Dass er an seinem Arbeitsplatz in einer renommierten Forschungseinrichtung gemobbt wurde, kurz vor einem Burnout stand und sich nur deswegen im Darknet Kokain zu therapeutischen Zwecken bestellte, hat ein Schöffengericht dem Angeklagten in der Verhandlung in Würzburg geglaubt: Verurteilt wurde der Mitarbeiter wegen Erwerbs und Besitzes von Betäubungsmitteln in zehn Fällen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird.
Zu den Bewährungsauflagen gehören eine Geldbuße von 3500 Euro und sechs Drogen-Screenings (Kontrolluntersuchungen) auf eigene Kosten. Das Urteil ist rechtskräftig. Bestellt hatte der Wissenschaftler das Kokain bei einer Firma in Niedersachsen, die aus dem Darknet heraus "wie andere Internet-Firmen auch", so ein Ermittler als Zeuge vor Gericht, "Werbeaktionen durchführte, zwischendurch auch mit Rabatten auf sich aufmerksam machte und den Stoff klassisch, per Post, zustellen ließ".
Bezahlt wurde in der Kryptowährung "bitcoin", aufgeflogen war der florierende Handel durch Schlamperei beim Versand. Als zahlreiche falsch adressierte Sendungen zurückkamen, schöpfte man bei Post und Polizei Verdacht, und dann hatten über 200 Kunden bundesweit ganz schnell ein Ermittlungsverfahren am Hals. Die gesamte Kunden- Datei und der email-Verkehr konnten sichergestellt werden.
Der Angeklagte hatte in zehn Fällen jeweils zwei Gramm Kokain bestellt und das dann so konsumiert, dass seine Arbeit davon nicht betroffen wurde. Nach dem Konsum gewährte er seinem Körper einen oder auch mehrere Tage Ruhepause. Kontakte und soziale Bindungen habe er nach der "Kokain- Therapie" jeweils für einige Tage ausgesetzt. Vor dem Konsum überprüfte er, ganz kritischer Wissenschaftler, ob es sich tatsächlich um die versprochene hohe Qualität mit einem Wirkstoffgehalt von bis zu 90 Prozent handelte.
Der Angeklagte lässt sich regelmäßig testen
Vor der "psychischen Ausnahmesituation im Job" habe er keine Drogen konsumiert, so der Angeklagte, "während des Studiums vielleicht ab und zu mal". Dass er bei seiner letzten Bestellung statt der sonst üblichen zwei Gramm gleich zehn Gramm bestellte, erklärte er damit, dass er sich einen Vorrat für den Urlaub zulegen wollte. Diese Lieferung konnte bei einer Hausdurchsuchung noch sichergestellt werden.
Es gab keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte auch andere mit Stoff versorgte. Positiv gewürdigt hat das Gericht sein sogenanntes Nachtatverhalten: Er hatte sich umgehend in ein Abstinenzprogramm begeben und sich sofort ein Jahr lang regelmäßig testen lassen zum Beweis dafür, dass er den Drogenkonsum wirklich sofort einstellte. Zu Entzugserscheinungen war es bei ihm nicht gekommen. Mit dem Kokain habe er die während der Woche erlebten Beeinträchtigungen, die ihn bereits depressiv werden ließen, zu kompensieren versucht.
Staatsanwalt und Verteidiger waren einer Meinung
Da der Angeklagte inzwischen den Arbeitsplatz gewechselt hat, sei nicht davon auszugehen, dass er in alte negative Verhaltensmuster zurückfalle, so das Gericht. Es sei für ihn, sagte die Vorsitzende Richterin am Ende der Urteilsverkündung, insgesamt "ganz knapp noch gut ausgegangen". Sie wünschte dem Angeklagten, dass es ein "einmaliger Ausrutscher" war.
Es war ein ganz anderer Drogenprozess als die meisten anderen, sowohl vom Motiv her als auch von der Reaktion des Angeklagten auf die Ermittlungen. Und so kam es zu der ungewöhnlichen Situation, dass der Verteidiger nach dem Plädoyer des Staatsanwalts erklärte, er könne sich weitgehend auf dessen Ausführungen zu "Pro und Contra" beziehen. Alles, was über seinen nicht vorbestraften Mandanten und dessen vorübergehenden Drogenkonsum zur Behandlung seiner psychischen Talfahrt anzumerken sei, so Rechtsanwalt Klaus Spiegel, habe der Staatsanwalt, bereits gesagt. Der hatte ebenfalls Strafaussetzung zur Bewährung für vertretbar gehalten.
Nicht das die im Gericht jetzt noch übermütig werden und die 10g gleich auf einmal aufbrauchen werden.