Nach den Olympischen Spielen in Tokio im Sommer dieses Jahres konnte man sie wieder bewundern, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Paralympics. Menschen mit einem Handicap, sei es von Geburt an, durch einen Unfall oder eine Krankheit verursacht, bringen schier unvorstellbare Leistungen hervor. Auch viele Künstler mit Handicap überwinden ihr Schicksal und erreichen ein hohes Niveau in ihrem Metier. Was steckt da jeweils an Willensstärke, an Hoffnung und Einsatzbereitschaft dahinter, sich nicht in einer Opferrolle einzuhüllen, sondern die eigenen Möglichkeiten zu ergreifen? Auch Hilfe von außen ist dafür notwendig: Aufmunterung, Ermutigung, finanzielle Unterstützung, Bereitstellen von Hilfsmitteln aller Art.
An diesem Sonntag schildert das Markusevangelium die Heilung des blinden Bartimäus. Um sein Handicap zu überwinden, ruft er den in seiner Nähe vorbeikommenden Jesus. Bartimäus lässt sich auch dann nicht davon abbringen, als die Menschen um Jesus versuchen, ihn ruhig zu stellen. Zu groß sind sein Wunsch und seine Hoffnung auf Heilung. Er schreit noch lauter. Und die Hilfe kommt: Jesus hört ihn und lässt ihn rufen. Da warf er seinen Mantel weg, sprang auf und lief auf Jesus zu. Der Blinde ergreift die Möglichkeit, die sich ihm bietet. Indem er den Mantel wegwirft, in den er gehüllt war, öffnet er sich für das Neue, für seine Heilung. Jetzt muss er sich Jesus gegenüber nur noch zu seiner Erwartung bekennen: „Was willst du, dass ich dir tun soll?“ „Rabbuni, ich möchte wieder sehen können!“
Das Evangelium zeigt: Dort, wo Eigeninitiative und Hilfe von außen, in diesem Fall „himmlische“ Hilfe, zusammen kommen, kann etwas Neues, ja da kann ein Wunder geschehen. Die große Erwartung des Bartimäus, seine vertrauensvolle Beziehung zu Jesus („Rabbuni“ heißt „mein Meister“) und die Zuwendung Jesu zu ihm bewirken die Heilung.
Viele Menschen leiden auch heute unter großen Belastungen oder unter Handicaps in ihrem Leben. Unsere Gesellschaft, ja die ganze Menschheit, steht vor riesigen Herausforderungen. Da hilft es nicht weiter, im Klagen und Jammern stecken zu bleiben. Beides kann der erste notwendige Schritt sein. Doch dabei darf es nicht bleiben. Wie es weiter gehen kann und soll, zeigt das Evangelium, zeigen die Biographien von vielen Menschen mit Handicap: Es braucht eine Haltung der starken Erwartung (Was will ich wirklich?), der Hoffnung (Was trägt mich?) und des Vertrauens (Es gibt Hilfe!). Dann sind Schritte in eine neue Zukunft, dann sind Wunder möglich!
Der Autor: Rainer Zöller, Pastoralreferent im Ruhestand in Waldbüttelbrunn.