Der Zwischenzeugnistag ist lange nicht mehr so angstbesetzt wie er es vor einer Schülergeneration noch war. Das liegt nicht daran, dass Schüler heute vor schlechten Noten keine Angst mehr hätten; diese Angst verspüren sicher etliche Kinder noch immer. Weil aber in Unterfranken sehr viele Schulen frühzeitig – und lange vor dem Zwischenzeugnis – über Versetzungsgefährdungen informieren, hat sich der Bammel vor dem Zeugnistag in der Schuljahresmitte deutlich entschärft. Das sagt Petra Meißner, Leiterin der Staatlichen Schulberatungsstelle in Unterfranken.
"Noch vor einigen Jahren hatten wir hier in der Beratungsstelle einen Zeugnistelefondienst mit großer Besetzung", berichtet Meißner. Sie und ihr Team hätten sich um viele Anrufer kümmern müssen; etliche Schüler seien auch direkt vorbeigekommen. Mittlerweile aber könne man am Zwischenzeugnis-Freitag auf Zusatzkräfte verzichten. "Wissen Sie, wie es letztes Jahr war? Da hat sich am Freitag, telefonisch nur ein einziger Schüler bei uns gemeldet."
Zur Entzerrung tragen laut Meißner in den Grundschulen die Lernentwicklungsgespräche bei, die in der Mehrzahl der unterfränkischen Grundschulklassen 1 bis 3 die Zwischenzeugnisse ersetzen. Und in den Gymnasien und Realschulen dürfen die Zwischenzeugnisse laut Kultusministerium in den Klassen 5 bis 8 durch schriftliche Informationen übers Notenbild ersetzt oder ergänzt werden. In jedem Fall gehen die Zwischenmitteilungen an die Schülereltern Meißner zufolge "im Dezember, spätestens aber im Januar" raus. Hat ein Kind in einem oder mehreren Fächern also einen Fünfer oder einen Sechser oder gar mehrere schlechte Noten zu erwarten, wissen die Eltern schon lange vor dem Zeugnistag über Problemfächer Bescheid.
Mehr Psychologen und Beratungslehrer an Unterfrankens Schulen
Die Vorab-Information sei sinnvoll, weil sie in der Regel mit der Empfehlung einer Beratung verbunden sei, sagt Meißner. Gerade in den vergangenen Jahren sei die psychologische Beratung an Unterfrankens Schulen stark ausgebaut worden; ein Psychologe sei mittlerweile nur noch für rund sechs Realschulen oder zwei, maximal drei Gymnasien zuständig. Auch die Zahl der qualifizierten Beratungslehrer an Schulen sei erhöht worden, so dass gerade Fragen zur Schullaufbahn und zum Schulwechsel oft direkt in den Schulen selbst geklärt werden könnten.
Der Umstand, dass am Zeugnistag bei der Schulberatungsstelle nicht mehr so viele Krisentelefonate anstehen, bedeutet allerdings nicht, dass der Beratungsbedarf sich generell verkleinert hätte. "Er verteilt sich nur aufs ganze Jahr", so Meißner. Derzeit sei ihr Team oft mit Anrufen beschäftigt, bei denen es um einen Wechsel vom Gymnasium auf die Realschule gehe. Das sei fürs Ende des ersten Schulhalbjahrs typisch.
Angst vor den Abfragen, Probleme mit der Lernmotivation
Weiteres Thema bei Anrufen: Angst. "Gerade Unterstufenschüler rufen an, weil sie Angst vorm Ausgefragtwerden haben und Angst vor Schulaufgaben." Bei den Mittelstufenschülern drehe sich das Gespräch oft um Lernunlust und die Frage, wie man sich zum Lernen motivieren könne. "Manche fragen auch, wie sie mit den Erwartungen ihrer Eltern umgehen sollen, denen sie nicht entsprechen können", berichtet Meißner. Bei den Oberstufenschülern dominiere das Thema Stress; auch Identitätsprobleme kämen oft zur Sprache.
Die Schulberater kümmerten sich übrigens nicht nur um die Anfragen von Schülern; auch Eltern und sogar Lehrer hätten wegen Schulproblemen oft Gesprächsbedarf.