Mit einem mittelalterlichen Jahrmarkt und einer Zeitreise in die Vergangenheit, Musik und vielen Attraktionen feierte Neubrunn am Wochenende ausgelassen die erste urkundliche Erwähnung im Jahr 815 im „Retzbacher Vertrag“. Das Jubiläumsfest war Höhepunkt und gleichzeitig Abschluss des Jubiläumsjahres 2015. Rund 10 000 Besucher kamen laut Bürgermeister Heiko Menig über das Wochenende verteilt nach Neubrunn.
Seit dem Vertragsschluss zwischen Abt Ratgar von Fulda und Bischof Wolfger von Würzburg vor 1200 Jahren ist viel Wasser den Mühlbach entlang geflossen. Zahlreiche Kriege haben das Dorfbild geprägt. Noch heute ist für Neubrunn die Erteilung des Stadtrechtes von 1323 von prägender Bedeutung. Erlaubt es der – zusammen mit Böttigheim – 2200 Einwohner zählenden Gemeinde doch bis heute, sich Markt Neubrunn zu nennen. Offiziell bezeichnet das Wort „Markt“ im Ortsnamen eine Gemeinde, die einen Status zwischen Dorf und Stadt hat.
Der Name der Gemeinde rührt von neun Brunnen her, die ehemals im Dorfgebiet standen. Zentraler Ort ist das Neubrunner Schloss und der Schlossgarten, der eigens für die Feier neugestaltet wurde und kurzerhand zur Showbühne für Theaterstücke, Feuerschlucker, Musikanten und Gaukler wurde. Er mutierte sogar zum Catwalk „Kleider machen Leute – früher so wie heute“.
Es wurde viel in Neubrunn bewegt, berichtet Bürgermeister Heiko Menig. Bürger, Anlieger sowie die Gemeinde haben viel Geld in die Hand genommen, um den Ort für die Zukunft herauszuputzen. Straßen wurden saniert und der Lindenplatz neu gestaltet. Schirmherrin Barbara Stamm weihte ihn am Sonntag zusammen mit den Landtagsabgeordneten Manfred Ländner, Volkmar Halbleib sowie Vertretern der Fachbehörden und ausführenden Firmen ein.
Schmuckstück auf Vordermann
Sie gratulierte Bürgermeister Heiko Menig zur gelungen Umgestaltung. Für Stamm ist es der richtige Weg, Schmuckstücke von Zeit zu Zeit auf Vordermann zu bringen, um die ländliche Region für die Zukunft attraktiv zu gestalten.
Der Stein der Weisen vom Neubrunner Steinmetz Andreas Gugel war einer von vielen Besucher-Magneten der 1200 Jahrfeier. In einen 1,6 Tonnen schweren Jura-Marmor aus dem Raum Eichstätt hat Gugel Lebensweisheiten von Philosophen eingemeißelt. Seinen endgültigen Platz hat das Kunstwerk noch nicht gefunden, an geeigneten Plätzen mit historischem Hintergrund mangelt es aber sicher nicht.
An zwei Tagen konnten die Gäste im Markt Neubrunn durch den Ort flanieren, vorbei an insgesamt 40 Stationen. Für den kulinarischen Bereich waren die Ortsvereine verantwortlich. An neun Stationen gab es Neubrunner Spezialitäten wie Wildtopf, Dudelsklöße, Rindfleisch mit Meerrettich oder Maultaschen. Zum Bieranstich begrüßte Bürgermeister Heiko Menig Maria Martin von der Martins Bräu aus Marktheidenfeld. Anzapfen konnten beide das Fass allerdings nicht, denn das wehrte sich vehement. Durst leiden musste aber keiner, denn die Stände waren gut bestückt. Der Nachtwächter, alias Udo Pfreundschuh, führte zu jeder vollen Stunde durch den Ort und schaute, ausgestattet mit allen Insignien des damaligen Berufs wie Kutte, Spieß, Laterne und Horn, überall nach dem Rechten. Bei 40 Stationen reichte ein Tag fast nicht aus, um das umfangreiche Programm zu bestaunen.
In verschiedenen Höfen konnten die Besucher Vorführungen historischer Handwerkskunst bestaunen. Beim historischen Wäschewaschen der Waschweiber wurde am Waschbrett oder am Wäsche-Stampfer gearbeitet. Beim Seilmacher konnten die Kinder aus zehn einzelnen Hanfseilen Hüpfseile drehen. Erwin Breuning (68) hat das alte Handwerk noch von seinem Vater gelernt. Christine Hofmann und ihr Mann Stefan assistierten ihm als „Jung-Lehrlinge“. Julius Pfreundschuh verkaufte im Kramer Laden alte Handelswaren hinter der Theke seiner Urgroßmutter. Das Inventar wie Ladentheke und Regale sowie original Kaffee-Ersatz-Päckchen wurde von seinem Vater Udo eigens für das Fest aus dem Landkreis Bad Kissingen geholt. Die Kasse allerdings ist ein Neubrunner Original und Erbstück aus dem längst geschlossenen Gemischtwarengeschäft von Mathilde Blatz. Weiter reichte das Angebot in den Höfen über Körbe flechten, Klöppeln im historischen Haus mit original Inventar, Schuhmacherhandwerk, Münzen prägen, Feldbearbeitung, Line-Dance, der Zimmerer-Zunft der Wandergesellen bis zu einer Fülle an Fotoausstellungen und liebevoll dekorierten Straßenzügen.
Ein echtes Familienpaket
Das Würzburger Greifenpack und die Feuershowgruppe „fortes-homines-ignis“ entführten ins Mittelalter mit Lagermusik und Schaukämpfen. Die Falknerei der Gamburg begeisterte mit ihrer Greifvogelshow genauso wie die Rettungshundestaffel des BRK. Der Verein „Bunte Hunde“ unterhielt mit einem Werbelauf für den Hundesport. Es war ein echtes Familienpaket, was die Neubrunner auf die Beine gestellt haben und ließ fast keine Wünsche offen.
Anton Schlagmüller, Musiker der Jazz Band der „Isar-Dixie-Stompers“ und gebürtiger Neubrunner, ist es zu verdanken, dass die Münchner Musiker in Neubrunn für Swing sorgten. „Es ist ein wunderbares Gefühl, nach Hause zu kommen und vertraute Gesichter zu finden. Hier fühle ich mich wohl, hier bin ich daheim“, resümierte er.
