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WÜRZBURG
Wenn 41 Cellisten spielen
Katja Tschirwitz
 |  aktualisiert: 21.07.2014 20:38 Uhr

Peinlich. So der erste Eindruck des Konzerts „Celli pur“, eines vielversprechenden Projekts des Mainfrankentheaters: Matthias Steinkrauß, Cellist des Orchesters, hat (über)regional aktive Cellisten zusammengetrommelt – Profis, Studenten, Laien –, um ein 41-köpfiges Celloorchester zu formieren und in dieser Besetzung ein buntes Programm auf die Beine zu stellen.

Frisch und temporeich führte Johannes Engels durch den zwiespältigen Abend. Er schuf spannungsvolle Musikblöcke, warf musikgeschichtliche Seitenblicke und hatte alle Sympathien auf seiner Seite. Doch mit dem Einstieg hatten sich Initiatoren, Generalmusikdirektor Enrico Calesso und Ausführende keinen Gefallen getan. Auszüge aus den „Sinfoniae sacrae I und II“ des Renaissancekomponisten Giovanni Gabrieli wurden derart unsauber und unsicher interpretiert, dass dahinter auch ein Werk des 21. Jahrhunderts hätte stecken können. Weniger wäre auch bei einer Schulveranstaltung kaum zu erwarten gewesen.

Fast wollte man sich auf einen verlorenen Abend einstellen (Vivaldis „Konzert für zwei Violoncelli und Orchester g-Moll“ fiel mit reiner Cellobegleitung trotz guter Solisten ebenfalls unbefriedigend aus), da überraschte das Orchester mit Mendelssohns „Denn er hat seinen Engeln befohlen“. In voller Pracht entfalteten sich hier die Tugenden des Celloklangs wie Tiefe, Wärme und Körperlichkeit, die sich bislang in ein uneinheitliches, flaches, an Inzest krankendes Klangbild verkehrt hatten.

Ein Plus auch die original für Celloensemble komponierten Werke des 19. und 20. Jahrhunderts: In Georg Goltermanns „Religioso“, einem wunderbar süffigen Salonstück, war plötzlich alles da, was eines Violoncellos würdig ist: weich dahinschmelzende Kantilenen, Musik wie dunkelblauer Samt. Eduard Pütz’ „Tango passionato“, wenngleich etwas zurückhaltend interpretiert, und Friedrich Grützmachers „Consecreation Hymn“ kamen dem Ensemble ebenso entgegen. Elgars ersten „Pomp and Circumstance“-Marsch flankierten drei Schlagzeuger, deren Instrumente (die Triangel !!!) trotz angemessener Zurückhaltung seltsam nackt klangen über einem immer wieder eindimensionalen Celloorchester, das sich wenig pomphaft steigern konnte.

Nach Julius Klengels „Hymnus“ für zwölf Violoncelli schließlich das Glanzlicht: Sopranistin Silke Evers sang „Aria“ und „Danza“ aus Villa-Lobos’ „Bachianas brasileiras Nr. 5“ mit magischer Intensität. (Das rhythmische Rattern von Villa-Lobos’ „Kleiner Eisenbahn“ fiel danach zu verwaschen aus, um witzig zu sein.) Nach zwei Filmmusiken – Karas' Titelmusik zu „Der dritte Mann“ (1949) und Bonos Titelmusik zu „James Bond – Golden Eye“ (1990) – krönte Evers den Abend ein zweites Mal mit ihrer Zugabe, „Gabriella’s Song“ aus „Gabriella’s Song“ aus dem schwedischen Chorfilm „Wie im Himmel“.

Von unserer Mitarbeiterin Katja Tschirwitz

 
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    Wenn meine Kollegin so einen unprofessionellen Beitrag zu einem offenbar mit Herzblut ausgeführtem und dabei vom Publikum mit Begeisterung und ja, Begeisterungsstürmen, gelobt wird, kann man nur traurig den Kopf schütteln.

    In Klengels Hymnus gab es Gänsehautmomente unglaublich transparenter Klangfarbe. Ein weiterer bemerkenswerter Höhepunkt des Abends war das Arrangement des Konzertes für 2 Celli von Vivaldi, sowohl was das Arrangement, aber auch was das Spiel betrifft.

    Ein berührender, enthusiastischer und vor allem begeisternder Abend, chapeau an die tollen Musiker!
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    Liebe Mainpost-Redaktion,
    es ist wirklich eine Zumutung eine solch inkompetente Rezension zu lesen - DAS ist peinlich!
    In diesem Projekt ging es - wie korrekt am Anfang des Artikels beschrieben - um ein gemeinsames Projekt von Profis und Laien, die die Liebe zu ihrem Instrument verbindet.
    Was hier gefragt war, war nicht technische Perfektion, sondern die Freude am gemeinsamen Musizieren und die Hingabe an die Musik.
    Und ich bin mir sicher, dieser Funke ist auf Jeden im Publikum übergesprungen, das war an den begeisterten Gesichtern und dem nicht enden wollenden Applaus mit Standing Ovations deutlich wahrnehmbar.
    Nebenbei: Manche Sätze lassen ernsthafte Zweifel an der fachlichen Kompetenz von Fr. Tschirwitz aufkommen!
    - "unsauber und unsicher interpretiert"=Werk des 21. Jahrhunderts?!!
    - "Weniger wäre auch bei einer Schulveranstaltung kaum zu erwarten gewesen."
    Da läuft es mir wirklich eiskalt den Rücken runter, selten einen Artikel einer solchen Arroganz und Überheblichkeit gelesen...
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  • H. D.
    Nach 30 Jahren Abo Erfahrung weis man eigentlich die Kritik dieser zeitung einzuordnen . Verriss = sehenswerte Vorstellung, Lob = stelle dich auf einen schwierigen Abend ein.
    Aber diese Kritik zum Cello Abend ist unverschämt und beleidigend für die Musiker und die Besucher des Abends. Kritker haklten sich anscheinend für unfehlbar und über allen erhaben. Wir haben einen wunderbares Konzert erlebt und schwärmen nioch heute unseren Bekannten davon vor. Und dies sahen wohl auch die anderen Besucher so, denn volles Haus und lang anhaltender, geradezu euphorischer Schlussapplaus lassen keine anderen Schluss zu. Es waren im Übrigen im 2. Teil 42 Cellisten, einer kam spontan in der2. Halbzeit dazu. Seine Freude und die Freude der anderen Musiker über die Resonanz und den Beifall haben uns einen wunderschönen Abschluss der Theatersaison 2013/14 beschert. Die Kritiker sollten aufhören über andere Menschen zu richten - sie sind verzichtbar. Die Kunst muss Spaß machen
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