens einem Wertgutachten soll die Stadt Würzburg als Eigentümer des Geländes eine Entscheidung treffen. Die könnte am Donnerstag fallen.

Der WRVB ist der älteste der Würzburger Rudervereine. Man zehrt vom Olympiasieg des Vierers ohne Steuermann 1936 in Berlin, auch zwischen 1976 und 2000 gab es einige schöne Erfolge. Seit ein paar Jahren aber steht der Sport nicht mehr im Vordergrund, sagen Kritiker. Zwar ließ der Verein sein Bootshaus Nord für mehr als 1,3 Millionen Euro erweitern, die bei der Eröffnung 2013 vom Vorsitzenden Wolfgang Kunz versprochene „weitere positive Entwicklung“ stellte sich dann aber nicht ein.

Im Gegenteil: Die Zahl der Mitglieder ist beträchtlich gesunken, in der Vereinskasse herrscht seit dem Neubau Ebbe, die interne Kritik am Finanzgebaren und am Führungsstil des Vorstands wurde lauter. 2015 waren nicht wenige WRVBler dabei, als sich der ROW gründete und sich „Rudern für alle“ auf die Fahnen schrieb. Der Verein zählt heute nicht wenige Rudersportler zu Mitgliedern, die in Booten des WRVB Erfolge einfuhren, etwa der Ex-WRVB-Vorsitzende Michael Gentsch.

Bescheidene Bedingungen

Die Bedingungen für die ROW-Ruderer sind sehr bescheiden. Die meisten ihrer Boote liegen im Freien und sind Wind und Wetter ausgesetzt. Auch Umkleidekabinen und Toiletten im Bootshaus Süd sind ihnen versperrt, immerhin gewähren die Kameraden vom ARCW großzügig Gastrecht. Doch auch dort sieht man sich in der Zwickmühle. „Auf unserem Gelände werden bereits jetzt mehr als zwei Drittel des Würzburger Ruderbetriebes abgewickelt“, sagt der ARCW-Vorsitzende Andreas Holz und beschreibt „unser Gelände als über die Maßen strapaziert“.

Nur ein Ruderverein ist nicht arm an Immobilien und Platz für Boote: Der WRVB hat Zugriff auf zwei Bootsgelände, zwei Bootshallen und zwei Bootshäuser. Das Bootshaus Süd wird offensichtlich nicht mehr benötigt. Es wirkt nicht gerade gepflegt, das Ober- und das Dachgeschoss hat der WRVB seit mehr als zehn Jahren als Begegnungsstätte an Hörgeschädigte vermietet.

Nach Eröffnung des Bootshauses Nord sollte das zweite Bootshaus verkauft werden. Das ist ohne Zustimmung der Stadt Würzburg nicht möglich. Jetzt hat man beim WRVB einen neuen Plan. Die Gehörlosen sollen das gesamte Bootshaus langfristig mieten und die Miete auf einen Schlag im Voraus bezahlen. Damit könne man die Löcher stopfen, die der Bau des Bootshauses Nord gerissen hat, die Gehörlosen hätten eine dauerhafte Bleibe und das Gelände vor dem Haus könne weiter für den Rudersport genutzt werden, etwa bei der Bocksbeutelregatta.

Die Information stammt von einem Insider, der Vorstand des WRVB will das nicht bestätigen. Vorsitzender Wolfgang Kunz verweist an den Immobilienbeauftragten des Vereins, und der Bauunternehmer Walter Höhn sagt nur, dass es im Moment Verhandlungen gebe und er deswegen nichts sagen wolle.

Vertrag enthält ein „Heimfallrecht“

Die Stadt ist Eigentümer des Geländes, sie hat dem WRVB das Bootshaus Süd im Erbaurecht überlassen. Verfügungen darüber muss sie zustimmen. Der Vertrag enthält ein „Heimfallrecht“, wonach das Erbbaurecht unter Umständen an die Stadt zurückfällt, etwa wenn sich der Erbbauberechtigte (WRVB) nicht vertragsgemäß verhält.

Für einem solchen (Heim-) Fall stehen der ROW und der ARCW in den Startlöchern. Der ARCW als größter Würzburger Ruderverein mit „stark wachsendem Ruderbetrieb“ hat der Stadt die Offerte gemacht, das Erbbaurecht zu erwerben und damit auch die gesicherte Zufahrt auf das Rudergelände. Man wolle die Bedürfnisse des ROW berücksichtigen, versichert Andreas Holz im Gespräch mit der Redaktion. Ferner garantiert Holz dem Verein der Hörgeschädigten ein „gesichertes Zuhause“. „Mit einer solchen Lösung könnten wir gut leben“, sagt ROW-Vorsitzende Cornelia Drewitzki. „Wir wollen einfach nur in Ruhe rudern.“

 
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