
Sie ist jung, elegant, schlank und reich: Beatrix von Burgund (1140-1184) versetzt nicht nur ihren Ehemann in Verzückung. Der Chronist Acerbus Morena schwärmt, sie „hatte glänzendes und goldenes Haar, ein sehr schönes Antlitz, weiße und schön gebildete Zähne; sie ging aufrecht, hatte einen kleinen Mund, züchtigen Blick, leuchtende Augen, war zurückhaltend, besaß sehr schöne Hände und einen schlanken Körper.“ Der Würzburger Medienunternehmer Leonard Landois erklärt: „In der damaligen Übersetzung bedeutete ‚leuchtende Augen’, dass sie sehr intelligent und sehr gebildet war. Und wenn man sich überlegt, in was für einer Zeit sie gelebt hat, dann wird einem klar, dass das ganz und gar nicht üblich war. Selbst nicht in diesen Kreisen.“
Und diese außergewöhnliche junge Frau schreitet nun in Würzburg zum Traualtar, um hier den frischgebackenen 33-jährigen Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1122-1190) zu ehelichen. Es ist der 17. Juni 1156, als der Hochzeitszug mit riesigem Gefolge über die Alte Mainbrücke und durch die heutige Domstraße entlang zum Kiliansdom geht, wo sich das Brautpaar auf den Treppen der Vorhalle öffentlich das Jawort gibt.
Die Gründe für die Wahl der Stadt Würzburg als Hochzeitsortes
Das Fest, das sich an die Trauung anschließt, ist ausschweifend und rauschend, hochrangige Gäste geben sich die Ehre, Musikanten, Gaukler und Artisten zeigen ihre Künste, man vergnügt sich bei Spielen, der Wein fließt in Strömen, das Hochzeitsmahl ist opulent. Es ist ein Ereignis von unerhörter gesellschaftlicher Bedeutung! Und ausgerechnet in Würzburg findet es statt! Nur: Was ist der Grund für diese Wahl? Schließlich ist die Stadt am Main weder die Heimat der Braut noch die des Bräutigams, auch wenn dieser Würzburg durch einen hier abgehaltenen Reichstag bereits kennt. Und genau das, vermutet Landois, dürfte der Grund gewesen sein: „Barbarossa fand Würzburg strategisch gut gelegen und dürfte auch am Wein Gefallen gefunden haben.“ Stadtheimatpfleger Dr. Hans Steidle schreibt dazu: „Der staufische Herrscher hatte großes politisches Interesse an der gut befestigten Stadt. Sie lag bei den Besitz-Landschaften der Staufer und in der Mitte zwischen den welfischen Herzogtümern Sachsen und Bayern, die Barbarossas Cousin und Konkurrent Heinrich der Löwe beherrschte.“
Für Barbarossa ist es nicht die erste Ehe. Drei Jahre zuvor trennte er sich von Adela von Vohburg (1127-1187), die Ehe war kinderlos geblieben. Anschließend hält er um die Hand einer oströmischen Prinzessin an, aus politischen Gründen wird aus der Hochzeit aber nichts. Doch besser als mit Beatrix von Burgund, findet Leonard Landois, hätte der Kaiser es ohnehin nicht treffen können. Nicht nur, weil sie schön und klug ist, Wert auf Bildung legt und die elf gemeinsamen Kinder entsprechend erzieht, nein, sie ist für Barbarossa auch aus machtpolitischen Gründen von Bedeutung: Beatrix, Sprössling einer hoch angesehenen, alten Familie, bringt 5.000 Ritter in die Ehe ein, was für Barbarossa nicht zuletzt aufgrund des bevorstehenden Italienfeldzugs von immenser Bedeutung ist.
Die Hausmacht des Herrschers wird gestärkt
Steidle schreibt: „Die Eheverbindung sollte Friedrichs Stellung gerade gegenüber dem welfischen Herzog verstärken: Ihr Erbe, die Freigrafschaft Burgund, vermehrte seine Macht im Südwesten des Reichs und erlaubte den Zugang zu den westlichen Alpenpässen, denn der Brenner gehörte Heinrich dem Löwen. In Italien versuchte Friedrich lange vergeblich, seine Herrschaft über die reichen Städte zu festigen. Deren Steuern sollten ihn gegenüber Heinrich stärken.“ Dem Kaiser fallen durch die Hochzeit das wohlhabende Hoch-Burgund, Savoyen und die Provence zu. Seine Hausmacht wird deutlich gemehrt.
Wenn die Hochzeit auch politische Gründe hatte – manche Quellen, sagt Landois, sprächen auch ganz klar von einer Liebesheirat. Überliefert sind in zeitgenössischen Quellen Kosenamen wie Geliebte, liebe Freundin und unsere Geliebteste. Die junge Frau begleitet ihren Gatten gern und viel auf seinen Reisen, was nicht immer ungefährlich ist, denn dabei geht es nicht nur darum, bei Hoftagen die Frau an seiner Seite zu sein, sondern sie ist auch bei ihm, wenn er Städte belagert, sie bringt sich für ihn in Gefahr, überquert mit ihm die Alpen und nimmt allerlei Unbequemlichkeiten für ihn in Kauf. „Und Friedrich hat schon auch sehr auf sie gehört, sie hatte großen Einfluss auf ihn, was ihm natürlich Spott einbrachte“, sagt Leonard Landois.
Beatrix als Mittlerin zum Kaiser
Auch Bürger machen sich das zu Nutze: Viele wenden sich an Beatrix, wenn sie Bitten an den Kaiser haben. Elf Jahre nach ihrer Hochzeit wird Beatrix am 1. August 1167 in Rom zur Kaiserin gekrönt. So unbeschwert wie ihre Hochzeit ist dieses Ereignis allerdings nicht, sondern stark überschattet von den politischen Ereignissen, die dem vorausgegangen waren. Inzwischen hatte ihr Gatte Barbarossa sich zu einem langen, blutigen Italienfeldzug aufgemacht und Papst Alexander III. (um 1100 oder 1105-1181), der im Zuge des Papstschismas auf den Heiligen Stuhl kam, steht so gar nicht der Sinn danach, seinem deutschen Feind Tür und Tor zu öffnen, geschweige denn, dessen Gattin zur Kaiserin zu krönen! Denn der Streit zwischen dem Papst und dem Kaiser entbrennt um 1160 über die Befugnisse des Kaisers in Rom und die Heerfolgepflicht der italienischen Bischöfe, und Barbarossa steht offiziell aufseiten seines Konkurrenten, Gegenpapst Paschalis III. (gest. 1168). Selbiger ist ohnehin beim Feldzug dabei und die staufischen Truppen sind auch so erfolgreich, dass ihnen die Eroberung der Peterskirche gelingt. Und da krönt nun einfach Paschalis III. Beatrix zur Kaiserin.

Kurz darauf muss das Kaiserpaar die Stadt aber wieder verlassen, auf der Flucht vor Malaria und feindlichen Truppen. „Beatrix von Burgund muss wirklich eine großartige Frau gewesen sein“, sagt Leonard Landois. „Sie war nicht nur mutig, sondern setzte sich auch für Arme und Kranke ein, es gab zahlreiche Stiftungen aus ihrer Hand.“ Häufig hält sie sich auch allein in ihrer Heimat Burgund auf und regiert dort im Grunde allein. Davon zeugen Urkunden, die sie mit „Beatrix von Gottes Gnaden Römische Kaiserin“ unterzeichnet. Landois ist schon ein wenig stolz darauf, dass diese besondere Frau in Würzburg heiratete.
Doch in der Stadt am Main gibt es ja viele besondere Dinge. Das Mozartfest zum Beispiel. Wenn Landois selbiges besucht, dann betrachtet er das Deckengemälde, das der Künstler Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770) für die neue Residenz schuf. Darauf ist die Hochzeit dargestellt. Und damit, sagt er, schließe sich der Kreis in die Jetztzeit. Beatrix und Barbarossa sind anwesend, wenn kulturinteressierte Menschen heute großartiger Musik lauschen. Einer Musik, die es noch nicht gab, als das Paar sich das Jawort gab. Doch Beatrix, da ist sich Landois sicher, hätte sie bestimmt gemocht.
Text: Eva-Maria Bast