"Es ist genug", singt Elias, der Prophet aus dem Alten Testament. Ihm hat der Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy sein Spätwerk gewidmet, das er ein Jahr vor seinem Tod 1846 vollendete. In der vollbesetzten St. Johanniskirche brachten es der Bachchor Würzburg, das Vocalensemble Würzburg und die Münchner Bachsolisten im Rahmen der Bachtage 2023 zur Aufführung.
Es ist ein Oratorium voll farbiger, dramatischer, fesselnder Momente mit lyrisch-heiteren Passagen, alttestamentarischer Frömmigkeit und romantischer Idylle, die Leiterin Hae-Kyung Jung mit Solisten, Instrumentalisten und Chören in gut zwei Stunden beeindruckend herausarbeitete. Eine der Herausforderungen dieses Werkes, das als Brücke zwischen Klassik und Romantik anzusehen ist, liegt in den immer wieder wechselnden Gemütsverfassungen, die der Chor übermitteln darf, und den individuellen Charakteren der handelnden Personen. Das sind eine Witwe, Königin und König Ahab, die Engel, ein Knabe, der wohlhabende Obadjah und der Prophet Elias.
Hohe Emotionalität
Im ersten Teil geht es angesichts von Dürrekatastrophe und Hungersnot um Glaubenskrisen und die Frage nach dem rechten Gott, um einen Gnadenbeweis durch ein Wunder und einen Gott der Stärke. Der zweite Teil lässt den lebensmüden, resignierenden Propheten ganz sanft den dem Menschen zugewandten Gott erfahren.
Bassbariton Leonhard Geiger gibt seinem umfangreichen Part viel Tiefe und immer wieder hohe Emotionalität. Zum milden Klang des Cellos erklingen in der berührenden Arie "Es ist genug" Resignation, Anklänge von Verzweiflung, aber auch feierliche Ergebenheit. Doch der Sänger kann auch provokativ ("Rufet lauter"), fromm im Gebet ("Herr Gott Abrahams, Isaacs und Israels und lockend ("Kommt her").
Sopranistin Christina Roterberg gestaltet mit Hingebung und Fantasie. Schlicht interpretiert sie etwa die Arie "Höre Israel", hat ein Strahlen in ihrer Stimme bei "Weiche nicht" . Barbara Buffy weiß mit ihrer wohlgeführten Altstimme ebenso Akzente zu setzen wie Hans-Jörg Mammel, dessen Tenor durchaus schmeicheln kann. Wunderschön drei Chordamen als Engel im frommen Terzett "Hebe deine Augen auf" und sicher der Knabensolist der Würzburger Domsingknaben.
Applaus und Bravo-Rufe
Die Chöre werden sicher und wohltönend vom variabel musizierendem Orchester begleitet, von flüsternden oder schwirrenden Geigern, von weichen Holzbläsern und dröhnendem Blech, von der ständig präsenten Pauke. Die Sängerinnen und Sänger singen weich und federnd ("Wohl dem, der den Herrn fürchtet)", verzweifelt oder wild erregt ("Aber der Herr sieht es nicht" oder "Baal, gib uns Antwort" ) und trösten beschwingt in "Fürchte dich nicht". Tosender Applaus und Bravo-Rufe.
Die Würzburger Bachtage 2023 bieten noch bis 3. Dezember Chor- und Kammeronzerte, Festgottesdienste und zum Abschluss ein Gastspiel der Wiener Sängerknaben. Das komplette Programm steht unter www.bachtage-wuerzburg.de