Ungewöhnlicher Neujahrsempfang der Gemeinde Erlabrunn am Dreikönigstag: Statt gegenseitigem Schulter klopfen wurde in der TSV-Turnhalle schweres Geschütz aufgefahren. Beinahe 300 Besucher der Veranstaltung machten ihrem Unmut Luft über die Filial-Schließungen von Sparkasse und VR-Bank im Ort.
„Auch wenn?s Geld kostet: Zu einer Grundversorgung vor Ort gehört auch die Möglichkeit zur Erledigung von Bankgeschäften – vor allem auch für unsere älteren Mitbürger. Dieser Service muss gewährleistet bleiben.“ In bisher nicht gekannter, ungewöhnlich scharfer Form machte Bürgermeister Thomas Benkert (UBE) seinem Ärger über das Bankensterben im Ort Luft – und erntete dafür breite Unterstützung aus der Bevölkerung.
Den Worten folgten aber auch Taten. Die Besucher des Neujahrsempfangs trugen sich in Unterschriftenlisten ein, um ihren Forderungen gemeinsam Nachdruck zu verleihen. Über den Empfang hinaus sollen die Unterschriftenlisten in den örtlichen Geschäften und im Rathaus ausliegen, betonte Benkert auf Nachfrage der Redaktion.
Hintergrund der Aktion ist die Schließung der beiden Bankfilialen in Erlabrunn. Die Sparkasse hat bereits zum 30. September 2015 geschlossen. Die VR-Bank will zum 31. Januar ihre Zelte im Ort abbrechen. Auch in deren Filiale sollen dann die Lichter ausgehen.
„Nicht einmal das Angebot auf Mietverzicht durch die Gemeinde hat Sparkasse und VR-Bank von der Schließung ihrer Filialen abbringen können“, wetterte das Ortsoberhaupt. Dabei sei selbst der Wunsch nach einem gemeinsamen Bankautomaten als „wirtschaftlich nicht sinnvoll“ abgetan worden. Und selbst schriftliche Interventionen an Aufsichtsrat, Verwaltungsrat und Landrat Eberhard Nuß seien ohne befriedigendes Ergebnis geblieben für die Kunden vor Ort, schimpfte Benkert. Der Gemeinderat habe deshalb einhellig beschlossen, die Schließungen nicht ohne Widerstand hinzunehmen, verkündete Benkert unter dem tosenden Applaus der Bürger.
„Was wir fordern ist eine Minimalversorgung durch einen Bankautomaten und einen Kontoauszugdrucker. Denn was in anderen Gemeinde wie zum Beispiel in Greußenheim machbar ist, sollte auch für Erlabrunn zu realisieren sein“, fordert das Ortsoberhaupt.
Nach Auffassung von Joachim Erhard, Vorstandssprecher der VR-Bank Würzburg e.G., hinkt allerdings der angeführte Vergleich mit der Situation in Greußenheim. „Dort hat man sich auf eine Kooperation zwischen der Raiffeisenbank Höchberg und der Sparkasse verständigt. Die VR-Bank Würzburg ist nicht beteiligt. In Greußenheim sind zwei andere Partner zuständig als in Erlabrunn“, erklärte Erhard im Gespräch mit der Redaktion.
Gleichzeitig versicherte Erhard, dass es sich bei der Schließung der VR-Filiale zum 31. Januar keineswegs um eine „Hauruck-Aktion“ handele. Im Vorfeld der Entscheidung habe es Gespräche mit der Sparkasse zum Greußenheimer Modell gegeben, versichert der Banker. Natürlich habe man die Nutzungszahlen der beiden Filialen in Erlabrunn geprüft. Doch selbst wenn man sie addiert habe, sei die Zahl für einen weiteren Betrieb zu niedrig gewesen. „Dies ist deshalb so, weil die Kunden ihre Bankgeschäfte zum Großteil anderweitig und nicht vor Ort tätigen“, versuchte Erhard zu erklären.
Der VR-Chef wies aber ausdrücklich auf das bestehende spezielle Angebot für ältere Kunden hin: „Auf Wunsch werden die zuständigen Berater auch künftig zu Senioren oder nicht mobilen Kunden ins Haus kommen“, versicherte Erhard.
Unterdessen wird die Schließung der Bankfilialen auch im Internet auf facebook kontrovers diskutiert und kommentiert. Auch hier kommt in erster Linie Kritik und Unverständnis über die Entscheidung zum Ausdruck.
Mit persönlicher Beratung und Hilfe beim Ausfüllen von z.B. Überweisungen (gerade jetzt mit der ellenlangen IBAN) ist am PC ja schnell mal was falsch gemacht. Außerdem nimmt wohl der kleinste Teil der "Alten" aktiv an online-banking und Internetgeschäften teil.
Man kann es bedauern, aber es ist halt leider so wie auch mit den "Tante Emma-Läden" in den Dörfern oder auch Stadtteilen: Sie verschwinden!
Wo in der heutigen Zeit kein Profit mehr gemacht wird, kommt der Gemeinschaftssinn ganz schnell an seine Grenzen.
Das gilt für alle Bereiche des öffentlichen Lebens.
Eine Gemeinschaft in der die Starken die Schwächeren mitnehmen, wird kaum noch gelebt (hier meine ich nicht irgenwelche Vereinsmitgliedschaften).
MfG