
Ho, ho, ho – jetzt wird es auch für den Heiligen Nikolaus eng! Zumindest muss sich der Heilige Mann ab 2025 ernsthaft Gedanken machen, wie er seine Gaben zu den Kindern bringt. Denn der Schornstein dürfte in vielen Fälle in diesem Jahr das letzte Mal nutzbar sein.
Besonders über Holland verbreitete sich die Legende, dass der Heilige Nikolaus in der Nacht auf den 6. Dezember über die Dächer zieht und seine Gaben über den Schornstein einwirft. Doch in Deutschland endet die Übergangsfrist für Kamine jenseits der Grenzwertbelastung am Ende des Jahres. Dann muss stillgelegt werden, was nicht mehr der Emissions-Norm entspricht. Da dem Bischof unmöglich zuzumuten ist, sämtliche Einzelraumfeuerungsanlagen vor Einwurf der Geschenke technisch zu prüfen, wird dieser Gabenverkehr per Luftfracht wohl der Vergangenheit angehören.
Der Gabenbrauch am Nikolaustag hat übrigens einen wirklichen Bezugspunkt in der Geschichte. Denn der Heilige Nikolaus ist keine Erfindung der Werbeindustrie, wie der dickbäuchige, rot-weiße Weihnachtsmann mit Zipfelmütze. Als Bischof in der antiken Stadt Myra, die heute Demre heißt und in der Türkei liegt, war Nikolaus im 4. Jahrhundert besonders für seine Wohltätigkeit gegenüber Bedürftigen und Kindern bekannt. Seine Sozialraumorientierung führte dazu, dass über ihn allerhand Überlieferungen in Umlauf kamen und erhalten blieben. Darum ist er neben seinen bischöflichen Insignien, der Mitra und dem Stab, mitunter auch mit drei Goldkugeln dargestellt. Diese soll er unbemerkt durch ein offenes Fenster geworfen haben, um die drei Töchter des Hauses vor Verelendung zu bewahren.
Wie gut, dass in Deutschland solche nikoläuslichen Zustellungen über den Landweg weiterhin uneingeschränkt möglich sind. Voraussetzung hierfür sind lediglich geputzte (!) Schuhe vor der Türe, die dann mit Leckereien gefüllt werden, um die Nächstenliebe des Heiligen Nikolaus nachzuahmen. Bleibt zu hoffen, dass nicht auch dieser Brauch in der Zukunft eine bürokratische Einschränkung erfährt, z.B. durch eine staatliche Verordnung über emissionsfreie Schuhcreme oder Verbot von Gummistiefeln ohne Nachhaltigkeitszertifikat. Gerade Gummistiefel erfreuen sich durch ihren hohen Schaft bei Kindern großer Beliebtheit. Sind sie doch besonders reichhaltig zu füllen.
Damit also niemandem im Verbotsfall zusammen mit den Gaben ein fahrlässiger Umgang mit staatlichen Verordnungen in die Schuhe geschoben werden kann, bliebe als letztes Mittel der Griff zur Nikolaus-Socke. Diese hing früher bei der Zustellung über den Schornstein ohnehin am Kamin, um die Gaben des Heiligen Mannes zu empfangen. Unbenommen der Frage, welches Zustellungsmodell sich künftig am Nikolaustag durchsetzen wird, können wir uns heute schon – wie der Heilige Nikolaus – auf die Socken machen und anderen Gutes tun.
Paul Reder ist Weihbischof des Bistums Würzburg.
In der Kolumne "Würzburger Adventskalender" schreiben Menschen aus der Region Würzburg Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.