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WÜRZBURG
Würzburger Hotelturm ist fertig
Der Bau des Hotelturms hielt Würzburg elf lange Jahre in Atem. Jetzt können die Gäste kommen: Am Donnerstag wird das Hotel eröffnet.
Die Fassade ist geschlossen, der Hotelturm heißt jetzt Ghotel.
Foto: THERESA Müller | Die Fassade ist geschlossen, der Hotelturm heißt jetzt Ghotel.
Von unserem Redaktionsmitglied MANUELA GÖBEL
 |  aktualisiert: 15.11.2012 12:06 Uhr

Der Hotelturm hat wohl die bewegendste Baugeschichte der jüngeren Würzburger Vergangenheit hinter sich. Wer hat zwischendurch noch an deren Happy End geglaubt?

Am Anfang klingt es toll: 2001 plant die Euro-Gruppe ein 70 Meter hohes Vier-Sterne-Hotel von Arabella-Sheraton in der Schweinfurter Straße. Bis 2004 soll es fertig sein. Doch es kommt bekanntlich anders: Zuerst entbrennt ein heftiger Streit über die Stadtbildverträglichkeit des Hochhauses. Befürworter und Gegner argumentieren mit Fotomontagen – und werfen sich gegenseitig deren Fälschung vor. Der erste Bauherr lässt Heliumballons zur Höhensimulation steigen und versucht, die Stadtverwaltung unter Druck zu setzen. Gleichzeitig beginnt der Kommunalwahlkampf und CSU-Kandidatin Pia Beckmann tritt als Vermittlerin auf: 58 statt 70 Meter Höhe. Im April 2002 genehmigt der Stadtrat den Kompromiss.

Ungewöhnlich im Rathaus ist, dass Stadtbaurat Christian Baumgart für den Turm und der damalige Oberbürgermeister Jürgen Weber dagegen ist. Schwante Weber schon, dass die Euro-Gruppe unseriös ist?

Nach dem Abriss des ehemaligen Autohauses Buchner wird der Aushub immer wieder verschoben. Denn die Gründung des 150 000 Tonnen schweren Hochhauses ist kompliziert: Um Hohlräume aufzufüllen, wird durch Bohrrohre ein Zementgemisch in den Boden gespritzt – und die Bahnhofsquellen verschmutzt. Diese bleiben monatelang abgestellt, die Öffentlichkeit erfährt davon nichts.

„Die Rechnungen wurden vereinbarungsgemäß beglichen.“

Der Ibeka-Vorstand dementiert 2005 die Zahlungsunfähigkeit. Kurz darauf war das Unternehmen pleite.

Im Dezember 2004 ist Richtfest. Gleichzeitig gibt es die ersten Gerüchte über Zahlungsschwierigkeiten bei der Euro-Gruppe. Architekt Stefan Buttler dementiert. Doch es wird immer deutlicher: Obwohl im Mai Siemensniederlassung sowie ein ambulantes Operationszentrum ins Nebengebäude einziehen, tut sich am Turm nichts mehr. Handwerker berichten, dass sie ihr Geld nicht mehr bekommen. Ibeka-Vorstand Jürgen S. versichert trotzdem: „Die Rechnungen wurden vereinbarungsgemäß beglichen.“ Die Ibeka ist eine der zahlreichen Töchter der Euro-Gruppe und S. wird später wegen Insolvenzverschleppung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt werden.

Ende 2005 kommt die offizielle Pleite der Euro-Gruppe. Gläubiger und Anleger sind die Dummen: Der Bau hat 25 Millionen Euro verschlungen, sieben davon sind nicht bezahlt und weitere 16 müssten noch investiert werden. Der tatsächliche Wert des Turms wird auf gerade mal 13,5 Millionen Euro geschätzt. Die 117 Millionen Euro, die 27 000 Anleger in die Euro-Gruppe investiert hatten, sind verschwunden. Gerade einmal elf Prozent davon bekommen die Geprellten später zurück.

Wie ein rettender Engel taucht in dieser Situation der ehemalige Snowboardprofi Jens Liebhauser auf. Der Geschäftsführer der Würzburg Estate S.A. (Tochter der britisch-schweizerischen Investorengruppe Montague Goldsmith AG) kauft Hotelturm samt Nebengebäude für 10,2 Millionen Euro und kündigt an, dass das Hotel nebst Skylounge in 16 Monaten fertig ist. Das ist Anfang 2006.

Es wird noch fünf Jahre dauern, bis es weitergeht. In dieser Zeit ist das Licht des Nachtwächters das einzige, was sich im Rohbau bewegt. Die Würzburg Estate S.A. findet keinen Hotelbetreiber, Banken finanzieren den Weiterbau nicht. Also soll der Turm verkauft werden – unter anderem wird er auf dem russischen Immobilienmarkt angeboten. Nachdem sich die Montague Goldsmith AG 2009 auflöst, scheint das Schicksal des Turms als Bauruine besiegelt. Doch dann präsentiert der indische Eigentümer des Turms die Hotelkette Ghotel als künftigen Betreiber. OB Georg Rosenthal ist Anfang 2010 so optimistisch, dass er wettet, das Hotel werde noch 2011 fertig. Den eingesetzten Champagner hat er zwar verloren, doch im Dezember 2011 – fast auf den Tag genau sechs Jahre nach seinem Abbau – wird der Baukran wieder aufgebaut. Ab jetzt geht es mit Hochdruck voran: Die Glasfassade wird endlich geschlossen und 150 Handwerker arbeiten täglich am Innenausbau.

Am morgigen Donnerstag ist es geschafft: Das 17-stöckige Ghotel mit 204 Zimmern und Suiten öffnet seine Pforten.

2002: Das Autohaus Buchner in der Schweinfurter Straße wird abgerissen.
Foto: Theresa Müller | 2002: Das Autohaus Buchner in der Schweinfurter Straße wird abgerissen.
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Scheibenweise geht's weiter.
Foto: Schwarzott | Scheibenweise geht's weiter.
2005: Im März steht der Bau.
Foto: Obermeier | 2005: Im März steht der Bau.
 
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    Hallejulja.
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    des Hotelturmes war bekannt, dass dies nicht das einzige Projekt ist, das angeblich mit Zahlungsschwierigkeiten zu tun hatte. Leider war es für die Stadt Würzburg nicht machbar diesen Bauantrag zu canceln. Aber er er steht jetzt - und so schlecht schaut er nicht mal aus. Barockes Würzburg habe ich an dieser Ecke, selbst im Blick von obern, keines gefunden - nur den Stadtteil Grobühl, der aber nichts barockes an sich hat.
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    Hab mir Würzburg schon öfter vom Stein aus angeschaut. Ich finde, dass dieser Glaspalast eher nach Frankfurt gepasst hätte als hierher. Aber gut, jetzt ist er da und es wurde zumindest das wahrscheinlich beste daraus gemacht.
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    Würzburg ist nicht barock. Rathaus und Dom sind es - zumindest äußerlich - schonmal nicht, und die Innenstadt ist ein Sammelsurium aus verschiedenen Baustilen, mit vielen Wohnhäusern aus den 50er bis 70er Jahren.
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  • j. d.
    des späteren 19. Jh., das 18. Jh. ist natürlich mit Barock und Rokoko auch vertreten. Das Barock tritt eben wegen den Großbauwerken wie der Residenz, Tosenbachpalais oder dem alten Frauenzuchthaus so hervor, ist aber angesichts der Vielfalt der Bauwerke des 19. Jh. in der Minderzahl.
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    Was Sie meinen, sind Bauwerke aus dem 20. Jahrhundert, also 1901-2000. Von vor dem Krieg ist ja nicht viel übrig geblieben. Dennoch ist es schön, dass der erste Eindruck der Innenstadt doch wieder einigen historischen Charme offenbart. Ebenso ist es wichtig, nicht in dem alten Brei stecken zu bleiben und eine zeitgemäße Architektur zu integrieren.
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  • P. H.
    oder Hoteltürme im Barock-Stil bauen lassen um bloß keine Vielfalt Aufkommen zu lassen..
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    wer hätte es je für möglich gehalten?
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    Ich würd mir jedenfalls 2 mal überlegen, ob ich in eine Bauruine einziehe, die 11 Winter da rum stand oder lieber in ein anderes Hotel.
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    Glauben Sie, dass der Turm unvermittelt einstürzt, nur weil ein paar Jahre lang ein paar Fenster gefehlt haben?
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    dass aufgrund der Witterung keine Schäden zustande gekommen sind?
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    Natürlich nicht. Aber mit dem Angstansatz wäre eigentlich jedes Gebäude zu meiden. Aber das Ding ist nicht aus Karton, sondern aus stahlbewährtem Beton - der hält das schon aus.
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