Was sollte daran schon schwierig sein? Sehr gerne übernahm ich die Aufgabe, die Geschenkgutscheine der Aktion Patenkind persönlich in soziale Einrichtungen zu bringen. Zum Hintergrund: Es handelt sich um Einkaufsgutscheine, die von Hilfsorganisationen und sozialen Stellen an Bedürftige weitergegeben werden, damit diese in der Vorweihnachtszeit auch mal etwas unbeschwerter einkaufen können.
Da sich in den Paketen für die Institutionen Gutscheine in vierstelliger Euro-Höhe befinden, muss diese Aufgabe ein Bote übernehmen – und dies sollte dieses Jahr ich sein. Weniger wegen meiner Aufgabe im Vorstand der Aktion Patenkind, sondern mehr als Würzburger, der sich in den Straßen seiner Heimatstadt gut auskennt. Das dachte ich zumindest, bis die Tour begann.
Die erste Straße war schnell erreicht, schließlich war ich in der Nähe aufgewachsen. Die Institution, der ich das erste Päckchen mit Gutscheinen bringen wollte, war für mich aber nicht auffindbar. Der Pfeil auf dem Hinweisschild führte mich direkt an eine unüberwindbare Mauer. Eine andere Interpretation des Pfeils endete an geschlossenen Garagentoren. Weder Google Maps noch eine freundliche Anwohnerin konnten mir helfen.
Ich sollte auf den nächsten Stationen bald lernen, dass es praktisch kein Hausnummernsystem gibt, das sich auf den ersten Blick erschließt. Ebenso keine Namensschilder, die ohne Anordnung "Eingang auf der Rückseite" auskommen. Hinweise wie "Diese Tür ist vorübergehend nicht benutzbar" verwunderten mich bald nicht mehr. Ebenso wenig der im Hausflur zunächst überlesene Tipp "Bitte im 4. OG melden", wenn ich gerade erfolglos aus dem dritten Stockwerk zurückkehrte. Zudem musste ich im wahrsten Sinn des Wortes erfahren, dass gefühlt alle Straßen Würzburgs, in die mich das Navi führen wollte, unüberwindbare Baustellen, von Warnbaken gesperrt oder von roten Ampeln blockiert sind. Meistens alles zusammen.
Da ich als Überbringer von Geschenken weder Ärger noch Verzweiflung Raum geben wollte, hielt ich inne, und es stellte sich vorweihnachtliche Demut ein. Schließlich hatte ich wichtige Dinge erkannt: Die Hochachtung vor den Menschen, die professionell Pakete ausfahren, und dies, im Gegensatz zu mir, unter großem Zeitdruck tun müssen. Zudem verschaffte mir die Tour einen kleinen Einblick in die harte Arbeit der sozialen Hilfseinrichtungen. Und damit verbunden die Einsicht, dass es auch in Würzburg viele Menschen gibt, die in ihrem Leben ganz anders ausgebremst werden als von Ampeln, Sperrschildern und ein paar missverständlichen Hinweispfeilen.
Text: Peter Krones
Peter Krones ist stellvertretender Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Main-Post Aktion Patenkind e.V.. Er war von 1984 bis zu seinem Ruhestand 2020 Redakteur der Main-Post.
In der Kolumne „Würzburger Adventskalender“ schreiben Menschen aus der Region Würzburg Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.