Die Zusage fürs erträumte Studium ist endlich da, und schon stellt sich die nächste Hürde: Wo werde ich nun wohnen? Wohngemeinschaften (WGs) rangieren auf der Wunschliste von Studenten ganz oben. Zum einen wegen der Geschichten von legendären Partys, gemütlichen Filmeabenden oder den lässigen Gesprächen in der Gemeinschaftsküche. Zum anderen aus praktischen Gründen: Eine WG ist gegenüber einer eigenen Wohnung günstiger. Die Kehrseite: der nötige Putzplan und ständig besetzte Badezimmer.
Als Valentin Hautmann (24) für sein Medizinstudium 2014 nach Würzburg kam, brachte er schon ein Jahr WG-Erfahrung aus Berlin mit: „Ich wollte damals unbedingt eine große WG mit vielen Mitbewohnern, die möglichst zentral liegt. Nach einer Zeit habe ich dann gemerkt, dass mir ein Garten oder Balkon auch sehr wichtig wären“, erzählt er. Gesucht hat er wie die meisten anderen über das Internet auf Portalen wie „WG-gesucht“. „Bei den Anschreiben habe ich mir besonders Mühe gegeben“, erklärt er. Denn bei einem einigermaßen preiswerten Zimmer in guter Lage werden die Bewohner einer WG mit Anfragen regelrecht überflutet. Und diese wählen erst mal nach dem Sympathie-Faktor des Anschreibens aus, bevor sie zum Vorstellungsbesuch einladen.
Beim Vorstellungstermin neugierig und nervös zugleich
„Nachdem ich einige WG-Besichtigungen ausgemacht hatte, habe ich mir ein Auto geliehen, eine Matratze reingesteckt und bin das Wochenende über nach Würzburg gefahren. Mit einem Gefühl aus Nervosität und Neugierde bin ich dann zu den WG-Besuchen gefahren“, erinnert er sich und berichtet von einer Besichtigung im Dencklerblock, die damals befremdlich war und nun als Anekdote herhält: „Als ich wie abgemacht zu Besuch kam, war die Küche voll von Leuten, von denen die meisten aber gar nicht zur WG gehörten. Auch sonst interessierte sich auch kaum jemand für mich. Da fühlte ich mich etwas fehl am Platz."
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Doch nur ein paar enttäuschende Besichtigungen später hatte er dann Glück in einer großen WG, besetzt mit drei Mädels und einem Jungen. „Sie waren sehr nett, interessiert und wir haben uns gut unterhalten. Vor allem über meine Familie haben sie mich ausgefragt. Komisch war nur, dass wir zu zweit eingeladen waren, der Mitbewerber aber kaum etwas sagte. Am nächsten Tag haben sie mich zum Frühstück eingeladen und mich als neuen Mitbewohner willkommen geheißen“, erinnert er sich.
Im September ist die Konkurrenz besonders groß
Glück mit der guten und schnellen Wohnungsfindung hatte er wohl auch deshalb, weil er außerhalb der Stoßzeiten im Sommer gesucht hatte. Im Oktober, wenn alle ihre Zusagen für ihre Studiengänge erhalten, ist die Situation eine ganz andere. Das weiß auch Physikstudentin Sophie Häffele. Als sie im September letzten Jahres für ihr Studium nach Würzburg zog, musste sie mit unzähligen anderen Studienanfängern um einen guten Wohnplatz konkurrieren. Als Erstsemester hat man es noch einmal besonders schwer. Diese werden besonders kritisch beäugt, da sie meist keine WG-Erfahrung mitbringen.
Für die Zeit der Wohnungsbesichtigungen, quartierte sich Sophie Häffele in einem Hostel ein. Sophies Zimmersuche war erfolglos, sie lernte aber im Hostel noch zwei andere von der Suche frustrierte Studenten kennen. „Wir beschlossen, eine eigene WG zu gründen und uns dafür eine große Wohnung zu suchen“, erzählt sie. In der Nähe von Höchberg wurden die drei Studenten fündig, wenn auch nur übergangsweise. Die Wohnung war wenig anheimelnd, die Lage war ungünstig.
Immerhin konnte sie nun zu einer besseren Zeit im Mai ein WG-Zimmer suchen. „Von sieben Anschreiben habe ich fünf Einladungen bekommen und anschließend zwei Zusagen.“ Beide in guter Lage im Frauenland und in der Sanderau. Entschieden hat sie sich für die Sanderau – eine Dreier-WG in einer Altbauwohnung mit zwei Jungs. Der Preis stimmt und wohl fühlt sie sich dort auch. Bald darauf stand sie auf der „anderen Seite“ und musste selbst mit auswählen, wer zur WG dazukommen sollte. Ein Zimmer war frei geworden, und mit den 70 Anfragen fühlte sie sich fast überfordert.
Weit entfernt von Uni und Stadtzentrum
Die Qual der Wahl hat aber nicht ein jeder. Liegt die Wohnung von Universität und Zentrum weit entfernt, schmälert dies auch deren Attraktivität. „Im August hatten sich nur eine Bewerberin und im Mai nur drei Interessenten gemeldet, als bei uns ein Zimmer frei wurde“, erzählt Lukas Denk, 21, der nun sein Informatikstudium in Würzburg aufnimmt. Er hat ein Zimmer in Gerbrunn und weiß um die Vor- und Nachteile: „Zwar ist die Miete günstig, aber die Busverbindung ist nur tagsüber gut. Ein wenig mehr Zentrumsnähe würde ich mir schon manchmal wünschen.“
Wird ein Zimmer frei, muss dieses auch vergeben werden, wenn sich die Miete nicht auf weniger Köpfe aufteilen soll. So kann es hier leichter passieren, sich für den falschen zu entscheiden. Diese Erfahrung mussten er und seine Mitbewohner machen. „Einer, der bei uns einzog, wollte nach kurzer Zeit seine Miete nicht bezahlen, zeigte keinen Respekt vor den Mitbewohnern und zahlte die Kaution seinem Vormieter nur in Raten.“ Die Konsequenz: Er musste wieder ausziehen und die Suche begann von vorne.
Dreckige Küche, muffliges Sofa
Doch nicht immer sind Bewerber Bittsteller und die Bewohner Entscheider. Als Lukas Denk selbst noch auf Wohnungssuche war, erlebte er Besichtigungen, die er lieber schnell beendet hätte. „Einmal habe ich mich aus Versehen bei einer Studentenverbindung mit alter Villa und Fechtkeller beworben. Dort wird viel getrunken und es war ein recht düsteres altes Ambiente, das mir nicht gefiel“, erinnert er sich. Ein andermal wurde ihm die Tür von einem Typen in Boxershorts und Zigarette geöffnet, wonach sich ihm eine vollgestellte, dreckige Küche, ein muffliges Sofa und ein angeschimmeltes Zimmer darbot.
Dass die Entscheidung für beide Seiten gleich auf der Hand liegt, ist selten. Meist muss die WG zwischen mehreren sympathischen Kandidaten eine schwere Entscheidung treffen. Bevor Lukas Denk in Gerbrunn einzog, hatte er mehrere andere WG-Besichtigungen. „Ich hatte mich meistens gut unterhalten, einmal sogar dreieinhalb Stunden. Als dann die Absage kam, war ich schon etwas enttäuscht“, erzählt er.
Bloß nicht die Eltern mitbringen!
Die Klinke ihren Mitbewerbern in die Hand drücken musste Leonie Dittmann (24) nur dreimal, dann bekam sie ihre erste Zusage. „Ich hatte Glück“, erinnert sich die Auszubildende zur Medienkauffrau als sie vor zwei Jahren ein WG-Zimmer suchte. Sie hatte auch klare Kriterien, wie sie sich ihre WG wünschte: „Ich wollte weder eine krasse Party- noch eine Zweck-WG. Sie sollte gemischt sein, nicht zu teuer, und mit meinen Mitbewohnern wollte ich mich auch noch gut verstehen.“
Geschafft hat sie es. Dennoch weiß sie um ihr Glück, denn sie kennt die schwierige Wohnsituation in Würzburg: „Hätte ich lange suchen müssen, hätte ich vermutlich auch eine Zusage für eine Wohnung angenommen, die nicht so zu mir passt“, gesteht sie. Aber das hat sie hinter sich. Inzwischen lebt sie seit zwei Jahren dort und wenn ein Zimmer frei wird, müssen die Bewerber nun zu ihr und ihren beiden Mitbewohnern passen. Was bei ihr gar nicht geht? Wenn Bewerber zusammen mit ihren Eltern erscheinen. „Unselbstständigkeit ist für mich ein Ausschlusskriterium“, erklärt sie. „Und Erstis nehmen wir in der Regel auch nicht“, fügt sie hinzu. Hier schließt sich der Kreis. Die Zusage zum Studium ist eben nur die halbe Miete. Dann erst beginnt der Kampf ums Wohnen.
„StadtGespräch“ zum Thema „Wohnen in Würzburg“
Auf dem Podium werden Vertreter der Stadt Würzburg, von Wohnungsbauunternehmen, der Studierenden, von Sozialverbänden und vom Haus- und Grundbesitzerverein diskutieren. Auch die Zuhörer können sich zu Wort melden. Veranstaltet wird das „StadtGespräch“ von der Main-Post in Zusammenarbeit mit dem Rudolf-Alexander-Schröder-Haus. Der Eintritt ist frei.
nur weil es die Familientradition erfordert.
Das Handwerk würde sich freuen.
Und außerdem hat die Stadt von Zweitwohnsitzen auch nicht wirklich irgendwelche steuerlichen Vorteile.