Dass es in Jurten, wie sie die Mongolen oder Pfadfinder verwenden, kuschelig und naturverbunden zugeht, kann man sich leicht vorstellen. Zwei von ihnen sollen am geplanten Naturkindergarten am Aussiedlerhof Marienhof bei Güntersleben entstehen. Allerdings müssen die ungewöhnlichen Behausungen gleich mehrere Hürden im bayerischen Planungsrecht nehmen: Weder die bayerische Bauordnung noch das Fördermittelsystem sind auf die Genehmigung nomadischer Behausungen ausgelegt.
Es gebe dennoch erste positive Signale der Behörden, stellt Günterslebens Bauamtsleiter Martin Stöcker auf Anfrage fest, lässt aber keinen Zweifel daran: Das Projekt steht oder fällt damit, ob der Freistaat bereit ist, das Vorhaben entsprechend zu fördern. Die Schwierigkeiten, dies abzuschätzen, kommen daher, dass das üblicherweise angewendete Programm die Fördermittel nach Flächen und Räumen festlegt. "Da passen wir ganz klar nicht hinein", stellt Stöcker fest: "Bei uns sind alle Räume in einer Jurte vereint." Die Gespräche laufen. Eine genaue Berechnung der Kosten hat der Gemeinderat vor kurzem beim Planer, dem Büro Living Circles aus Schwäbisch Gmünd, beauftragt. Sie sind die Grundlage für alle weiteren Schritte.
Neuland in Unterfranken
Living Circles hat in Baden-Württemberg schon mehrere ähnliche Projekte erfolgreich umgesetzt. In Unterfranken beschreiten die Planer Neuland. Planer und Geschäftsführer Krishna Saraswati ist dennoch zuversichtlich, die Auflagen in den Griff zu bekommen. Beton-Fundamente etwa sind im Außenbereich einer Gemeinde untersagt. Für sie wäre eine Baugenehmigung nötig, die nur schwer zu bekommen ist. Saraswati setzt auf ein anderes System: Erdschrauben, die sich in den Boden bohren und den zeltähnlichen Rundlingen den nötigen Halt verleihen. Dass die Jurten spurlos zurückgebaut werden können, ist Teil des Konzepts Naturkindergarten: "Mit dem Kindergarten wollen wir nicht zerstörend, sondern im besten Fall bereichernd wirken", versichert Saraswati.
Für das Abwasser könnte ein schon vorhandenes Pflanzenklärbecken genutzt werden. Das Gesundheitsamt trifft die Entscheidung. Auch die verwendeten Materialien seien naturnah, wie vor allem Holz, Glas und Metall oder Schafwolle für die Dämmung. Die Zeltaußenhaut – ein echtes Hightech-Produkt – ist mit Glasfasern verstärkt. Erst in der Verbindung von traditionellem Bauen mit moderner Technik wird das Vorhaben möglich.
Auch das pädagogische Konzept des Trägers, den Johannitern, passt zu den Jurten. Bei dem runden Grundriss biete es sich an, in Kreisform beieinander zu sitzen, miteinander zu spielen und zu lernen, so wie es Kinder gerne mögen, weiß der Planer. Da zwei Jurten vorgesehen sind, gibt es auch Rückzugsraum. Das große Oberlicht und große Fensterflächen öffnen zudem den Blick in die Natur und zum Bauernhof, an den der Naturkindergarten eng angebunden ist. Es ist vorgesehen, dass sich die Kinder um die Tiere kümmern, viel Zeit im Freien verbringen und die umliegenden Wiesen, Felder und Wälder erkunden. Es gibt zudem Überlegungen, dass die Montessori-Schule hier einen Ort findet, um ihren "Erdkinderplan" umzusetzen, einem außerschulischen Lernort, bei dem die Kinder soziales Verhalten einüben können.
CSU kritisiert fehlende Ausschreibung
Umstritten ist, dass die Gemeinde auf eine Ausschreibung des Bauvorhabens verzichtet. Die CSU-Fraktion hat dies im Gemeinderat kritisiert, geschlossen dagegen gestimmt und eine Ausschreibung durch ein neutrales Büro gefordert. Sie befürchten hohe Kosten. Laut Stöcker ist diese in diesem Fall nicht nötig: "Es gibt kein vergleichbares Produkt auf dem Markt." Die Jurten seien patentiert. Daher gebe es ohnehin nur einen Anbieter. Zudem seien die beiden Jurten günstiger als Alternativen wie Container oder Kleinhäuser in Modulbauweise.
Bis Kinder um die Jurten herum toben, sind noch einige Hürden zu nehmen. Eines ist sicher: Am Interesse der Eltern scheitert das Vorhaben nicht. Die 25 Kindergarten-Plätze sind schon jetzt komplett ausgebucht. Die Hofwochen des derzeit noch provisorisch im Jugendtreff im Lagerhaus untergebrachten Naturkindergartens sind bei den Kindern beliebt wie kaum etwas anderes.