"Wir sind keine Ideologen, die Autos verteufeln", sagt Eckhard W.K. Beck vorneweg. Er betont es, weil er selbst und seine Frau Anne-Rose schon seit fast 14 Jahren kein Auto mehr fahren. Früher hatte das Ehepaar mit drei Kindern eine typische Familienkutsche der Kompaktklasse. Doch als der Wagen seinen Dienst getan hatte, schafften Eckhard und Anne-Rose Beck keinen neuen mehr an.
Natürlich gebe es Fälle, in denen jemand unbedingt ein eigenes Auto braucht, sagt Eckhard Beck. Sein Sohn zum Beispiel, der Verantwortlicher im Bereitschaftsdienst eines Bauhofs ist und bei winterlichen Verhältnissen morgens in aller Herrgottsfrühe klären muss, wo im Umkreis Schnee oder Eis liegen und ob die Streufahrzeuge 'rausgeschickt werden müssen.Im Zweifelsfall muss er rasch von vom Würzburger Stadtteil Heidingsfeld nach Waldbüttelbrunn kommen. Das geht, sagt Beck senior, eben nur mit dem Auto.
Der 69-Jährige selbst, Betriebswirt, fuhr früher nach Kitzingen zum Dienst, zeitweise bis nach Hanau. Und weil er Naturschutzwächter ist, gingen viele Familienausflüge in Naturschutzgebiete, zu Steinbrüchen, Burgen und Höhlen - mit öffentlichen Verkehrsmitteln teils eher schwer, mit dem Auto dagegen gut erreichbar. In den vergangenen Jahren unternahm Beck solche Touren durchaus mit dem öffentlichen Nahverkehr. Oft war er mit Gruppen interessierter Naturliebhaber unterwegs, denen er die Schönheit der Natur vor Augen führte. Irgendwann beschlossen er und seine Frau: Sie legen sich kein Auto mehr zu.
Kurzer Weg zur Straßenbahn
Immer beginnen ihre Wege an der Tür des vom wilden Wein in Heidingsfeld völlig zugewachsenen Hauses. Zur Straßenbahnhaltestelle in "Hätzfeld" dauert es drei bis fünf Minuten. Von dort ist es mit der Straba eine gute Viertelstunde in die Stadt, in einer halben Stunde ist man beim Hauptbahnhof.
Eckhard W. K. Beck sagt, er sei heute nicht mehr so gut zu Fuß wie früher. Die Fahrten zum Arzt sind häufiger geworden, die Kurzreisen seltener. Trotzdem will er gerade auf die nicht verzichten. Dabei beschränke er sich keineswegs nur auf die Deutsche Bahn, sagt der 69-Jährige. Denn die sei nicht gerade daran interessiert, auf preisgünstige Verkehrsverbünde hinzuweisen, von denen es aber einige im und über den fränkischen Raum hinaus gebe. Als Beispiel nennt Beck den Verkehrsverbund Rhein-Neckar, über den ein Erwachsener vom Hauptbahnhof Würzburg beispielsweise bis nach Mannheim - circa 170 Kilometer - für 10,90 Euro kommt. Becks Gegenrechnung: Allein die reguläre Fahrt nach Schweinfurt über 40 Kilometer mit der Deutschen Bahn kostet schon elf Euro.
Mit "Premium-Abo" und "Spar-Abo" gut gerüstet
Beck sen. besitzt ein übertragbares "Premium-Abo" der Würzburger Straßenbahn, seine Frau ein "Spar-Abo persönlich". Unter der Woche kommen die beiden damit gut zurecht. Die 66-jährige Anne-Rose Beck richtet sich ihre Termine ab neun Uhr früh ein - ab diesem Zeitpunkt gilt ihre Karte für Bus und Straßenbahn in Würzburg. Eckhard Beck hat das Abo, mit dem er täglich im Bereich Würzburg und außerdem in den Ferien, an Wochenenden und abends ab 18 Uhr samt einer zweiten Person und Kindern im gesamten Netz des Tarifgebietes fahrberechtigt ist.
An den großen Bronnbachsee
So können die Becks am Wochenende eine Reise an den großen Bronnbachsee bei Nürnberg planen: Das Premium Abo gilt bis Uffenheim, und im Zug löst Beck für die weitere Strecke im Verkehrsverbund für den Großraum Nürnberg (VGN) das Ticket für zwei Personen an Samstag und Sonntag für insgesamt 19,70 Euro ("TagesTicketPlus"). Dies deckt die Strecke Gunzenhausen-Pleinfeld-Ramsberg ab, wo sie an die Schiffsanlegestelle am Bronnbachsee gelangen. Über den See nach Enderndorf zum anderen Ufer zu fahren kostet dann extra.
Übernachten die Becks auf den Ausflügen, unternehmen sie Uferspaziergänge und weitere Busfahrten - zum Beispiel nach Roth, von wo der Zug die beiden mit dem gültigen VGN-Ticket wieder zurück gen Würzburg bringt.
Die Erfurter Bahn in der Nähe
Auch die Erfurter Bahn hat der Würzburger im Blick. Sie macht Station in Gemünden, Hammelburg, Schweinfurt, Ebenhausen, Bad Kissingen, Münnerstadt, Bad Neustadt und Mellrichstadt und fährt als "Unterfranken Shuttle" bis Meiningen. Bis Gemünden reicht an den Wochenenden den Becks das Premium Abo; die EIB (Erfurter Industriebahn) bietet als Schnäppchen eine Sieben-Tageskarte pro Person für 36 Euro an.
In den Schatzkammern der Blumen- und Steinewelten
Ob Becks Ausflüge nach Volkach machen oder Richtung Main-Spessart unterwegs sind- oft schließen sich Bekannte gerne an. Nicht nur, weil Naturschutzwächter Beck die Schatzkammern der Blumen-, Wiesen- und Steinewelten der Region kennt und gerne sein Wissen teilt. Sondern auch, weil er sich nichts gefallen lässt. Oft weiß er über die Tarifbedingungen besser Bescheid als mancher Omnibusfahrer, der vielleicht nur zwischenzeitlich auf einer Linie eingesetzt ist. Und wenn er irgendwo stehen gelassen wurde, weil trotz Angabe auf dem Fahrplan ein Omnibus überhaupt nicht kam, gab's Krach beim Anbieter. Sein Geld für die alternative Beförderung, also meist das (Sammel-)Taxi, habe er dann zurückbekommen, erzählt ÖPNV-Fachmann Beck.
Zufrieden ohne eigenes Auto
Sind die Becks glücklich ohne Auto? "Es ist besser gelaufen als gedacht", sagt Beck. Und räumt ein, manches "geht ohne Auto nicht". Er will aber ein bisschen Vorbild sein, was den Verzicht aufs eigene Auto anbelangt. Der Umwelt zuliebe. Im Zug zu lesen oder einfach nur die Aussicht zu genießen - das mag das Paar. "Oder schlafen", sagt Anne-Rose Beck mit einem Augenzwinkern.
Schon in ihrer Kindheit und Jugend sei sie viel gelaufen, zur Schule zum Beispiel, und Fahrrad gefahren, erzählt Anne-Rose Beck. Ihr Mann machte damals mangels anderer Möglichkeiten mit dem Drahtesel auch schon mal Ausflüge mit über 100 Kilometern am Tag. Aber jemandem, der - wie er ja auch - doch Jahrzehnte lang Auto gefahren ist, falle es vielleicht schon schwer, aufs Auto zu verzichten, überlegt Beck. Reisen müssen besser geplant sein, der Rucksack besser gepackt werden, weil man sonst zu sehr schleppen müsse.
Vorteil des Verzichts: Man spart viel Geld
Ein Vorteil sei jedoch, dass der Verzicht Geld spart: Die beiden Becks investieren im Jahr etwa 1000 Euro für beide in Fahrscheine. Ein Auto hätte in Anschaffung, Unterhalt und Betrieb ein mehrfaches gekostet, ist sich das Paar einig. Und wenn es wirklich mal was Größeres einzukaufen oder etwas Schweres zu transportieren gibt, dann haben die Becks noch ihre drei Kinder. Die und Freunde oder Nachbarn, sagen sie, "helfen bei Bedarf immer".