Geschenke liegen in den Würzburger Wohnzimmern in der Regel am 24. Dezember unter dem Christbaum, heißt es in einer Pressemitteilung. Doch das war nicht immer so. Zu Beginn der Frühen Neuzeit beschenkte man sich nicht anlässlich des Weihnachtsfests, sondern zum Neuen Jahr. Daran erinnern zwei seltene Würzburger Neujahrsgulden, die am 29. September durch das Osnabrücker Auktionshaus Künker versteigert werden. "Diese beiden außergewöhnlichen Exemplare erinnern daran, dass es früher keine festen Löhne gab, und dass das Neujahrsfest der Termin war, an dem man sich mit einem großzügigen Geschenk für geleistete Arbeit revanchierte", erläutert Ulrich Künker, Geschäftsführer des Auktionshauses.
Neujahrsgeschenk als Brauch
Denn bevor sich die Geldwirtschaft während des 19. Jahrhunderts durchsetzte, basierten viele geschäftliche Beziehungen auf einer Tauschkultur, in der Dienste nicht mit Münzen oder Geldscheinen bezahlt wurden, sondern mit Sachgeschenken oder gegenseitigem Gefallen. Der wichtigste Tag, an dem jeder Hausherr sein Netzwerk an geschäftlichen Verbindungen durch Geschenke sichtbar machte, war der Neujahrstag. Wurden zunächst vor allem Naturalien und Gegenstände übergeben, begannen viele Stadträte am Übergang von Spätmittelalter zu Früher Neuzeit, die Geschenke anzugleichen und den Brauch zu institutionalisieren: So entstanden die extra für diesen Zweck geprägten Neujahrsgulden.
Geldgeschenke des Stadtrats
„Der Prozess der Einführung der Würzburger Neujahrsgulden ist gut dokumentiert“, erklärt Künker-Münzexperte Dr. Hubert Ruß. „Ein Protokoll des Stadtrats aus dem Jahr 1408 überliefert, an wen der Rat seine Geldgeschenke zum Neuen Jahr verteilte. Der Fürstbischof war der größte Empfänger, aber auch viele andere, die sich für die Stadt eingesetzt hatten: Räte, Bürgermeister und Stadtschreiber.“ Die ersten, eigens für diesen Anlass geprägten Würzburger Goldgulden, stammen aus dem Jahr 1583. Auch in den folgenden Jahrhunderten wurde dieser Brauch beibehalten. Das Osnabrücker Auktionshaus Künker kann bei seiner Herbstauktion nach eigenen Angaben gleich zwei der seltenen Neujahrsgulden wieder in Umlauf bringen.
Bruder von Kaiser Franz
Die zu versteigernden Goldgulden zeigen auf der Vorderseite Ferdinand von Österreich, den Großherzog der Toskana, Kurfürst von Salzburg und Großherzog von Würzburg. Ferdinand war der Bruder des Habsburger Kaisers Franz II., welcher die Krone des Römisch-Deutschen Reichs niederlegte und das Kaisertum Österreich begründete. Grund dafür waren die Veränderungen, die Napoleon mit seinen Kriegen in Europa bewirkte. So wurde mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 Würzburg säkularisiert und erst Bayern übergeben, die es zwei Jahre später gegen das reiche Tirol an Ferdinand abtraten.
Die bei der Herbstauktion zu versteigernde Münze stammt aus dem Jahr 1814 und wird auf 10 000 Euro geschätzt. Sie zeigt auf der Rückseite einen Altar, auf dem drei brennende Herzen liegen. Für die Stadt stehen dabei das ovale Wappen und die Buchstaben SPQW, die „Senat und Volk von Würzburg“ bedeuten.
Weitere Infos unter https://www.kuenker.de.