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Rimpar
Wo das Gas durch Unterfranken strömt: Warum die Gemeinde Rimpar eine große Rolle für Europa spielt
Russland dreht das Gas ab: Eine imposante Anlage in Unterfranken trägt dazu bei, dass die Versorgung dennoch weiterläuft. Wie das funktioniert und was dahinter steckt.
Riesige Rohre mit gedämpftem Rauschen: Die neue Verdichterstation in Rimpar bei Würzburg ist für die Gasversorgung in Europa von Bedeutung.
Foto: Thomas Obermeier | Riesige Rohre mit gedämpftem Rauschen: Die neue Verdichterstation in Rimpar bei Würzburg ist für die Gasversorgung in Europa von Bedeutung.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:14 Uhr

Russland und sein Erdgas sind spätestens seit dem Krieg in der Ukraine ein Dauerthema. In Deutschland steht ein Netz von Fernleitungen am Anfang der Versorgungskette – so etwas wie  Autobahnen für Gas, bevor der Brennstoff auf kleineren Nebenstraßen in die Haushalte gelangt.

Die kleine Gemeinde Rimpar im Landkreis Würzburg spielt dabei eine bislang wenig bekannte, aber große Rolle. Einen Kilometer vom Ortsrand entfernt steht inmitten von Feldern eine Anlage, die einer der Garanten des Gastransports in Europa ist.

Dahinter wiederum verbergen sich enorme Zahlen: Würde man alle Gas-Fernleitungen in Deutschland aneinanderlegen, reichte dieses 40.000 Kilometer lange Rohr am Äquator einmal um den Globus herum. Fügte man noch die Gasrohre von den Fernleitungen hin zu den Gaswerken und Haushalten hinzu, dann käme man von der Erde bis zum 384.400 Kilometer entfernten Mond – und noch 90.000 Kilometer weiter.

Wer hinter der Gas-Verdichterstation in Rimpar steckt

Wer Gas von A nach B bringen will, muss das wie bei einer Luftpumpe mit Druck tun. Doch je länger die Leitung, desto mehr Schwung verliert das Gas. Also muss an bestimmten Punkten neuer Druck aufgebaut werden.

Genau das passiert in der Verdichterstation bei Rimpar. Verantwortlich dafür ist die Open Grid Europe GmbH (OGE) in Essen, die zu den zwölf Gas-Fernleitungsleitungsnetzbetreibern in Deutschland gehört. Rimpar hatte bislang vor allem die Aufgabe, dem aus Richtung Russland kommenden Erdgas neuen Druck zu geben auf dem Weg nach Süddeutschland und Frankreich.

Das Herzstück in Rimpar: OGE-Projektleiter Jochen Kemper zeigt auf den runden Apparat, in dem das Gas neuen Druck für die Fernleitung bekommt. Rechts ist ein Teil des Gehäuses zu sehen, in dem eine Flugzeugturbine für den Antrieb des Verdichters sorgt.
Foto: Thomas Obermeier | Das Herzstück in Rimpar: OGE-Projektleiter Jochen Kemper zeigt auf den runden Apparat, in dem das Gas neuen Druck für die Fernleitung bekommt.

Doch seit das Putin-Regime in Russland die Gashähne mehr und mehr zudreht, haben sich für die Anlage fünf Kilometer nördlich von Würzburg die Himmelsrichtungen gedreht. Floss das Gas in mehreren Fernleitungen bislang von der tschechischen Grenze kommend an Rimpar vorbei nach Westen Richtung Frankreich, fließt es seit wenigen Monaten nun von West nach Ost. Der Grund: Am Übergabepunkt in Waidhaus an der tschechischen Grenze kommt nichts mehr aus Russland an.

Laut der Open Grid Europe GmbH muss Gas nun unter anderem aus Norwegen, Großbritannien und von Flüssiggas-Terminals zu Vorratstanks in Ostbayern gepumpt werden. Technisch sei die 180-Grad-Drehung für die Verdichterstation in Rimpar kein Problem, erläutert Jochen Kemper. Der Projektleiter von OGE hat derzeit viel höhere Hürden zu nehmen: Sein Unternehmen baut in Rimpar seit Anfang 2020 für 150 Millionen Euro neben der 45 Jahre alten Verdichterstation eine neue.

Die neue Gas-Verdichterstation liegt etwa einen Kilometer vom Ortsrand von Rimpar (im Hintergrund) entfernt. Sie ersetzt die bisherige Anlage aus den 1970er Jahren.
Foto: Thomas Obermeier | Die neue Gas-Verdichterstation liegt etwa einen Kilometer vom Ortsrand von Rimpar (im Hintergrund) entfernt. Sie ersetzt die bisherige Anlage aus den 1970er Jahren.

Die neue Anlage hat eine enorme Dimension: Unter einer Fläche von etwa zehn Fußballfeldern liegen Rohre mit einer Gesamtlänge von 6,5 Kilometern. Ihr Durchmesser liegt zum Teil bei 1,40 Meter –  ein Kind könnte also locker durchlaufen.

Drei Hallen und ein Funktionsgebäude mit Kontrollraum stehen auf dem Gelände. Das Erdreich sei zu Baubeginn 28 Meter tief abgetragen worden, sagt Kemper, um für die Anbindung an die nahen Fernleitungen das passende Niveau zu bekommen.

Flugzeugturbinen sorgen in Rimpar für den richtigen Gasdruck

Enorm ist auch die Kraft, mit der das Erdgas in Rimpar neuen Schwung bekommt: Laut Kemper werden die drei Verdichter jeweils von einer Flugzeugturbine angetrieben. Diese Verdichter sind das Herzstück der Anlage, haben einen Durchmesser von knapp zwei Metern und bringen es in der Spitze auf nahezu 10.000 Umdrehungen pro Minute.

Das sorgt dafür, dass der Druck des Gases Richtung Fernleitungen von 65 auf 80 bar steigt. Zum Vergleich: Ein herkömmlicher Autoreifen hat einen Luftdruck von 2,5 bar. Wenn die Beschleuniger und die mit Gas betriebenen Turbinen auf vollen Touren laufen, wird es in den drei Hallen in Rimpar höllisch laut. Im Freien hört man an den Rohren das strömende Gas nur noch als gedämpftes, pfeifendes Rauschen.

Tausende solcher Riesenmutter wurden in Rimpar an den Verbindungsstücken der Gasrohre verbaut. Wie fest sie zugedreht werden mussten, war im Detail vorgeschrieben.
Foto: Thomas Obermeier | Tausende solcher Riesenmutter wurden in Rimpar an den Verbindungsstücken der Gasrohre verbaut. Wie fest sie zugedreht werden mussten, war im Detail vorgeschrieben.

Derzeit ist die neue Anlage im Probelauf. Für Ende 2023 sei die reguläre Inbetriebnahme vorgesehen, erläutert OGE-Betriebsbereichsleiter Jörn Albrecht. Dann werden etwa zwei Dutzend OGE-Beschäftigte in Rimpar dauerhaft beschäftigt sein. Schon jetzt gelten auf dem Gelände Vorschriften wie in einem Hochsicherheitstrakt, denn Gas ist leicht entzündlich. So gibt es einen ausgeklügelten Alarmplan mit Sirenen und Evakuierungsplänen.

Außerdem könne sich die Anlage an mehreren Stellen per Automatik selbst abschalten, sagt Albrecht. Die Turbinen der Gas-Verdichter seien mit Kohlendioxid-Löschern ausgestattet, die im Notfall von allein anspringen. Und sollte einmal der Strom ausfallen, dann können dem Betriebsbereichsleiter zufolge Dieselmotoren bis zu drei Tage lang die Lage in der Station überbrücken.

Oberstes Gebot Sicherheit: Genaue Vorgaben für die Rohrverbindungen

Schon bei deren Bau ging es um Sicherheit bis ins letzte Detail. So ist nach den Worten von OGE-Projektleiter Kemper in den Akten hinterlegt, mit welchem Drehmoment – also mit welcher Kraft – die Flansche zusammengeschraubt wurden. Diese Verbindungen zweier Rohre sieht man überall auf dem Gelände. Ein Flansch hat bis zu 56 Bolzen mit Muttern. Macht grob geschätzt einige tausend Muttern, die von den Arbeitern genau nach Vorgabe befestigt werden mussten. Denn dicht müssen die Rohre an jeder Stelle sein.

"Durch den Ukraine-Krieg ist unser Projekt noch mehr in den Fokus gerückt."
OGE-Projektleiter Jochen Kemper über den Neubau der Verdichterstation in Rimpar

Dazu gibt es auf dem Gelände 100 Blitzableiter, deren Höhe und Position nach Albrechts Worten exakt ausgerechnet wurden. Die Stangen bilden in der Summe eine Art Schutzhaube über die komplette Anlage, damit bei einem Gewitter so wenig wie möglich passiert.

All dieser Aufwand steht durch die aktuelle Gas-Krise in besonderem Licht - schließlich geht es um einen wesentlichen Teil der Energieversorgung in Europa. Rimpar sei da mittendrin, sagt Kemper.  "Durch den Ukraine-Krieg ist unser Projekt noch mehr in den Fokus gerückt."

Wo das Gas durch Unterfranken strömt: Warum die Gemeinde Rimpar eine große Rolle für Europa spielt

Rimpar und die Gas-Fernleitungen

Die Verdichterstation in Rimpar im Landkreis Würzburg ist Teil der "Mittel-Europäischen Gasleitung" (Megal), an deren Betreibergesellschaft die Open Grid Europe GmbH (OGE) beteiligt ist. Die Megal dient der Gasversorgung innerhalb Europas und ist hierzulande laut OGE "eine der wichtigsten Transitleitungen für Erdgas".
Die Anlage in Rimpar ist eine von 30 Verdichterstationen, die OGE in Deutschland betreibt. Sie gehöre zu den großen im Unternehmensnetz, so Sprecher Niko Bosnjak. "Die Leistungsfähigkeit von Rimpar ist sehr hoch." Die Station trage hierzulande entscheidend dazu bei, "die Verfügbarkeit des Gastransports zu gewährleisten".
Die Gasversorgung der Haushalte in Unterfranken hängt nicht direkt an der Verdichterstation in Rimpar. Das Gas für die Verbraucherinnen und Verbraucher werde an anderen Orten von der Fernleitung abgezweigt, so OGE-Betriebsbereichsleiter Jörn Albrecht.
aug
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  • peterlesbub
    DerKämmerer wirds über die Gewerbesteuer danken.
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  • familieschneiderrimpar@web.de
    Wenn ich anmerken darf ,nicht Würzburger Verdichterstation, sondern Rimparer Verdichterstation oder zumindest Verdichterstation im Landkreis Würzburg!
    Wir sind eigenständig!🙂
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