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Würzburg
Wort zum Wochenende: Einfach mal durchschnaufen im atemraubenden Alltag!
Klaus Betschinske ist Pfarrer in Billingshausen.
Foto: Gabriele Betschinske | Klaus Betschinske ist Pfarrer in Billingshausen.
Pfarrer Klaus Betschinske
 |  aktualisiert: 14.08.2023 03:23 Uhr

Ich sitze am Schreibtisch. Tief in meiner Arbeit versunken, höre ich im Hintergrund Glocken. "Was? Schon so spät?" Ich vergewissere mich durch einen Blick auf meine Armbanduhr. Es ist schon 12 Uhr. Ich muss los. Schnell geht es zum nächsten Termin – schließlich werde ich erwartet.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Finden Sie sich wieder – oder erleben Sie Ihren Tag ganz anders? Bei mir jagt häufig ein Termin den anderen. Es gibt so viel zu tun. Dies oder jenes ist zu erledigen. Manchmal überlege ich: Wo bleibe ich dabei?

Ich muss an eine Begegnung vor ein paar Jahren denken. Im Supermarkt traf ich einen Bekannten. Gemeinsam standen wir in der Warteschlange vor der Kasse. Wir hatten uns schon längere Zeit nicht mehr gesehen und kamen ins Gespräch. Er erzählte mir, dass er nun zwar in Rente sei, es ihm aber nicht langweilig werde. Er sei für die Enkel da, kümmere sich um den großen Garten… Zwischendurch schaute er ungeduldig vor zur Kasse. Sein Kommentar: "Heute dauert es wieder extrem lange! Warum machen sie nicht eine zweite Kasse auf?" Nach längerem Anstehen endlich dran, zahlte er schnell und verabschiedete sich mit den Worten: "Kennen Sie den neuesten Rentnergruß? – Keine Zeit!"

Der Zeitdruck – ich muss an einen Industriellen denken, der eine große Firma leitete. Seine Besonderheit war: Er trug keine Uhr. Stolz erzählte er: "So gerate ich nicht in Zeitdruck!" Aber ist das so?

Eine Uhr am Handgelenk lädt mich ein innezuhalten

Seit zwei Jahren trage ich eine neue Uhr – genau genommen einen kleinen Computer – an meinem Handgelenk. Diese Uhr lädt mich ein, immer wieder einmal innezuhalten, zwischendurch eine kurze Pause zu machen und Atem zu holen. Ich setze mich dann hin, schaue auf die Uhr – nicht auf das Zifferblatt, sondern auf eine Art Blume, die größer und kleiner wird. Sie leitet mich an, langsam und bewusst ein- und auszuatmen. Nach der Übung erscheint der Kommentar: "Gut gemacht!"

Zunächst fand ich diese Funktion amüsant, doch mittlerweile nehme ich mir diese kurze Zeit am Tage und atme tief durch. Mal innehalten, sich Zeit nehmen, durchschnaufen – das tut nicht nur meinem Körper gut, sondern auch meiner Seele. Manchmal falte ich die Hände und spreche ein kurzes Gebet: "Danke, guter Gott, du schenkst mir Zeit. Ich bin mehr als das, was ich tue und was ich leiste. Danke, Herr!"

In einem modernen christlichen Lied heißt es in der letzten Strophe: "Du schenkst uns Zeit! Wir wollen sie gestalten, als dein Geschenk in unsern Händen halten. Herr, lass uns stille werden, dass wir sehn: Du willst zu aller Zeit mit uns durchs Leben gehen." (Evang. Gesangbuch Nr. 592,6)

 
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