Den Traum vom Fliegen hatten schon viele – einmal alleine wie ein Vogel durch die Luft gleiten. In der Vergangenheit gab es auf dem Landesgartenschaugelände am Würzburger Hubland viele Flugpioniere, für die dieser Traum Wirklichkeit wurde. Weil das Gelände, früher Galgenberg genannt, für Flieger eine große Bedeutung hat, steht die erste Themenwoche der Landesgartenschau unter dem Motto „Fliegerei und Abheben“.
Die Organisation dieser Themenwoche hat maßgeblich der Flugsportclub Würzburg mit seinem Vorsitzenden Michael Hoffmann (54) und dem Ehrenvorsitzenden Heinz Gräf (71) übernommen. Besonders stolz sind die beiden Männer dabei auf die sogenannte Gummiseilstartaktion. „Das wird ziemlich spektakulär“, sagt Hoffmann.
Dabei geht es um den vorgeführten Start mit einem sogenannten „Schulgleiter 38“. Dieser war von 1938 bis 1955 der Top-Ausbildungsflieger für angehende Segelflieger. Bei den Vorführungen auf der Landesgartenschau werde der SG 38, wie der Schulgleiter verkürzt genannt wird, auf bis zu vier Meter hochgestelzt und mit Gummiseilen von 20 Menschen gezogen. Wenn das Seil gelöst wird, könne der Pilot dann um die 100 Meter fliegen. Für die Vorführungen kommt extra ein Pilot von der Fliegerschule Wasserkuppe in der Rhön, von der auch der SG 38 ausgeliehen wird.
Der Flug in dem Schulgleiter-Flug kann sehr abenteuerlich sein
„Wenn man diesen Schulgleiter sieht, dann denkt man: ,Donnerwetter, die haben sich was getraut früher‘“, sagt Michael Hoffmann. Es habe schon einiges an Mut dazugehört, so etwas damals zu bauen und zu fliegen. Das bestätigt auch Heinz Gräf. Sein erster Start auf dem Schulgleiter sei ziemlich abenteuerlich gewesen. „Man fühlt sich wie auf einer Schleuder und man hat ja auch keine Instrumente an Bord. Also man muss alles nach Gefühl machen“, erzählt er.
Die Gummiseilstartaktion ist eine der Startmöglichkeiten eines Segelflugzeugs. Doch es gibt noch weitere. Und die sollen Schulklassen in einer Unterrichtsstunde während der gesamten Landesgartenschau näher gebracht werden, zum Beispiel auch durch Kurzfilme.
„Beim Segelfliegen startet und landet man immer gegen den Wind“, sagt Gräf. Er weiß, wovon er redet. Heinz Gräf fliegt seit 52 Jahren Segelflugzeuge, seit 46 Jahren ist er auch Motorflieger. „Ich muss mich immer fragen beim Segelfliegen: Bleibe ich oben, darf ich noch ein Stück, oder muss ich zurück zum Platz?“
Michael Hoffmann ist Motorflieger, ist aber bei einem Segelflug dabei gewesen. „Segelfliegen ist schon sportlich“, findet er, „die Flieger sind immer auf der Suche nach der Thermik.“ Thermik, das ist eine Art von Aufwind. Dabei erwärmt die Sonneneinstrahlung den Boden und damit verbunden die Luft in Bodennähe, die dann nach oben steigt. Diese Stellen zu finden, da gehöre viel Erfahrung zu, so Gräf.
Seinen Reiz habe das Segelfliegen und das Fliegen allgemein unter anderem durch die Verbundenheit zur Natur, so Michael Hoffmann. „Wenn man im Frühjahr wieder in der Luft ist, die Bäume wieder grün werden und die Farben wieder reinkommen, dann ist das unglaublich erhebend“, erzählt er. Als Pilot wisse man zum Beispiel auch, dass der Regenbogen kein Bogen, sondern ein Ring ist. „Wenn man Glück hat und die Sonne niedrig steht, dann kann man den Ring sehen. Das haut einen dann echt komplett weg“, schwärmt er.
Fliegen braucht volle Konzentration, da haben Alltagssorgen keinen Platz
Außerdem würden beim Fliegen alle Lasten von einem Abfallen, da sind sich die beiden Männer einig. Heinz Gräf war 33 Jahre lang Berufsschullehrer. Er habe in dieser Zeit oft viel Stress gehabt. „Aber wenn ich samstags zum Flugplatz bin, mich in den Segelflieger gesetzt habe, war der Stress weg, sobald ich mich ausgeklinkt habe und selber geflogen bin“, erzählt er. Das liege vor allem daran, dass beim Fliegen die ganze Konzentration nur darauf liege, geschickt in der Luft zu agieren. „Ich denke dann an nichts anderes mehr. Man muss sich auf das Flugzeug konzentrieren und deshalb baut man alles ab, was einem Ärger bereitet hat“, so Gräf.
Hoffmann sei zum Segelfliegen durch die Kinderserie „Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt“ gekommen. „Da hatte es mich gepackt und ich habe gedacht ,Das würde ich schon gerne machen‘“, erzählt er. Aber damals sei das alles noch weit weg gewesen, und das Geld dafür war auch nicht da. Doch irgendwann sei der Punkt gekommen, es zu probieren. Bei Heinz Gräf habe alles mit dem Modellfliegen angefangen. „Als der Arzt meinem Vater das Rauchen verboten hat, hat er sich gefragt ,Was mache ich jetzt mit meinen Händen?‘ Und dann hat er sich einen Modellflugbaukasten gekauft“, erzählt Gräf. Er sei dann damit so reingewachsen, habe sich auch auf Meisterschaften engagiert und sei dann irgendwann zum Segel- und Motorfliegen gekommen. „Wenn einer Modellflieger war und dann das Segel- und Motorfliegen lernt, dann hat er riesige Vorteile“, sagt Gräf.
Es gab die Idee, den bayerischen Ministerpräsidenten einzufliegen
Ursprünglich habe man für die Landesgartenschau sogar geplant, dort auch richtig zu fliegen. „Am Anfang war das alles noch viel größer gedacht und auch mit dem Luftamt schon abgesprochen“, erzählt Heinz Gräf. Aber dann sei die Bebauung immer enger geworden und es wurden immer mehr Bäume gepflanzt. Es habe sogar die Idee gegeben, den Ministerpräsidenten und den Würzburger Oberbürgermeister vom Schenkenturm aus einzufliegen, aber wegen der Vorschriften gehe das nun nicht, bedauern Gräf und Hoffmann.
„Wir wollen jetzt einfach zeigen, dass das ein toller Flugplatz da oben war“, sagt Gräf. Deshalb wird es auch eine Ausstellung mit 25 DIN-A1-Bildern geben, die die Geschichte des ehemaligen Flugplatzes darstellen. Denkt der 71-jährige Heinz Gräf an diese Vergangenheit, kommt er ins Schwärmen. Denn der Flugplatz Galgenberg war der erste Flugplatz überhaupt in Würzburg.
„Dort sind in der Fliegerszene unheimlich berühmte Leute ausgebildet worden, wie zum Beispiel Elly Beinhorn“, erzählt Gräf. Im Juni 1924 wurden ein Flughafen und eine Fliegerschule eröffnet. Doch dann kamen auch die Schattenseiten der Flugplatzgeschichte: Während des Dritten Reichs wurden der Flugplatz und seine Einrichtungen von den Nationalsozialisten als Fliegerhorst genutzt. Dort wurde in der Mitte des Zweiten Weltkriegs das dunkelste Kapitel in der Geschichte des Hublands geschrieben, als ausländische Arbeitskräfte und Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Nachdem dort nach dem Zweiten Weltkrieg die US-Armee einzog. Diese verbot dann das Fliegen auf dem Galgenberg und den Besitz von Flugzeugen. „Das letzte Bild der Ausstellung leitet dann zu unserem heutigen Flugplatz am Schenkenturm über“, sagt Heinz Gräf.