Wie viele Menschen denke ich im Advent immer wieder an meine Kindheit und die ganz besondere Zeit vor Weihnachten zurück. An die quälend langsam vergehenden Tage bis zum Fest und die steigende Spannung, was es wohl für Geschenke geben würde. Auch die Erinnerungen an die besonderen Gerüche und Aromen, z. B. der Duft des frisch geschlagenen Tannenbaumes, wenn er kurz vor Heiligabend ins Haus geholt wurde. In der Küche roch es nach Vanille, Zimt und den anderen Zutaten für die Plätzchen, dem Weihnachtsstollen aus dem Backofen oder nach den Orangen und Mandarinen (die es damals tatsächlich nur in dieser Zeit gab). Alles zusammen ein Feuerwerk köstlicher Aromen!
Bei mir mischen sich in diese Erinnerungen an die Weihnachtsdüfte allerdings auch die Essenzen von Leinöl, Holzleim und den früher gebräuchlichen "Ölfarben", die noch nicht ganz getrocknet waren. Das liegt daran, dass mein Vater oder einer meiner älteren Brüder vor dem Fest damit beschäftigt waren, für mich und die jüngeren Geschwister noch Geschenke in unserer kleinen Schreinerei anzufertigen. Nachdem unser Schreinergeselle erst kurz vor den Feiertagen in den Weihnachtsurlaub ging, war die Zeit für die Fertigstellung von Westernforts, Ritterburgen, Bauernhöfen, Puppenwägen oder Segelschiffen aus Holz, die wir im Laufe der Zeit geschenkt bekamen, begrenzt.
Manchmal sah ich nach dem Fest etwas neidisch auf die bunten Kunststoffprodukte meiner Spielkameraden, die teilweise auch in der Detailtreue und Ausstattung meinen robusten, handgefertigten Schreinererzeugnissen überlegen schienen. Im Nachhinein wird mir aber bewusst, dass diese Geschenke etwas ganz Besonderes waren. Nicht nur, dass die beweglichen Tore, Zugbrücken und abnehmbaren Dächer für die Ewigkeit konstruiert und noch von meinen Nichten und Neffen bespielt wurden, handelte es sich doch um Einzelstücke, die nur für mich gebaut worden waren.
Aus irgendwelchen Gründen habe ich die Tradition der Fertigstellung in letzter Minute auch bei meinen Kindern übernommen, obwohl ich nicht darauf warten musste, dass ein Schreiner meine kleine Werkstatt im Keller freigab. Aber die Kaufläden, Puppenhäuser oder der Küchenherd aus einem Nachtschränkchen vom Sperrmüll wurden oft auch erst am Vormittag des 24. Dezember fertig. Nur der Geruch von Leinöl und Holzleim fehlte – die modernen Kleber und Farben trockneten einfach viel schneller als früher!
Foto: Johannes Kiefer
Matthias Weber ist Chef der Polizeiinspektion Würzburg-Stadt.
In der Kolumne "Würzburger Adventskalender" schreiben Menschen aus der Region Würzburg Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.