
Beim Krippenspiel den Hl. Josef zu mimen, das war nach Jahren als Ochse, dann als Hirte und als einer der Drei Könige die ehrenvollste Berufung, die es in der heiligen Familie zu erlangen gab. Ich erinnere mich noch gut, wie die gestrenge Klosterschwester Irmengard mir diese Frohe Botschaft Anfang Dezember 1988 mitteilte: „Die Rolle hat keinen Text, das bedeutet, es wird auch nicht gelacht.“
Mir dieser Würde aber auch Bürde bewusst, studierte ich vor dem Spiegel im Elternhaus einen gütigen aber irgendwie auch leidenden Gesichtsausdruck ein, den ich mir von der geschnitzten Josefsfigur einer Großtante abgeschaut hatte. Vor lauter Aufregung schlief ich die Tage vor dem Auftritt kaum.
Dann der Abend des 24. Dezembers im Kindergottesdienst. Neben dem Altar im abgedunkelten Kirchenraum sitzend, das wärmende Licht der Weihnachtserzen und des Altars neben mir, schlief ich noch vor dem Monolog des Engels ein. Der Pfarrer lobte mich dennoch nach der Messe: Josef habe in diesem Jahr so selig ausgesehen.
Text: Leonard Landois