Weil der Bau von großen Wohnanlagen im Naherholungsgebiet Steinbachtal immer wieder für Kritik gesorgt hatte, stellte der Stadtrat im Jahr 2015 Leitlinien für die Bebauung auf. Der Orts-Charakter des Steinbachtals sollte so bewahrt bleiben. Das Baureferat will sich aber daran nicht halten, sondern eine Ausnahme zulassen.
Quer durch die Fraktionen hatten Mitglieder des Stadtrats damals unter anderem Obergrenzen für Grundfläche und Geschossflächenzahl von Bauprojekten im Steinbachtal festgelegt. Die Geschossflächenzahl ist ein Maß für die bauliche Verdichtung, sie gibt das Verhältnis der Baumasse eines Hauses zur Grundstücksgröße an.
Keine großen Wohnanlagen mehr im Steinbachtal
Ziel der Politik war es, weitere größere Wohnanlagen und Geschosswohnungsbauten, wie sie in den Jahren davor im vorderen Teil des Tals bis zur Hubertusschlucht entstanden waren, zu verhindern. Zudem sollten die wichtigen Frischluftschneisen und der Fortbestand des Naherholungsgebietes Steinbachtal gesichert werden. Im Vorfeld hatten sich zahlreiche Bürger dafür ausgesprochen, den Charakter des beliebten grünen Tals zu erhalten.
Eine Ausnahme von der damals beschlossenen "Klarstellungsregelung" will das Baureferat jetzt bei der Genehmigung von zwei Einfamilienhäusern machen. Auf dem Grundstück in der Steinbachtalstraße - an dessen Straßenseite ein historischer Pavillon steht - sollen zwei Häuser und zwei Doppelgaragen gebaut werden. Bisher stand hier ein Haus, das inzwischen abgerissen wurde.
Mehr als 50 Prozent über der festgelegten Höchstgrenze
Während die "Klarstellungssatzung" eine maximale Grundfläche von 220 Quadratmeter und eine Geschossflächenzahl von 0,3 vorschreibt, ist die geplante Bebauung deutlich massiver. Die beiden geplanten Gebäude sind mit je 310 Quadratmetern 40 Prozent größer als in der Satzung erlaubt; die Geschossflächenzahl liegt mit 0,46 sogar mehr als 50 Prozent über der festgelegten Höchstgrenze.
"Das Bauvorhaben ist jedoch trotz Überschreitung der vorgenannten Richtwerte bauplanungsrechtlich zulässig", heißt es in der Beschlussvorlage des Baureferats. Denn laut Paragraf 34 der Bayerischen Bauordnung seien die Pläne genehmigungsfähig, weil sich Art und Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung einfügen. Einen Bebauungsplan gibt es für diesen Teil des Steinbachtals nicht. Der Bau- und Ordnungsausschuss wird sich am Mittwoch mit der Bausache beschäftigen.
"Wir haben uns gefreut, dass der Stadtrat diese Leitlinien aufgestellt hat, um die Qualität des Steinbachtals zu erhalten und weitere Verdichtung zu verhindern", sagt Andreas Volpert vom Bürgerverein "Rettet das Steinbachtal". Um so unverständlicher sei deshalb, dass diese jetzt nicht angewendet werden sollten. "Wenn die Stadt die Pläne genehmigt, werden weitere ähnliche Ausnahmen die Regel werden", befürchtet Volpert.
Die scheibchenweise Verschandelung historisch gewachsener und sensibel bebauter Flächen zugunsten maximalen Profits einzelner Bauherrn und zum Nachteil von Nachbarn und Gemeinwesen geht fröhlich weiter. Im Steinbachtal darf man vermutlich davon ausgehen, daß der ungenannte Investor nicht etwa Lieschen Müller ist, sondern jemand mit dickem Konto und vor allem besten Beziehungen.