Knapp zwei Millionen Euro soll der Landkreis für die Jahre 2005 bis 2007 zurückzahlen, weil Eingliederungsmittel nicht sachgerecht verwendet wurden – wir berichteten am 27. Juni. Kernpunkt der Kritik ist ein Pauschalvertrag zwischen dem Landkreis und der Kolping-Dienstleistungs-GmbH über die Schaffung von 600 Betreuungsplätzen für den Zeitraum von drei Jahren. Wie eine Prüfgruppe des Ministeriums herausgefunden hatte, waren nicht einmal die Hälfte dieser Plätze tatsächlich besetzt.
Im Zusammenhang mit dem Fall wurden Vorwürfe gegen Kolping laut, nicht rechtzeitig auf Fehlentwicklungen hingewiesen zu haben. Ziegler, von 1996 bis 2008 für die Freien Wähler im Kreistag, nimmt Kolping gegen diesen Vorwurf in Schutz. Die Schuld liegt nach Zieglers Ansicht in der rechtswidrigen Vertragsgestaltung und der schludrigen Handhabung des Verfahrens durch die Kreisverwaltung.
Ziegler wörtlich: „Nach dem Inhalt des Ende 2004 abgeschlossenen Vertrags wurde Kolping durch den Landkreis verpflichtet (!), Schulungseinrichtungen für ca. 700 Teilnehmer aufzubauen, über 30 Personalstellen einzurichten und für die gesamte Vertragsdauer vorzuhalten.“ Diesen Verpflichtungen sei Kolping nachgekommen. Jetzt den Eindruck zu erwecken, Kolping habe mit den Zahlungen des Landkreises großen Reibach gemacht, nennt Ziegler eine „böswillige Unterstellung“.
„Jeder weiß, dass eine derartige Infrastruktur viel Geld kostet. Es kann daher nur als böswillige Unterstellung angesehen werden, wenn jetzt der Eindruck erweckt wird, Kolping habe mit den Zahlungen des Landkreises den großen finanziellen Reibach gemacht“, betont Ziegler.
Der Ex-Kreisrat Ziegler hat im November 2004 in der entscheidenden Sitzung über die Eingliederungsmaßnahmen für die Langzeitarbeitslosen darauf hingewiesen, „dass diese Art der Vertragsgestaltung mit einer pauschalen Festbetragszahlung unabhängig von der Zahl der zugewiesenen Teilnehmer und ohne genauere Definition der Leistungen rechtlich problematisch sein könnte“. Diese Bedenken habe damals auch der Fraktionssprecher der SPD im Kreistag, Volkmar Halbleib, geäußert.
Ziegler erinnert sich, dass der Jurist der Landkreisverwaltung seine Bedenken abgetan habe mit der Bemerkung, dass alles rechtlich geprüft und eine andere Vertragsgestaltung nicht möglich sei. Deshalb habe er (Ziegler) schließlich zugestimmt. Nun hat sich dieses Vertragswerk als Bumerang für den Landkreis entpuppt, mit der letzten Konsequenz, dass Berlin knapp zwei Millionen Euro zurückfordert.
„Die Prüfberichte sind ein vernichtendes Zeugnis“
Josef Ziegler Ex-Kreisrat
„Offenbar hat niemand im Landratsamt interessiert, wie sich der Bedarf entwickelt. Die Teilnehmer wurden an Kolping überwiesen, ob sie dort ankamen, wurde nicht weiter verfolgt. Hauptsache weg, der Bund zahlt ja“, macht Ziegler weiter deutlich. „Hinweise von Kolping auf die mangelnde Auslastung, die es nachweislich gegeben hat, wurden ignoriert“, sagt Ziegler. Und weiter: „Mit einer Vertragsanpassung, die sich danach aufgedrängt hätte, wollte man sich offenkundig bewusst im Landratsamt nicht befassen. Als das Ministerium eine Prüfung veranlasste, stellte sich heraus, dass im Amt niemand sagen konnte, wie viele Teilnehmer man in die Fördermaßnahmen geschickt hatte.“
Der Hinweis auf fehlende EDV-Programme sind nach Zieglers Ansicht, eine mehr als armselige Entschuldigung. Zur Not hätten es auch handgeführte Strichlisten getan. Ziegler kommt zu dem Schluss: „Die Prüfberichte sind ein vernichtendes Zeugnis für die Führung und Organisation des zuständigen Fachbereichs im Landratsamt.“
Der Landkreis Würzburg war zu eng mit Kolping verbunden. Zu diesem Schluss kommen die Öko-Demokraten im Kreistag. ÖDP-Kreisrat Matthias Henneberger (Randersacker) erinnert daran, dass der damalige Landrat Waldemar Zorn, zugleich Verwaltungsratsvorsitzender der Kolping-Mainfranken GmbH war. Im November 2004 habe Zorn die Kreisräte wissen lassen, dass der langjährige Vertragspartner Kolping entgegen den Handhabungen in der gesamten übrigen Bundesrepublik, Langzeitarbeitslose viel besser und effizienter betreuen und wieder an Arbeitsplätze heranführen könne.
Kolping sei dafür so perfekt geeignet, dass man gar keine Ausschreibung benötige. „Mit überwältigender Mehrheit ließ sich der Kreistag damals um den Finger wickeln“, so Henneberger.
ÖDP-Kreisrat Uwe Dolata warnte davor Ausschreibungskriterien außer Acht zu lassen und dieser offensichtlichen engen Verbundenheit zwischen Landkreisspitze und Kolping Rechnung zu tragen. „Diese fehlende Transparenz hat sich nun gerächt“ meint Henneberger. Dolata appelliert an den Würzburger Kreistag, vollkommene Aufklärung per Beschluss einzufordern und Schadenersatzbestrebungen im Sinne der Bürger eindringlich prüfen zu lassen.
Für Henneberger gibt es auch Aufarbeitungsbedarf „zur nach wie vor seltsamen Zurückhaltung der Fachkräfte im Landratsamt beim Zustandekommen der Verträge“.