Die strahlende Kraft des Kosmos und die Energie der Erde in einem Weinkeller zu bündeln, damit sie auf den reifenden Wein einwirken: Diese Vorstellung mag für manchen sonderlich klingen, für den Würzburger Winzer Ludwig Knoll ist es die konsequente Fortsetzung seines Weges zum ökologisch-dynamischen Weinbau. Vor 25 Jahren hat er einen ersten Schritt darauf gewagt, nun steht ein beeindruckender Meilenstein im „Steinkeller“ seines Weingutes am Stein.
Drei Jahre Planung und Arbeit stecken in dem Bauwerk, das weltweit kein Vorbild hat. Entstanden ist es allein aus den Ideen des Winzers, umgesetzt vom Würzburger Architekten Manfred Ring. Der Abschluss der Bauarbeiten ist gleichzeitig der in Stein gefasste Höhepunkt in der neueren, Aufsehen erregenden Entwicklung des Weingutes, das nun sein 125-jähriges Jubiläum feiert.
Wurzeln geschlagen hat das Weingut 1890 durch Knolls Urgroßvater „Ludwig der Erste“, wie sein Nachfahre ihn nennt. Der Küfer war aus dem Schwäbischen nach Würzburg gezogen und ließ sich in einem Dreiseithof mit Werkstatt und Weinkeller in der Pleich nieder. Er trug schon bald Verantwortung in seiner Berufsvertretung, der Büttnerzunft, die auch die nächsten drei Generationen übernahmen. Ludwig 2. und Ludwig 3. erweiterten neben dem Fassbau auch den Weinausbau für andere Winzer. Der eigene Weinbau war damals nur ein Zubrot.
„Ludwig 4.“ fiel im zweiten Weltkrieg mit 18 Jahren, und so führte sein jüngerer Bruder Willibald Knoll das Weingut ab 1956 in die neue Zeit. Es war eine wegweisende Entscheidung, als er 1980 mit seiner Frau Edith das Weingut von der Pleich an den Stein verlegte. Sein Sohn, „Ludwig 5.“, hat schon in jungen Jahren im Weinberg und im Keller mitgeholfen. 1985 veranstaltete er kurz nach dem Abitur mit seiner Schwester Katja das erste Weinfest, das in drei Jahrzehnten ein Fest für Wein- und Musikliebhaber mit überregionaler Anziehungskraft geworden ist.
Schon während seines Zivildienstes übernahm Ludwig Knoll Verantwortung im Weinberg. 1987 konnte er seinen ersten Jahrgang selbst ausbauen. In dieses Jahr fiel auch sein erster Versuch mit ökologischer Bewirtschaftung – zunächst ein voller Misserfolg.
1990 kam dann das entscheidende Jahr. Knoll hatte sein Studium als Weinbauingenieur in Geisenheim abgeschlossen und wollte nun auf eigenen Beinen stehen. Knolls Frau Sandra hängte ihr BWL-Studium für den Weinvertrieb an den Nagel. Sein Studienkollege Manfred Stoll kam mit zu ihm nach Würzburg und half mit. Heute lehrt Stoll Weinbau an der Hochschule Geisenheim.
So begann eine Entwicklung hin zu einem eigenständigen Weinprofil, das insbesondere das Terroir, die Standortbedingungen, widerspiegelt. Sichtbarer erster Meilenstein auf dem Weg war vor gut zehn Jahren die Eröffnung des „Weinwerks“, das als moderner Kubus neben dem alten Weingut als Wegweiser in die Zukunft steht.
Dass das Weingut Knoll heute zur Spitzengruppe in Franken zählt, ist zum einen der Vision und dem Mut zur Veränderung der beiden Knolls zu verdanken, aber auch vielen kompetenten Wegbegleitern: dem kreativen Kopf Clemens Schenk, der heute eine Werbeagentur in Hamburg betreibt, oder dem Würzburger Raumgestalter Reinhard „Sony“ May, dazu Winzer und Weinfachleute wie der Fachberater des Bezirks Hermann Mengler oder der Escherndorfer Winzer Rainer Sauer, mit dem Knoll 2008 das erste Beton-Ei im Weinkeller aufgestellt hat, um Wein in besonderer Weise reifen zu lassen. Auch Artur Steinmann, heute Präsident des Weinbauverbandes, hat als Initiator der Winzergruppe Frank & Frei einen wichtigen Impuls für die Weiterentwicklung gegeben. Nicht zuletzt standen Knoll auch bekannte Winzer in anderen deutschen Anbaugebieten, in Österreich und Italien zur Seite, vor allem Paul Lageder vom Weingut Alois Lageder in Südtirol, der ein wichtiger Begleiter auf Knolls Weg zum ökologisch-dynamischen Weinbau war.
Der jetzt eröffnete „Steinkeller“ ist für Ludwig Knoll der konsequente nächste Schritt. Gereift ist der Plan in Ludwig Knolls Kopf, umgesetzt hat ihn der Würzburger Architekt Manfred Ring (Büro Hofmann Keicher Ring Architekten), der schon beim „Weinwerk“ federführend war. Eine Herausforderung für ihn war alleine schon, dass der neue Keller unter das bestehende Haus und in den Steinberg geschoben werden musste.
Optisch dominiert wird der Keller von sieben Beton-Eiern mit jeweils 1700 Liter Fassungsvermögen, hinter deren dicken Wänden die Mikrooxidation der Weine besonders sanft abläuft, sagt Knoll. Die Zahl sieben steht dabei für die Zahl der Planeten und für die Kräfte des Kosmos. Im Boden eingegraben sind Ton-Amphoren aus Georgien, der Wiege des Weinbaues in der Welt. Die Zahl fünf steht hier für das Pentagon, für den „goldene Schnitt“, nach dem auch die Betoneier geformt sind.
So wie der Boden im Steinkeller geöffnet ist für die Kräfte der Erde, so gibt in der Decke ein großes dreieckiges Fenster den Blick in den Kosmos frei. Das alles ist für Knoll nicht nur Symbolik, sondern steht für Harmonie und Vitalität als zentrale Werte des biodynamischen Weinbaues. Dass diese Werte, die die Trauben aus dem Weinberg mitbringen, auch im Keller nicht vergessen sind, war für die Knolls die Antriebsfeder für dieses Projekt.
So ist auch der drei Tonnen schwere Eichenstamm in der Raummitte nicht nur ein dekorativer Tisch, sondern eben ein Stück Natur. Dazu gehört essenziell auch das Wasser, das an einer mit Kupfer beschlagenen Wand herunter rieselt, die Luft befeuchtet und kühl hält. Auch diese Kupferwand ist etwas, das es in Deutschland so noch nicht gibt: Die Malerfirma Thomas Stierhof aus Lengfeld hat sie aus Flüssigmetall wie einen feinen Edelputz nahtlos aufgetragen und geschliffen. Das Kupfer hat die Aufgabe, das Wasser in seiner reinen Struktur zu erhalten. Die Energie dazu kommt aus eigenen, umweltfreundlichen Erdwärme-Pumpen.