"Vierter Gang, dritte Loge links", weißt Oliver Trahndorff Gäste ein. Wer keine Phantasie hat, sieht drei Bierbänke, ein Sofa sowie diverse Matratzen und erkennt später auch im etwas unbedarften Monsieur Racine nicht den freundlichen Platzanweiser.
Für ein halbes Stündchen ist das Wohnzimmer in der Katharinengasse 19 ein kleines Theater – sogar mit Klavier und Schlagwerk, denn Trahndorff ist professioneller Percussionist. "Eigentlich hatte die Geschichte "Das Biest des Monsieur Racine" von Tomi Ungerer eine Lesung werden sollen", erklärt Barbara Trahndorff die Entstehung der neuen kleinen Sommerhäuser Bühne. "Ja. Aber das machen wir szenisch" habe die befreundete Regisseurin Ivona Jera den nächsten Schritt vorgegeben. Und dann sei eins zum anderen gekommen. Weil Jera nicht nur Regisseurin ist, sondern durch und durch Theaterfrau, war das Kinderbuch zum Schluss ein frei adaptiertes Bühnenstück und eine Liebesgeschichte geworden, in der Sommerhausens französische Partnergemeinde Vernou genauso vorkommt wie der künftige Präsident von Amerika. Herrliche Anspielungen und feiner Wortwitz ließen das Publikum schmunzeln, lachen und mitsingen.
"Auf Theater habe ich immer Lust", bestätigt Trahndorff, alias Racines Nachbarin Charlotte, ihre lange schon betriebene Schauspielerei. Und zu Hause können wir die Proben legen, wie wir wollen, nennt sie einen ganz pragmatischen Grund für das Wohnzimmertheater, wo früher schon einmal kleine Hauskonzerte veranstaltet wurden. Ivona Jera und Barbara Trahndorff kennt man als Regisseurin und Schauspielerin in Brigitte Obermeiers Theater Sommerhaus. Für Jera war es die Gelegenheit, endlich auch wieder selbst auf der Bühne zu stehen, noch dazu als prächtiger, multifunktionaler Birnbaum, der auch als französische Telefonstimme großartig amüsierte. Eine Vorstellung lang hatte sie sogar einen jungen, kitzeligen Birnbaum an ihrer Seite: ihre theaterbegeisterte, sechsjährige Enkelin Naёlle Züllig. Sehr spontan, ganz ohne Probe, nickt sie.
Für drei Adventswochenenden bereicherte das Wohnzimmertheater das Programm des Sommerhäuser Weihnachtsmarktes. "Kein klassisches Weihnachtsstück, nein, aber es geht um Freundschaft und Liebe und das passt zu Weihnachten", sagt Barbara Trahndorf. Tatsächlich hätten sie nur mit ein paar Freunden und Bekannten gerechnet, mussten dann sogar Leute wegschicken, wundern sie sich erfreut über die Resonanz und die vielen Komplimente.
Nun spielen sie mit dem Gedanken auch im nächsten Advent wieder eine kleine Aufführung zu inszenieren. Doch am 19. Januar kommt erst noch einmal "Das Biest des Monsieur Racine" auf die Bühne, um 15 und um 17 Uhr.
