Es sieht aus wie in einer Weihnachtswerkstatt: In einer Ecke stapeln sich Kisten voller Geschenkpapier und Geschenktüten. Am großen Tisch in der Mitte stehen knapp 20 Männer und Frauen, die Geschenke einpacken: Handtücher, Socken, Kinderspielzeug. Es sind die Helfer von Sant’Egidio, die seit Wochen das alljährliche Weihnachtsmahl vorbereiten. Seit Ende der Achtziger veranstaltet Sant‘Egidio am 25. Dezember in Würzburg ein Weihnachtsessen für Obdachlose, Familien aus sozialen Brennpunkten, alleinstehende Rentner: Menschen, die an diesem Tag sonst alleine wären.
Über tausend Gäste werden erwartet
„Gerade am 25., wenn gutbürgerliche Familien zusammen zuhause feiern, leiden die einsame Menschen besonders darunter“, sagt Dieter Wenderlein von Sant’Egidio Würzburg. Deshalb sei es den Helfern wichtig, das Essen direkt an Weihnachten zu veranstalten. Mit den Jahren ist das Weihnachtsessen in Würzburg zu einer immer größeren Veranstaltung geworden. 2017 kamen 1200 Gäste und 500 Helfer in der Posthalle zusammen. Letztes Jahr entschied das Organisationsteam, das Fest auf mehrere Standorte aufzuteilen. „Wir wollten von dem riesigen Hallencharakter weggehen, um zu vermeiden, dass es eine Massenveranstaltung wird“, so Wenderlein, der deutschlandweit die Eine-Welt-Arbeit von Sant’Egidio leitet. Außerdem wolle man auch Menschen erreichen, die keinen Bezug zur Posthalle haben. In diesem Jahr wird es wieder mehrere Feste geben: Neben der Posthalle zeitgleich auch in der Marienkapelle, dem Pfarramt der Erlöserkirche in der Zellerau, und im Pfarrheim St. Albert, Lindleinsmühle. Im Ehehaltenheim St. Niklolaus findet ein Café-Nachmittag statt.
Jeder Gast erhält ein Geschenk
Und jeder der Gäste wird ein Geschenk erhalten. Dafür wurden Wunschbäume aufgestellt, unter anderem im Cineworld in Dettelbach und beim Automobilzulieferer Brose in Lengfeld. Auch Privatpersonen haben Geld- und Sachspenden gebracht. „Der Anspruch ist, dass jeder ein Geschenk bekommt, das zu ihm passt und worüber wir uns auch freuen würden“, sagt Wenderlein. Die Geschenke sind neu, haben keine Werbeaufdrucke und werden mit einem Namensanhänger versehen. In der „Geschenkewerkstatt“ im Valentinum werden sie eingepackt. Eine der Helferinnen ist Siglinde Krauthausen. Seit über zehn Jahren engagiert sie sich bei Sant’Egidio. In den letzten Dezemberwochen packt sie jeden Tag nach der Arbeit Geschenke ein. Das ganze Jahr freue sie sich darauf, dass es losgeht. „Das ist für mich Weihnachten“, so Krauthausen.
Sant’Egidio ist auf Mithilfe angewiesen
Am Tisch stehen auch viele Männer. Einer von ihnen ist Armin. Er kommt aus Bosnien und ist seit 18 Monaten in Deutschland. In einer Sprachschule von Sant’Egidio lernt er deutsch. „Ich will einfach helfen“, sagt er. In Bosnien habe er eine Pfadfindergruppe geleitet. Jetzt möchte er sich auch in Deutschland engagieren. „Das Schöne an diesem Weihnachtsfest ist, dass es mit den Jahren immer mehr eine gemeinsame Anstrengung von vielen geworden ist“, sagt Dieter Wenderlein. Alleine könne Sant’Egidio das Fest nicht stemmen. Denn es gibt neben dem Geschenk für jeden Gast eine Suppe und eine Hauptspeise: Blaukraut, Fleisch, Knödel, serviert auf Porzellantellern. Auch eine vegetarische Alternative wird angeboten.
Spiritueller Aspekt des Weihnachtsmahls
Einrichtungen aus ganz Würzburg helfen mit. Das Geschirr stellt das Hotel Rebstock, die Metzgerei Hollerbach spendet das Fleisch. Zubereitet wird das Essen von der Hubland-Mensa und dem König-Ludwig-Haus. Die Malteser bringen das Essen zu den Standorten. Ein Busunternehmen stellt einen Bus, mit dem Familien zu den Standorten gefahren werden. Wenderlein sieht im Weihnachtsmahl einen spirituellen Aspekt. Es gehe an Weihnachten schließlich um eine Flüchtlingsfamilie, der überall die Türen verschlossen wurden. „Das ist die Realität von Weihnachten. Und diese Realität gibt es auch in unserem kleinen Würzburg.“
Viele Menschen haben sich angemeldet
Eingeladen werden Menschen, die zu den Angeboten von Sant’Egidio kommen: zum Beispiel in die Sprachschule oder die Mensa. Aber auch Schulen, Frauenhäuser oder Altenheime machen Sant’Egidio auf mögliche Gäste aufmerksam. Über das „Weihnachtstelefon“ hatten sich in den letzten Wochen viele Menschen selbst gemeldet. Für Wenderlein ist es beeindruckend zu sehen, wie froh es die Gäste macht, an diesem Tag nicht alleine zu sein. „So stellen wir uns Weihnachten vor.“