Anfang Dezember landete ich am Kabul International Airport. Ich erlebte eine neue Kultur, mir unvertraute Menschen, entsetzliche Armut, Kinder barfuß im Schnee, denen das aber nichts auszumachen schien, rote Steine am Straßenrand, die Minen anzeigten, zerschossene Panzer russischer Bauweise, die ich bis dahin nur von Bildern kannte, zerstörte Lehmhäuser, aus deren Wohnungen die Ofenrohre ragten, Straßenhändler, die alles anboten, von der Satellitenschüssel, über Lebensmittel, die ich als solche kaum bezeichnet hätte, bis zu Haschpflanzen. All das zog mich aber auch irgendwie in seinen besonderen Bann.
Denke ich mir Autos und die Satellitenschüssel weg sah es dann so aus, in Jerusalem, vor 2.000 Jahren? Und dann ja, dann begegnete mir etwas ganz besonders: Hoffnung. Die ganze Stadt bestand aus Hoffnung, Hoffnung auf Frieden, Hoffnung auf ein besseres Leben, Hoffnung auf so etwas wie Wohlstand oder zumindest auf Bildung. Ich sah junge Frauen, die sich erstmals ohne Burka auf die Straße wagten, zumindest erzählten sie uns, dass es vorher nicht möglich war. Was mich besonders beeindruckte war die Religiosität, die das Leben bestimmte, ja ihm einen festen Rhythmus und eben auch – Hoffnung – brachte. Mit uns als Christen konnten die Menschen sofort etwas anfangen, weil wir ja an Gott glauben, nur der Ungläubige, der machte sie fassungslos. Wie kann ein Mensch an nichts glauben, was gibt ihm dann Orientierung und Werte, soll es nach dem Tod keine Hoffnung geben?
Drei Tage vor Heiligabend passierte dann das Unfassbare, einer unserer Hubschrauber stürzte im Landeanflug auf Kabul wegen eines technischen Versagens ab. Sieben Besatzungsmitglieder verloren ihr Leben. Ich war damals 35 Jahre alt und hatte das erste Weihnachten ohne Familie, ohne Frau und meine drei Kinder vor mir. Es kam alles zusammen, anstelle von Heiligabend saß ich nun in einer Trauerfeier. Die Vorstellung wie es den Familien der ums Leben gekommenen Soldaten ging, war aber irgendwie das Allerschlimmste.
Irgendwann, da hielt ich das dann alles nicht mehr aus und ging auf meine Unterkunft, ich wollte alleine sein. Dann klopfte es einige Zeit später an der Tür und es stand einer unserer afghanischen Mitarbeiter vor mir. Er sagte: "Ich wünsche Ihnen von Herzen frohe Weihnachten, gut, dass ihr hier seid, ihr gebt unseren Kindern, ihr gebt mir Hoffnung auf ein besseres Leben." Da war er dann irgendwie da, mein persönlicher Weihnachtsfrieden, ich war einfach ergriffen von seinen Worten.
Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete Weihnachtszeit und für mich ist er unverzichtbar, der Glaube an Gott, an Jesus Christus, denn er gibt mir Orientierung, Halt und eben auch Hoffnung.
Text: Ruprecht von Butler
Foto: Thomas Obermeier/Montage: Alissa Bakhchevan
Ruprecht von Butler ist Generalmajor des Heeres der Bundeswehr und Kommandeur der 10. Panzerdivision in Veitshöchheim.
In der Kolumne "Würzburger Adventskalender" schreiben Menschen aus der Region Würzburg Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.