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WÜRZBURG
Weihnachtsgeschäft: Kling Kasse, klingelingeling
Nach der Hälfte der Adventszeit sind die Würzburger Einzelhändler optimistisch. Und in der neuen Fußgängerzone Eichhornstraße freut man sich über weihnachtliches Einkaufen ohne Baulöcher.
Vorweihnachtliches Treiben: Mittelpunkt in der neuen Fußgängerzone Eichhornstraße ist die große Pyramide vom Weihnachtsmarkt.
Foto: SILVIA GRALLA | Vorweihnachtliches Treiben: Mittelpunkt in der neuen Fußgängerzone Eichhornstraße ist die große Pyramide vom Weihnachtsmarkt.
Herbert Kriener
 und  Holger Welsch
 |  aktualisiert: 17.10.2017 11:15 Uhr

In der einen Ecke die Glühweinpyramide, in der anderen die Reste einer Großbaustelle – und zwischendrin warten die Eichhörnchen hinter ihren Ladentheken auf den Kundenansturm. „Wir sind noch nicht in der heißen Phase, die beginnt erst nächste Woche“, sagt Joachim Drescher, „aber die jetzt viel einladendere Straße wird deutlich mehr frequentiert als im vergangenen Jahr, auch von Touristen.“ Der Sprecher der Interessengemeinschaft „Würzburgs Neue Mitte – Die Eichhörnchen“ mit ihren 35 Mitgliedern, überwiegend Geschäftsleute, ist dankbar für die Baupause in der neuen Fußgängerzone während der Weihnachtszeit und die leer geräumte Baustelle. „Das schafft Platz, im Vorjahr hatten wir zwar auch einen Baustopp, aber noch viele Löcher. Die Eichhornstraße wird jetzt als Einkaufsstraße und nicht als Großbaustelle wahrgenommen.“

Dass jetzt wieder mehr Leute und Kunden kommen, „haben wir uns auch verdient“, sagt Drescher, wenngleich die großen Umsatzverluste während der Bauzeit damit längst nicht wettgemacht seien. Was die Weihnachtsumsätze in der Straße anbelangt, brauchen die Bekleidungsgeschäfte laut Drescher, der in seinem Laden Leder- und Lammfell-Jacken sowie Pelze anbietet, noch kältere Temperaturen. Doch bei den Anbietern von Schmuck, Brillen oder Accessoires laufe es schon ganz gut.

Das kann Eva Görde-Herbert vom Juwelier Uhren-Görde bestätigen. „Wir sind zufrieden“, sagt Görde, deren Geschäft gegenüber des Geschäftshauses Hof Emeringen die Baustelle Fußgängerzone schon hinter sich hat. Vor der Ladentüre stehen jetzt Buden des Weihnachtsmarktes und an dessen Ende die große Weihnachtspyramide. „Das ist viel besser als im Vorjahr.“ Da stand die gut frequentierte Pyramide ganz vorne an der Eichhornstraße und „verstopfte“ den Eingang zur Einkaufszone. Heuer fällt das Durchkommen leichter.

Neben den baulichen Gegebenheiten spielt auch die Witterung im Würzburger Weihnachtsgeschäft eine große Rolle. Die milden Temperaturen wirken sich vor allem in der Bekleidungsbranche aus, denn Mäntel und dicke Jacken sind derzeit nicht so gefragt, wie es sich die Händler wünschen, die sich mit der Ware eingedeckt haben. Dennoch ist die Stimmung im Würzburger Einzelhandel nach der Hälfte des Weihnachtsgeschäftes recht gut.

Dieses Gesamtbild bestätigt Volker Wedde, Bezirksgeschäftsführer des Handelsverbandes Bayern. Es gebe keine großen Sprünge nach oben, aber darauf hätte sich sowieso niemand eingestellt. Derzeit schaut es laut Wedde so aus, dass die Vorjahreszahlen wieder erreicht werden. „Vielleicht ist auch ein kleines Plus von 1,5 bis zwei Prozent drin.“

Allerdings seien die Unterschiede zwischen den einzelnen Unternehmen sehr groß. Im Textilhandel sei es aufgrund der Wetterlage nicht leicht, die Winterwaren abzusetzen, und so hoffe man dort auf den Wintereinbruch. Beim Elektrohandel laufe es dagegen deutlich besser, ebenso bei den Spielwaren.

Dieses Bild kann auch Ingo Selbach, Filialleiter von Galeria Kaufhof Würzburg, bestätigen. Er könnte sich jedenfalls an kalten Temperaturen erwärmen, scherzt er. Gut laufe der Absatz bei Cashmere-Produkten, die gerne zum Weihnachtsfest verschenkt würden, und bei den Damen seien wegen des milden Wetters Ponchos oder Capes ein großes Thema. Dank dieser Nachfrage rechnet Selbach auch im Bereich Bekleidung mit einem leichten Plus gegenüber dem Vorjahr – und das, obwohl auch Schals und Mützen derzeit nicht gefragt sind.

Hervorragend läuft es laut Selbach dafür im Spielwarenbereich, vor allem auch, weil die Nachfrage durch den neuen Star-Wars-Film aufgeladen ist, der am Donnerstag in die Kinos kommt. Es gingen viele Neuheiten im Spielwarenbereich über die Ladentheke, aber auch Klassiker wie von Figuren von Lego oder Playmobil. Bei den Mädchen ist die Eiskönigin aus dem gleichnamigen Disney-Film ganz groß im Spiel. Aber auch klassische Brettspiele gewinnen gegen laut Selbach entgegen des elektronischen Trends wieder an Bedeutung.

Für den Kaufhof-Chef beginnt jetzt auch die heiße Phase bei Uhren, Schmuck und in der Parfümerie. Daher hat er zusätzlich über 50 Aushilfen neben den 200 Mitarbeitern für die Kassen und hinter den Kulissen eingestellt. Und auch in der Gourmetabteilung erwartet Selbach ab nächste Woche den großen Ansturm auf Ente, Gans und gute Weine.

Die Vorweihnachtszeit ist auch für die Spielzeugwiese an der Juliuspromenade von Bedeutung, erzählt die Geschäftsfrau Sabine Wolfinger. Die Hälfte des Jahresumsatzes macht das Familienunternehmen, das im nächsten Jahr 40 Jahre alt wird, in den Wochen vor dem Fest. „Letzte Woche hat es richtig angefangen. Wir sind optimistisch.“ Der Umsatz wird sich nach Einschätzung der Geschäftsfrau auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr bewegen, auch wenn sich das Kaufverhalten geändert habe. Die Kunden würden heute später kaufen und seien durch Vergleiche im Internet sehr preisbewusst. Deshalb müsse das Gesamtpaket beim Fachhandel stimmen: Beratungskompetenz, Nachhaltigkeit, Produktqualität, exklusivere Sachen. So setzt die Spielzeugwiese bei den Materialen etwa auf mehr Holz.

Winterliche Temperaturen kämen auch dem Würzburger Traditionshaus Männer-Mode Severin gelegen, das im vergangenen Jahr sein 110-jähriges Jubiläum feierte. Der 80-jährige Seniorchef Günter Severin hat allerdings eher die wirtschaftliche Großwetterlage im Blick – mit den Auswirkungen des Internets und dem Vormarsch der Filial-Ketten, dem viele Mittelständler in Würzburg schon zum Opfer gefallen seien. „Wir pflegen unsere Marktnische gegen viele Wettbewerber mit mehr Tiefe und Breite im Angebot, mit Qualität und Beratung“, sagt er. Aber auch Sonderaktionen wie die Einkaufsgutscheine würden gut angenommen.

Ein kleines Plus im Weihnachtsgeschäft gegenüber dem Vorjahr erwartet auch Joachim Beck, der Inhaber von Beck expert. Der Beiname steht für eine Einkaufskooperation mit 300 Händlern in Deutschland. „Ohne diese Zusammenarbeit könnten wir nicht überleben“, sagt Beck. Mit dem Vorweihnachtsgeschäft in Würzburg ist er durchaus zufrieden. Gut laufen laut Beck alle Apple-Produkte wie das iPhone 6 S, sonst alles vom Fernseher bis zu Haushaltskleingeräten und auch Espresso-Vollautomaten.

Nicht ganz so optimistisch wie in Würzburg sieht Beck die Situation in seiner Ochsenfurter Filiale. In kleineren Städten merke man den Umsatzrückgang schon deutlicher, weil hier die Sortimentsvielfalt vor allem im Textilbereich fehle, sagt Beck. Um gegenüber der Konkurrenz vor allem auch im Internet zu bestehen, setzt er auf spezielle Angebote und Werbung, damit der Kunde aufmerksam wird, sowie auf schnellen Service mit Liefern, Einbau und Reparatur, den heutzutage kaum noch einer biete.

Beck ist überzeugt, dass der Abwanderung der Kunden ins Internet nur begegnet werden kann, wenn man die Region insgesamt weiterentwickelt. Bei diesem Strukturwandel sieht auch Volker Wedde die Kommunalpolitik stärker als bisher in der Pflicht.

„Die Eichhornstraße wird jetzt als Einkaufsstraße und nicht als Großbaustelle wahrgenommen.“
Joachim Drescher, Sprecher von „Würzburgs Neue Mitte – Die Eichhörnchen“
Spielzeug geht immer! Nicht nur im Kaufhof landen während der Adventszeit viele Spielwaren im Einkaufskorb.
Foto: TH. MÜLLER | Spielzeug geht immer! Nicht nur im Kaufhof landen während der Adventszeit viele Spielwaren im Einkaufskorb.
Voll bepackt mit schönen Sachen: Bisher sind die Einzelhändler recht zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft. Spielsachen sind wie immer ein beliebtes Geschenk für unter den Christbaum. Winterkleider und Jacken bleiben aber an den Kleiderständern hängen.
Foto: Theresa Müller | Voll bepackt mit schönen Sachen: Bisher sind die Einzelhändler recht zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft. Spielsachen sind wie immer ein beliebtes Geschenk für unter den Christbaum.
Weihnachtliche Stimmung: Gut besucht ist in der Vorweihnachtszeit die Würzburger Innenstadt, wie hier die Schustergasse.
| Weihnachtliche Stimmung: Gut besucht ist in der Vorweihnachtszeit die Würzburger Innenstadt, wie hier die Schustergasse.
 
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