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Würzburg
Wegen Corona: Fehlen den Bauern bald die Erntehelfer?
Normalerweise brauchen Unterfrankens Bauern mindestens 8000 ausländische Saisonkräfte. Wer sticht Spargel, erntet Erdbeeren, pflanzt Blumenkohl, wenn sie nicht kommen?
Der Spargel wächst, bald muss er gestochen werden. Aber wer macht die Arbeit, wenn die Saisonarbeiter fehlen? 
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, dpa | Der Spargel wächst, bald muss er gestochen werden. Aber wer macht die Arbeit, wenn die Saisonarbeiter fehlen? 
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 26.03.2020 02:10 Uhr

Landwirte aus Unterfranken sehen nicht nur die anstehende Spargel- und Erdbeerernte, sondern möglicherweise sogar einen großen Teil der landwirtschaftlichen Produktion dieses Jahres in Gefahr. Dies liegt daran, dass die heimische Landwirtschaft zu einem großen Teil von Saisonarbeitern abhängig ist, die üblicherweise aus Rumänien oder Polen einreisen. Laut einer Schätzung des unterfränkischen Bezirksgeschäftsführers des Bauernverbands, Eugen Köhler, sind mindestens 200 bäuerliche Betriebe aus Unterfranken auf Saisonkräfte angewiesen. "Mindestens 8000 Hilfskräfte brauchen wir insgesamt", schätzt Köhler. Ob die Hilfskräfte heuer aber kommen werden, ist höchst ungewiss.

Ungarn hat seine Grenze dicht gemacht

Laut der Auskunft des Bayerischen Bauernverbands hat Bayerns Innenministerium zwar entschieden, dass Saisonarbeitskräfte als Berufspendler anzusehen sind – Pendler dürfen bei Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung einreisen. Das hilft aber nicht, wenn andere Länder ihre Grenzen dicht machen. "Zu uns reisen normalerweise rund 40 Hilfskräfte aus Rumänien", sagt Spargelbauer Fabian Kuhn aus Allersheim (Landkreis Würzburg). "So wie ich das gerade sehe, kommen meine Leute aber vermutlich nicht durch, weil Ungarn seine Grenze zu Rumänien geschlossen hat. Auf dem Landweg läuft nichts mehr."

Bauern planen, Flugzeuge für Hilfskräfte zu chartern

Und über den Luftweg? Offenbar Fehlanzeige. Aufgrund der weitgehenden Einstellung des Flugverkehrs innerhalb der EU ist laut Bauernverband auch dieser Anreiseweg als "versperrt" anzusehen. Er habe gehört, dass sich in Bayern größere bäuerliche Betriebe zusammengeschlossen hätten, um für ihre rumänischen Hilfsarbeiter ganze Flugzeuge zu chartern, sagt Bauern-Bezirksgeschäftsführer Eugen Köhler. Über die Erfolgswahrscheinlichkeit kann er aber nichts sagen. Polnischen Saisonarbeitskräften sei es derzeit noch erlaubt, einzureisen, so eine Sprecherin des Bayerischen Bauernverbands. Sie verwies aber darauf, dass die aktuelle Regelung sich schnell ändern könne.

Auf dem Spargelhof Kuhn in Allersheim werden Saisonkräfte nicht nur gebrucht, um den Spargel zu stechen, sondern auch fürs Sortieren und Schälern. 
Foto: Gisela Rauch | Auf dem Spargelhof Kuhn in Allersheim werden Saisonkräfte nicht nur gebrucht, um den Spargel zu stechen, sondern auch fürs Sortieren und Schälern. 

"Dabei geht die Spargelernte eigentlich jetzt los, der Austrieb und das Spargelstechen", sagt Wilfried Distler, Geschäftsstellenleiter des Kitzinger Bauernverbands und selbst Landwirt. "Wenn die Saisonkräfte nicht kommen, verzögert sich die Stecharbeit. Im besten Fall bekommt der  Spargel nicht die Qualität wie sonst. Im schlimmsten Fall sind ganze Spargeläcker nicht beerntbar." Aber können denn die Landwirte nicht auf Aushilfskräfte aus der Region zurückgreifen, auf Leute aus der Gastronomie etwa, die derzeit keine Beschäftigung haben? "Das ist ein ganz harter Job, totale Knochenarbeit mit stundenlang gebücktem Rücken, den halten viele nicht durch", sagt Spargelbauer Kuhn, der früher schon entsprechende Erfahrungen mit von der Arbeitsagentur geschickten Hilfskräften gemacht hat. Kuhn, dessen Existenz größtenteils am Spargelbau hängt, verweist außerdem auf eine nötige Einarbeitungszeit von mindestens einer Woche.

Über ein Webportal suchen Bauern jetzt nach heimischen Kräften

Spargel- und Gemüsebauer Jürgen Heilmann aus Albertshofen (Kreis Kitzingen), der pro Saison normalerweise 70 bis 80 Saisonarbeiter beschäftigt, wäre allerdings im Notfall gern bereit, es mit heimischen Kräften zu versuchen. "Wer kräftig ist und viele harte Stunden auf dem Acker durchsteht, kann sich bei mir melden."

Am Freitag bestätigte Bezirksgeschäftsführer Eugen Köhler, dass deutschlandweit und bayernweit die Landwirte ihr lange vernachlässigtes Webportal "saisonarbeit-in-deutschland.de" wieder aufpoliert hätten und auf diesem Weg starke, heimische Helfer suchten, Studenten etwa oder Schüler oder zeitweise beurlaubte Kräfte. "Auf dem Portal können Landwirte eintragen, was und wen sie suchen und Interessenten können sich regional melden", so Köhler. Er glaubt, dass ab Anfang nächster Woche die Vermittlung heimischer Kräfte übers Portal Fahrt aufnehmen könnte.

Wie gefährdet ist im Corona-Jahr der Gemüseanbau?  
Foto: Symbolfoto Klemens Vogel | Wie gefährdet ist im Corona-Jahr der Gemüseanbau?  

Problem Grundversorgung: Was ist in zwei, drei Monaten?

Dieser Anwerbemöglichkeit zum Trotz sehen viele Bauern gerade angstvoll in die Zukunft.  Was dem Albertshöfer Gemüsebauer Heilmann am meisten Kopfweh macht, ist die Frage nach der Sicherung der Grundversorgung. "Man muss ja weiterdenken, muss überlegen, was in zwei, drei Monaten ist, wenn jetzt auf dem Acker nichts passiert. Jetzt ist Pflanzzeit, jetzt muss Kohl, Blumenkohl, Rettich, Sellerie gesät werden." Einzelne Landwirte aus der Region sind nach eigenen Aussagen schon am Verzweifeln, weil Saatgut, das normalerweise aus dem außereuropäischen Ausland geliefert wird, heuer ausbleibt. Etliche befragte Bauern verweisen auch darauf, dass die hierzulande verwendeten, teuren landwirtschaftlichen Maschinen oft auf Ersatzteile aus dem Ausland angewiesen seien – und zwar gerade auf Produkte aus Italien und China. Komme kein Ersatzteil, sei die Maschine nicht verwendbar. Was das für die Produktion in ganz Unterfranken oder ganz Bayern bedeute, könne sich jeder ausmalen, sagt Gemüsebauer Heilmann.

Mitarbeit: Lukas Kutschera

Suche nach landwirtschaftlichen Helfern
Der Bayerische Bauernverband teilt mit: Personen, die auf landwirtschaftlichen Betrieben mitarbeiten wollen, können sich auf der Plattform www.saisonarbeit-in-deutschland.de ein Bild von der auszuübenden Tätigkeit machen und können über die hinterlegten Kontaktdaten (in der Regel Telefon oder E-Mail) direkt Kontakt mit dem Betrieb aufnehmen. Die Kontaktaufnahme bzw. Nutzung der Plattform durch Arbeitnehmer ist kostenfrei.
Mit einer Registrierung der Betriebe auf der Homepage wäre eine schnelle und unkomplizierte Vermittlung der sich anbietenden deutschen Arbeitskräfte möglich.
 
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  • B. F.
    Natürlich sind Erdbeer und Spargel kein Grundnahrungsmittel, aber darum geht es meines Erachtens nicht. Unsere Landwirte haben viel Zeit und Geld in die Bewirtschaftung der Felder und Aussaaten gesteckt. Wenn wir keine Erntehelfer haben, egal von wo diese herkommen, verdirbt nicht nur die Ernte sondern die Landwirte bleiben auch auf ihre Unkosten sitzen. Unserer Wirtschaft geht es immer schlechter, irgendwo müssen wir den Fuß mal in die Tür bekommen und nicht immer denken "mir geht´s auch nicht besser mit meiner Kurzarbeit...." Leider ist es für arbeitswillige Erntehelfer nicht leicht einen Betrieb in unserer Region zu finden, bei denen man helfen kann. Vielleicht sollten unsere Landwirte nicht auf Hilfe "warten" sondern sich z.B. über eine eigene Internetseite ( Region MSP z.B) vorstellen und Erntehelfer aktiv suchen. Die online Seite Saisonarbeit in Deutschland kann nicht gut eingegrenzt werden.
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  • A. G.
    wenn man jetzt erntehelfer bekommen würde, die temperaturen steigen und der spargel sprießt, aber die gastronomie immer noch geschlossen ist, was dann?
    dorthin geht doch ein großer teil der ernte.
    da werden die kilopreise rasant in den keller rauschen.
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  • H. F.
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  • S. C.
    Wir haben unzählige Asylbewerber in Land, die dazu verdammt sind, nichts zu tun. Warum schafft nicht die Bundesregierung ein schnelles und unkompliziertes Verfahren, damit diese vorwiegend jungen und kräftigen Männer mithelfen können?
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  • S. C.
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  • S. F.
    Hallo AfD Wähler!
    Eure Wünsche sind wahr geworden.
    Grenzen dicht.
    Also los auf, ab ins Spargelfeld.
    Die Zeiten eurer Hetze und leeren Phrasen sind vorbei.
    Jetzt wird was geschafft!

    Euer Volk zählt auf Euch
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  • E. S.
    Jetzt rächt sich anscheinend das man auf unverschämt biliige Arbeitskräften aus dem Ausland verzichten muss.
    Für mich ist das sowieso moderne Sklaverei.
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  • H. S.
    Es geht hier weder um Spargel noch um Lehrer. Es geht einfach darum, dass wir schon lange nicht mehr bereit sind, einfache Hilfsarbeiterarbeiten zu leisten, um unseren hohen Lebensstandard zu halten. In der Landwirtschaft, in der Gastronomie, im Freizeitbereich, in der Fertigungsindustrie: überall fehlen Arbeitskräfte. Ohne Gastarbeiter könnten wir Deutschland zumachen. Aber vielleicht passiert dies jetzt teilweise, denn wir werden unsere Wirtschaft um einihe hundert Milliarden runterfahren müssen. Und vielleicht muss der eine oder andere wieder als Spargelstecher ganz unten anfangen.
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  • U. A.
    Hat von den ganzen Asketen und Nörglern hier mal jemand daran gedacht, das gerade die Arbeiter(innen) aus Polen oder Rumänien auf das hier verdiente Geld dringend angewiesen sind? Die Löhne dort sind nämlich sehr niedrig, aber Lidl etc. verschenken ihre Waren auch nicht. Die Preise bei Discountern in Polen sind z.T. nämlich sogar höher als bei uns. Egal? Unwichtig? Ach so.
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  • J. H.
    So kann man sich die moderne Sklaverei natürlich auch schönreden. "Oh, die armen Saisonkräfte, die sind ja SOOO froh, dass sie für wenig Geld bei uns die Drecksarbeit machen dürfen!! Das wollen wir denen natürlich nicht nehmen."
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  • H. S.
    oooooh Derrik....wenn sie in der Nähe der Schweizer Grenze wohnen und für 50 EUR/Stunde zum arbeiten ins Nachbarland fahren, empfinden sie sich dann auch als Sklave? Die Saisonarbeiter kommen, weil es sich für sie lohnt und weil sie nicht so faul sind wie unsere verzogene bequeme Gesellschafft!
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  • J. H.
    Hey Mento, Sie sorgen sich doch immer so sehr um die Menschenrechte, wenn es um die Kobalt Produktion von E-Auto Batterien geht. Woher nun der Sinneswandel?

    Ich verstehe, das ist hier natürlich eine vollkommen andere Ausbeutung, gell???
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  • H. S.
    @derri.... Thema verfehlt
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  • U. S.
    Wer will denn dieses Gemüse essen wenn es geerntet wurde? Von wem wurde es angefasst bis es auf den Tisch kommt? Es wird lose verkauft, offen angeboten - viele Leute kaufen zur Zeit nicht einmal Brötchen und Brot das nicht in Plastik steckt....
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  • C. H.
    Wo ist das Problem?

    Spargel zum Selberstechen

    funktioniert bei Erdbeeren ja auch. Und dann wüssten viele auch mal was hier Sache ist.
    Überlegt lieber, wie ihr die wirkliche Grundversorgung geregelt bekommt. Spargel oder Erdbeeren machen keinen satt....

    Und ich muss zugeben: es belustigt mich sogar etwas. Erntehelfer aus Osteuropa, Saatgut aus Holland, Maschinen und Ersatzteile aus China und Italien. Globalisierung als Zauberwort. Und dann kommt ein mikroskopisch kleines Ding daher und zeigt uns, wie dumm wir alle sind....
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  • G. H.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • G. W.
    Früher, als Bauern in geeigneten Gegenden das Luxusgemüse Spargel abgebaut haben, da ging die Saison von Georgi bis Johanni (23.4. bis 24.6.)

    Mittlerweile wird dieses kaum systemrelevante Luxusfood mit massivem Plastikfolienverbrauch künstlich schnell vorgetrieben, die erzielten Preise sind knapp an der Grenze zum Unverschämten, und ohne die billigen Wander-Arbeitenden aus Osteuropa wäre das ganze System schon lange gar nicht möglich.
    Ums auf den Punkt zu bringen:
    Mein Mitleid mit den paar aufgeblasenen "Spargelbaronen" hält sich absolut in Grenzen.

    Vielleicht können die betreffenden Betriebe auf Kartoffeln umstellen, die haben ähnliche Standortansprüche, und in Anlehnung an ein altes Sprichwort sollten die Grumbern auch eine extreme Größe erreichen !
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  • E. H.
    Ich habe gerade in dem Portal gesucht wo ich evt beim Spargel helfen könnte. Habe Ackerbau uns Spargel gesucht
    Es kam die Auswahl: Kein Betrieb gefunden???
    Wird hier wohl von den Spargelbetrieben arg aufgebauscht das ganze
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  • R. T.
    „Was du säst, wirst du ernten.“
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