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GREUSSENHEIM
Wie den Greusemern der Schnabel gewachsen ist
Frauen hatten bei der Übergabe des Greusemer Dialektbuches das Sagen (von links): Dr. Monika Fritz-Scheuplein, stellvertretende Landrätin Elisabeth Schäfer, Julia Hessenauer, Burkard Reuther, Simone Bingel, Thomas Rützel und Karin Kuhn.
Foto: Franz Nickel | Frauen hatten bei der Übergabe des Greusemer Dialektbuches das Sagen (von links): Dr. Monika Fritz-Scheuplein, stellvertretende Landrätin Elisabeth Schäfer, Julia Hessenauer, Burkard Reuther, Simone Bingel, Thomas ...
Von unserem Mitarbeiter Franz Nickel
 |  aktualisiert: 07.01.2016 14:52 Uhr

Bei der Vorstellung des Greußenheimer (Greusemer) Dialektbuches wurde den Festgästen im aus den Nähten platzenden Saal des Pfarrheims deutlich, warum in einer Zeit mit Internet, I-Pad und I-Pod sowie ständig neuen eingebürgerten, englischen Begriffen eine solche Veröffentlichung so wichtig ist: Damit dieser – oft für einen Ort einzigartige Wortschatz – nicht auf der Müllhalde der Sprachgeschichte landet. Außerdem wären Unterhaltungen zwischen Einheimischen, und als „Neigschmeggder“ (Fremder) über die Ausdrucksweise der „waschechten“ Bürger langweiliger und meist nicht so komisch.

„Der Sinn und Zweck dieses Buches besteht darin, diese schöne Sprache als Kulturgut zu erhalten und auch weiterhin zu pflegen, damit sie nicht in Vergessenheit gerät“, brachte es Karin Kuhn vom verantwortlich zeichnenden Arbeitskreis auf den Punkt.

„Naü Aülä sidzn uffn Schaüärädouer“ – oder „Neun Eulen sitzen auf dem Scheunentor.“

Greußenheimer Dialekt

Das 190-seitige Werk „erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit“. Es sei ebenfalls unmöglich, alle Bedeutungen und Ausspracheweisen zu erfassen. Deshalb hätten die Mitarbeiter aufgeschrieben, was ihnen innerhalb zahlreicher Treffen während der vergangenen zwei Jahre eingefallen sei, „und wie uns der Schnabel gewachsen ist.

Im ersten Teil des Buches finden die Leser Geschichten über Greußenheim sowie den Alltag von früher und heute, mit aussagekräftigen Fotos bebildert. Der zweite Teil beinhaltet alphabetisch geordnet Wörter und Begriffe. Das Werk beinhaltet auch eine CD, auf der die Geschichten im perfekten Dialekt erzählt werden.

Das Buch hat den Untertitel: „Naü Aülä sidzn uffn Schaüärädouer“ (die hier angewandte Schreibweise entspricht wegen fehlender Laut-Sonderzeichen leider nicht ganz dem Original). Dieser Spruch bedeutet auf Hochdeutsch: „Neun Eulen sitzen auf dem Scheunentor“.

Am Aufsagen dieses Satzes sind mit Sicherheit schon einige Generationen von nach Greußenheim gezogenen Bürgern gescheitert. Sie wurden dennoch im Lauf der Zeit in die Dorfgemeinschaft integriert.

Karin Kuhn dankte vor allem Simone Bingel, Burkard Reuther und Julia Hessenauer für ihren in unzähligen Stunden geleisteten, ehrenamtlichen Einsatz. Auch Bürgermeister Thomas Rützel dankte allen, die zum Gelingen des Projektes beigetragen haben.

„Greußenheim liegt im Zentrum des unterostfränkischen Dialektraumes“, erklärte Dr. Monika Fritz-Scheuplein vom Dialektinstitut der Universität Würzburg in ihrem Kurzvortrag. Die Vielfältigkeit des Dialektes zeigte sie anhand des Beispiels „Sommersprossen“ auf. Während man sie in Greußenheim als „Muckenschiss“ bezeichnet, heißen sie nur wenige Kilometer weiter „Läusemucken“, „Sommervögel“ oder „Sommerflecken“.

Dr. Fritz-Scheuplein empfahl, die Geschichten aus dem Dialektbuch laut vorzulesen, dann verstünde man sie besser. Das Beifügen der CD lobte sie als „tolle Idee“.

Nach den Worten der stellvertretenden Landrätin Elisabeth Schäfer ist „der Dialekt die Sprache der Gefühle“. Das neue Buch stelle für Greußenheim eine „Schatzkiste“ dar und sollte als Vorbild für andere Kommunen dienen. Das Engagement der Mitglieder des Arbeitskreises sowie weiterer Unterstützer sei ihrer Ansicht nach ein „nachahmenswertes Beispiel, wie eine kleine Gemeinde etwas Großes leisten kann“. Die Veröffentlichung bilde nun einen „wichtigen Eckstein in der Dorfgeschichte“.

Viel Spaß hatten die Festgäste, als Frank Beck, Silke Westphal und Manfred Öchsner versuchten, völlig unvorbereitet eine Geschichte im Dialekt vorzutragen. Das hörte sich in etwa wie die ersten holprigen Leseversuche von ABC-Schützen an. Den Inhalt dieser Geschichte erfuhren die Anwesenden erst, als Christa Öchsner sie nahezu fließend vorlas.

Den musikalischen Rahmen der Feier bildete die Gruppe „Sax-Emotions“ unter Leitung von Clarissa Pöschl.

Greusemer Dialektbuch

Das Dialektbuch ist in einer Auflage von 500 Exemplaren erschienen. Einschließlich einer CD kostet es 17 Euro. Das gute Stück kann bei Karin Kuhn erworben werden unter: Tel. (09369) 2771.

 
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