Am Nikolausberg, auf dem Weg hoch zur Frankenwarte, treffen sich zwei Wege, deren Namen Böses ahnen lassen: der Leutfresserweg und die Kniebreche. Da kann einem schaudern, da kann man aber auch einen schönen Blick genießen: übers Tal hinweg auf die Südseite der Festung. Hinunterwärts grünt, bis zum Weg zur Neuen Welt, eine große 13 000 Quadratmeter große Wiese, mit viel Hecke und mächtigen alten Bäumen. Hier will die Langguth-Stiftung, die Eigentümerin dieser Wiese, acht, vielleicht auch neun Einzelhäuser bauen lassen, auf Grundstücken, 800 bis 1200 Quadratmeter groß.
Verschönerungsverein (VVW) und Bund Naturschutz (BN) halten nichts davon. Der VVW beschreibt den Hang als Frischluftschneise und die Wiese als „authentisches Zeugnis der einstigen Naturbeschaffenheit der Winterleite“. Der BN meint, das Gebiet zeichne sich aus „durch eine hohe ökologische Wertigkeit“, es präge das Landschaftsbild.
Auch Anwohner sind dagegen
Auch die Anwohner sind, was Anwohner bei solchen Gelegenheiten meistens sind: dagegen. Zu einem Ortstermin mit dem Umwelt- und Planungsausschuss kamen gut 20 mit vielen Argumenten: die Aussicht würde verbaut, schrecklich aussehende Garagen drohten ebenso wie ein teurer Straßenausbau. Alte Bäume würden vernichtet, eine Frischluftschneise zugebaut, Parkplätze fehlten, die kulturhistorische Bedeutung der Gegend litte – am oberen Rand des Gebiets steht das Gut zur Neuen Welt, das heute Studierende bewohnen, früher aber eine Künstlerkolonie war.
Sie fürchten, dass noch mehr Häuser an den Hang gebaut würden, wenn die Stadt jetzt nachgibt. Gebaut würde nur für Reiche, wo Würzburg doch Wohnraum für viele brauche.
Tilman Christner, der planende Architekt der Stiftung, versuchte vor Ort dagegenzuhalten. Die Häuser, die gebaut werden sollen, wären nicht anders als jene, wie die Anwohner sie bewohnen. Die Eingriffe ins Grün stellte er als vergleichsweise gering vor. Philipp Niggl, der Anwalt der Stiftung, meinte, Wohnraum für Wohlhabende sei Mangelware in Würzburg; teuer bezahlte Leute würden ins Umland ziehen, der Stadt entgingen Steuereinnahmen.
Im Anschluss an den Ortstermin tagte der Umwelt- und Planungsausschuss im Rathaus. Die Fronten waren von Beginn an eindeutig: die Mehrheit priorisierte den Schutz von Klima, Natur und Stadtbild, die Minderheit die Entwicklung des Baugebietes als Chance für Bevölkerungswachstum und größeres Steueraufkommen. Elf Ratsmitglieder meinten, die geplanten Eingriffe ins Grün würden das Ergebnis nicht rechtfertigen. Vier Ratsmitglieder stimmten für die Bebauung.
Der Beschluss des Umwelt- und Planungsausschusses geht als Gutachten an den Stadtrat, der am 20. Oktober endgültig über den Plan entscheidet.
Neuer Versuch nach 2020?
Niggl, der Anwalt der verhinderten Investoren, vermutete im Gespräch mit der Redaktion, dass die Langguth-Stiftung nach der Kommunalwahl 2020 einen neuen Versuch starten werde.
Anmerkung: In der ursprünglichen Fassung ist der Eindruck entstanden, dass der Beschluss des Umwelt- und Planungsausschuss das Aus für die Bebauung bedeutet. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.
der Leutfresserweg wurde nach Angaben der Stadt Würzburg in den 1920er Jahren ersterschlossen.
Freundliche Grüße!
wolfgang.jung@mainpost.de