Wenn sich am 20. August, noch vor Sonnenaufgang, die Würzburger Kreuzberg Wallfahrt mit mehr als 500 Pilgern auf den Weg macht, dann enden die zahlreichen Vorbereitungen der Verantwortlichen der Bruderschaft zum Heiligen Kreuz in Würzburg. Seit 371 Jahren machen sich die Pilger auf den Weg zum Kreuzberg, dem Heiligen Berg der Franken. Heute wichtiger als noch vor wenigen Jahrzehnten, ist die Verkehrsabsicherung auf der Strecke. Michael Weilnhammer (69 Jahre), Polizeibeamter im Ruhestand, ist seit 2004 Chef der Verkehrslenker und fährt wenige Wochen vor der Wallfahrt die Wallfahrtsstrecke mit dem Fahrrad ab.
"Das ist meine ganz persönliche Wallfahrt und als Verkehrslenker der Wallfahrt für mich wichtig", betont Weilnhammer. Der Weg der Wallfahrt geht größtenteils über Feld- oder Waldwege und ist mit dem Auto schwer abzufahren.
Als Verantwortlicher macht er sich ein Bild vom Zustand der Strecke, prüft sie auf eventuelle Beschädigungen und Baustellen. Wo nötig, trifft er sich mit den Verantwortlichen an der Strecke, um Probleme noch vor der Wallfahrt vor Ort zu besprechen.
Wallfahrt das ganze Jahr
Wenn sich am Montag, 20. August, die Wallleute um 4 Uhr morgens im Neumünster treffen, haben die Verantwortlichen ihre Vorbereitungen für den 173 Kilometer langen Weg abgeschlossen.
Seit 1647 erfolgt die Fußwallfahrt jährlich vom 20. bis 24. August. Die diesjährige Wallfahrt steht unter dem Leitwort: "Der Weg mit Jesus ist Weg zum Leben.".
Zeitaufwändige Arbeiten im Hintergrund
Für die Verantwortlichen bedeutet die Wallfahrt ein hohes Maß an Organisation, Verantwortung und Engagement. Die Wallfahrt ist eine Großveranstaltung, eine Demonstration für den Glauben, in der viele Rädchen ineinander greifen müssen, damit am Ende alles rund läuft. Der Wallfahrer spürt von den intensiven, zeitaufwändigen und manchmal auch recht anstrengenden Arbeiten im Hintergrund nicht viel. Genauso soll es auch sein: "Die Wallleute, so Weilnhammer, "sollen sich auf die spirituellen Impulse, den Sinn und Inhalt der Wallfahrt konzentrieren und sich auf die Organisation verlassen können."
Die Organisation liegt auf vielen Schultern der Vorstandschaft, auch beim Verkehrslenker. Für ihn ist die Wallfahrt fast das ganze Jahr präsent.
Anträge werden schon im April gestellt
Bereits im April stellt er bei der Stadt Würzburg als so genannte Ausgangsbehörde die erforderlichen Anträge, hält Kontakt mit den auf dem Weg liegenden Polizeibehörden.
Zur Vorbereitung gehört auch ein Treffen mit seinen Helfern, die während der Wallfahrt die Strecke mit ihm absichern.
Das Abfahren des Weges gehört für ihn zu seiner ganz persönlichen und abschließenden Vorbereitung. Als Chef der Verkehrslenker ist er nicht nur für die sichere Wallfahrt, die Pflege und Wartung der Funkgeräte, für die Anträge und Gespräche mit den Fachbehörden zuständig, er prüft auch, ob die Strecke frei von Baustellen und für eine große Gruppe begehbar ist. Auf der Wallfahrt selbst hält er regelmäßig Kontakt zur Einsatzzentrale der Polizei, um über den jeweiligen Standort der Wallfahrt zu informieren.
Weilnhammer war schon als Neunjähriger dabei
Schon mit neun Jahren war der gebürtige Würzburger auf der Wallfahrt dabei und konnte seine ersten Erfahrungen sammeln. Seit damals lässt ihn das Wallfahrervirus nicht mehr los. In diesem Jahr geht er zum 31. Mal mit.
Die Kontrolltour: Vier Wochen vor der eigentlichen Wallfahrt startet er in aller Herrgottsfrühe nach einem kurzen Gebet im Neumünster mit seinen Freunden von Würzburg aus. Auf dem Wallfahrtsweg radeln die Männer bei hochsommerlichen Temperaturen von über 30 Grad über Rimpar, Gramschatz nach Arnstein. Hier macht die Wallfahrt am 20. August die erste Mittagsrast und geht dann weiter bis zum ersten Nachtquartier nach Euerdorf.
Plan B wird geschmiedet
Die Erkundungsgruppe auf dem Fahrrad erreicht Euerdorf bereits am Vormittag. Weilnhammer besichtigt unterhalb der Kirche die dortige Baustelle. Ein neues Rathaus wird hier entstehen und ab Mitte August wird die Straße zur Kirche für den Verkehr gesperrt. Ein Problem für die Begleitbusse, die als Gepäckfahrzeuge die Wallfahrt begleiten. Normalerweise wird unterhalb der Kirche das Gepäck be- und entladen. Hier muss ein Plan B mit den örtlichen Behörden geschmiedet und den Bussen ein neuer Haltepunkt zugewiesen werden. Ein Fragezeichen auf seiner To-do Liste!
Auf ihrer Erkundungstour überqueren die Fahrradfahrer die Alte Saalebrücke und erreichen Euerdorf. Hier ist die nächste Baustelle. Nachdem der untere Bauabschnitt, der die Wallfahrt im letzten Jahr blockiert hat, bis auf die letzte Teerdecke und einige kleinere Restarbeiten fertig ist, hat die Baufirma im oberen Teil mit dem Setzen der Randsteine in der "Alten Kissinger Straße" begonnen. "Alles geht zügig voran und müsste bis zur Wallfahrt fertig sein", so der Bauleiter. "Mit gut 500 Menschen ist es unmöglich, ,mal schnell' auf der Straße oder in einem Ort zu wenden und zurückzugehen, erklärt Weilnhammer. "Bei dieser Massenbewegung muss die Richtung stimmen."
Rast, um Kraft zu tanken
Der nächste Halt ist in Burkardroth. Hier ruhen sich im August dann auch die Pilger im Pfarrhof aus, um wieder Kraft für den Weg nach Waldberg und für den steilen Aufstieg zum Kloster zu tanken.
Am Fuß der Kniebreche, dem berüchtigten steilen Anstieg zum Kloster, verlässt die Radfahrer-Gruppe die Wallfahrtsstrecke und fährt weiter zum Guckas Pass, um hier den Kreuzberg zu erklimmen. "In den Anfangsjahren", erzählt Baumgartner, "sind wir mit dem Rad über die Kniebreche hoch." "Das war sehr anstrengend und teilweise auch gefährlich." Nach 92 Kilometern ist das Ziel am Abend erreicht.
Die Ankunft auf dem Kreuzberg
Egal ob zu Fuß oder mit dem Rad - die Ankunft am Kreuzberg ist etwas ganz Besonderes und hat ihren eigenen Zauber. Am nächsten Tag geht es noch vor dem Frühstück zum Hochkreuz auf 928 Meter Höhe, um bei einem kurzen Gebet die Stimmung der Wallfahrt zu spüren.
Am Hochkreuz sammeln sich dann am 21. August, nach dem anstrengenden Aufstieg über die Kniebreche, die Wallfahrer, bevor sie hinab zum 1677 erbauten Kloster der Franziskaner steigen. Hier soll im Jahr 686 der Heilige Kilian ein Kreuz aufgestellt haben.
Der Rückweg der Radler geht bei leichtem Regen über Burkardroth, das dritte Nachtquartier der Wallfahrt. Die Gruppe nutzt die Möglichkeit, den langjährigen Wallfahrtsleiter Alfred Saam, der den Wallfahrtsstab in diesem Jahr an seine Nachfolgerin abgegeben hat, zu besuchen. Über den, wie ihn die Wallfahrer nennen, "Erbsenberg" bei Sulzthal, folgen die Männer auf ihren Rädern dem Weg über Arnstein - das letzte Nachtquartier der Wallfahrt. Nass bis auf die Haut erreichen sie am Abend über Rimpar wieder Würzburg.
Die Wallfahrer schätzen die Gemeinschaft auf dem alten Weg. Die meisten wollen ihren Alltag vergessen, manche eine Entscheidung für die Zukunft treffen, einige trauern um einen Menschen. Egal, aus welchem Grund man sich entschließt, sich auf den Weg zu machen - der lange Weg ist immer auch eine Reise zu sich selbst.
Information zur Streckenführung und Wallfahrt unter: www.kreuzberg-wallfahrt.de