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Würzburg
Würzburg: Werden Bauherren zur Photovoltaik verpflichtet?
Der Stadtrat will mehr Klimaschutz, doch die Pflicht von Photovoltaik-Anlagen bei Neubauten ist umstritten. Entscheidend war im Ausschuss die Stimme von Judith Jörg (CSU).   
Montage einer Photovoltaik-Anlage auf einem Einfamilienhaus. 
Foto: Getty Images | Montage einer Photovoltaik-Anlage auf einem Einfamilienhaus. 
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:14 Uhr

Nachdem die von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im vergangenen Sommer angekündigte "Solar-Offensive" des Freistaats Bayern noch auf sich warten lässt, will die Stadt Würzburg jetzt Nägel mit Köpfen machen. Allerdings ist die von der Verwaltung vorgeschlagene Verpflichtung zur Installation von Photovoltaik-Anlagen auf privaten Neubauten umstritten: Der Umwelt- und Planungsausschuss hat sich jetzt mit neun zu acht Stimmen nur ganz knapp dafür ausgesprochen, die endgültige Entscheidung fällt am 11. März im Stadtrat.

Umwelt-Bürgermeister Martin Heilig (Grüne) zeigte sich "total überrascht" vom Widerstand gegen die so genannte "solare Baupflicht" für Privathäuser – schließlich hat der Stadtrat im letzten Sommer noch einstimmig beschlossen, alle dafür geeigneten städtischen Dachflächen ab einer Größe von 50 Quadratmetern mit Photovoltaik- oder Solarthermie-Anlagen zu bestücken. Heilig erinnerte wieder einmal an das Klimaversprechen des Stadtrats: Bis 2030 soll die Stadtverwaltung, bis 2045 die gesamte Stadt klimaneutral sein.

"Das ist eine ganz einfache Regelung, die viele bayerische Kommunen mit Bürgermeistern von der CSU oder den Freien Wählern umsetzten." 
Bürgermeister Martin Heilig (Grüne)

Ein Baustein bei der Fortschreibung des städtischen Klimaschutzkonzepts soll die Verpflichtung privater Bauherren sein, bei Neubauten oder Dachsanierungen künftig eine Anlage zur Nutzung der Sonnenenergie zur Erzeugung von Strom und Wärme zu installieren. Umgesetzt werden soll sie durch entsprechende Regelungen beim Verkauf städtischer Grundstücke an Häuslebauer oder private Investoren, in städtebaulichen Verträgen und in der Bauleitplanung. Konkret soll bei Ein- und Zweifamilienhäusern mindestens ein Viertel der Grundfläche - also der bebauten Fläche des Grundstücks -  für Photovoltaik genutzt werden, bei größeren Gebäuden mindestens 35 Prozent.

Solar-Verpflichtung: Hammer und Zwangsjacke

"Das ist eine ganz einfache Regelung, die  viele bayerische Kommunen mit Bürgermeistern von der CSU oder den Freien Wählern umsetzen. Viel pragmatischer und unbürokratischer geht es eigentlich nicht", betonte Heilig, nachdem vor allem Vertreter der CSU und der FWG ihre Bedenken geäußert hatten.

"Hier wird immer gleich der Hammer genommen", beklagte Adolf Bauer von der CSU. Der ehemalige Bürgermeister regte an, die vom Freistaat angekündigte Förderung abzuwarten und bis dahin die Anschaffung von privaten Photovoltaikanlagen durch städtische Anreize zu unterstützen. "Mir ist das zu viel Reglementierung. Überzeugen sie sachlich und nicht durch Auflagen", meinte auch Josef Hofmann (FWG). Charlotte Schloßareck von der FDP/Bürgerforum-Fraktion befürchtet gar, private Bauherren würden durch die geplante Regelung "geradezu in eine Zwangsjacke gesteckt".

Ausnahmen sind möglich

Die Grünen dagegen begrüßen die Regelung – unter anderem deshalb, weil die bisherigen Anreize nicht ausreichen, um die Nutzung der Sonnenenergie in der Stadt entscheidend voranzubringen, wie Stadtrat Konstantin Mack betonte: "Wenn das nicht wirkt, ist der nächste logische Schritt, mit Verpflichtungen zu arbeiten, um dem Ziel einer klimaneutralen Stadt näher zu kommen."

Außerdem habe die geplante Regelung auch "einige Schlupflöcher", wie Raimund Binder von der ÖDP betonte: Unter anderem kann der Stadtrat Ausnahmen für komplette Baugebiete festlegen. Kann ein Bauherr nachweisen, dass die Errichtung und der Betrieb einer Photovoltaikanlage über einen Zeitraum von zwanzig Jahren unwirtschaftlich ist, wird er von der Solarpflicht befreit.

Bei der Abstimmung setzten sich Grüne, SPD, Linke und ÖDP knapp gegen CSU, FWG, FDP/Bürgerforum und AfD durch. Die entscheidende Stimme kam allerdings von CSU-Bürgermeisterin Judith Jörg, die gegen ihre Fraktion und für den Vorschlag der Verwaltung stimmte.

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels hieß es am Ende des dritten Absatzes irrtümlich, dass "mindestens ein Viertel der Grundstücksflächen für Photovoltaik genutzt werden soll". Das war nicht richtig. Es muss heißen "mindestens ein Viertel der Grundfläche...". Dies wurde korrigiert. 

 
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  • J. H.
    "..Nur im Dunklen funktioniert keine PV-Anlage. Bei Windstille gibt es aus den Mühlen auch nichts. ..."

    Sicher ist aber auch, dass ein leeres Hausdach überhaupt keinen Strom erzeugt. Also kann man den Überschuss-Strom von diesem Dach auch nicht nutzen, um z.B. Wasserstoff zur Überbrückung der Handvoll Tage Dunkelflaute im Jahr zu generieren.

    Was mich insgesamt an der Diskussion zum Thema stört, ist die ideologische Argumentation sowohl der Gegner und Befürworter. Muss das sein? Es gibt nicht nur schwarz und weiß. Betrachten wir die Sache als eine schrittweise Modernisierung eines bestehenden Systems, welches sich über Jahrzehnte hinziehen wird. Man muss halt mal anfangen.

    Die Lösungen für Probleme werden wir finden, wenn sie in der Zukunft auftauchen. Stattdessen wird jede Änderung schlicht abgelehnt, was Stillstand bedeutet. Was Stillstand für technischen Fortschritt bedeutet, sollte eigentlich jedem klar sein. Wer nicht nachkommt, ist raus! Und wir leben vom Export.
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  • E. V.
    Wie wäre es, wenn die Stadt die Dachflächen der Häuselbauer anmietet und die PV Anlage da selber baut/betreibt?
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  • D. H.
    Klimaschutz und Energiewende sind grundsätzlich erstrebenswerte Ziele. Nur im Dunklen funktioniert keine PV-Anlage. Bei Windstille gibt es aus den Mühlen auch nichts. Täte mich mal interessieren, wie sich unsere "Vertreter" die Abdeckung von Grund- und Spitzenlast vorstellen.
    Wir sind übrigens in diesem Jahr bereits 3 mal knapp an einem Blackout vorbeigeschrammt. Es scheint egal, wenn dann aus Polen Kohlestrom oder aus Frankreich Atomstrom importiert wird. Hauptsache: D ist klimaneutral.
    Bauwillige werden mittlerweile mit immensen Kosten geradezu "bedroht". Soll das ein Versuch sein, Neubauten zu verhindern?
    Ganz nebenbei: Ich beziehe meinen Strom zu über 80% aus der eigenen PV-Anlage mit Batteriespeicher. Aber das und vor allem Grün(e) muss man sich auch leisten können.
    Würde mich interessieren, ob es bei den "Hardlinern" ein Konzept außerhalb der Ideologie gibt.
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