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WÜRZBURG
Was macht eigentlich der TÜV?
Mit dem Lämpchen erhellt: Der Prüfer un-tersucht Rad und Bremsen.
| Mit dem Lämpchen erhellt: Der Prüfer un-tersucht Rad und Bremsen.
Bearbeitet von Dominik Großpietsch
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:46 Uhr

Es gibt nicht wenige Autofahrer, die machen einen großen Bogen um die großen, weiten Hallen des Technischen Überwachungsvereins (TÜV). Zu groß ist die Angst davor, dass der Prüfer das Todesurteil verhängt und das geliebte Schätzchen auf den Autofriedhof muss. „Das ist unser tägliches Brot. Wir wissen nie, was uns erwartet.“ Markus Weisenberger grinst, als er um kurz vor 9 Uhr die Prüfhalle betritt. Draußen wartet schon der erste Patient – ein grauer Skoda Yeti vom Bürgerspital – auf seine Routineuntersuchung. Kaum hat der 29-Jährige den SUV in die Halle gerollt, geht alles ganz fix.

Bremsentest, Lichtprüfung und das Auslesen der Fahrzeugdaten per HU-Adapter fördern keine Mängel zutage, was wohl auch daran liegt, dass der kleine Geländewagen stets in der hauseigenen Werkstatt gewartet wurde. „Ich mach' mir bei so was überhaupt keine Gedanken. Als ich 18 war, hab' ich einen Käfer für 250 Mark gehabt. Irgendwie ist der auch immer durch den TÜV gekommen“, erzählt Außenbetriebsleiter Burkard Heßdörfer und lacht. Er ist an diesem Tag mit 23 Fuhrpark-Fahrzeugen gekommen, die alle eine neue Plakette brauchen.

Umrahmt von dunkelgrünen Mercedes-Unimogs aus den 1980er-Jahren ist der fast sieben Jahre alte Pkw fast noch ein Jungspund. Gerade einmal 52 400 Kilometer hat er zurückgelegt. Da ist es kein Wunder dass Querlenker, Lager und Spurstange in Ordnung sind. „Alles sitzt, wackelt und hat Luft“, sagt Marcus Niesenhaus. Der Leiter des technischen Service-Centers schaut Markus Weisenberger über die Schulter, da der noch kein fertig ausgebildeter Sachverständiger ist und nur in Begleitung Autos abnehmen darf.

„Bei vielen Wägen dieses Typs könnte aber auch in diesem Alter schon was sein“, erklärt Weisenberger, als er mit Heßdörfer unter dem Yeti steht, „am Hinterachs-Aufbau sammelt sich gerne mal Wasser, das dann für Rost sorgt. An dieser Stelle muss man aufpassen.“ Letztendlich bleibt's im Falle des 160 PS starken Skoda beim Hinweis, dass der Verbandskasten seit 2014 abgelaufen ist. Die Plakette wird erteilt.

Ähnlich reibungslos läuft es bei Iris Fischer ab, die am danebenliegenden Prüfplatz einen dunkelgrünen Peugeot 306 Break unter die Lupe nimmt. Obwohl er schon seit 15 Jahren im Besitz von Klaus Balzer ist, glänzt er trotz des schlechten Wetters, als sei er erst vor kurzem vom Fabrikgelände gerollt. Doch der erste Eindruck scheint zu täuschen: Kaum hat der Abgastest begonnen, heult der Motor mehrfach laut auf. „Das ist die Kurzstrecke“, sagt die Prüferin gelassen, „da braucht man eben ein paar längere Gas-Stöße, bis man in den erforderlichen Toleranzbereich kommt.“

Puh, noch einmal Glück gehabt! Für den Schrott wäre der 90-PS-Diesel aber auch wirklich zu schade. „Ich will eigentlich auch gar kein anderes Auto haben, weil der Peugeot meine Bedürfnisse perfekt erfüllt. Schade ist eigentlich nur, dass er keine grüne Umweltplakette bekommt.“ Bald darauf zieht der Pensionär – nachdem er nebst der Plakette auch einen Stempel in den Fahrzeugschein bekommen hat – glücklich von dannen.

Doch das ist nicht immer so. „Manchmal ist es in dieser Männerdomäne wirklich nicht so einfach. Man muss sich immer erst einmal beweisen, viele Leute sind ein bisschen skeptisch“, erklärt die gut gelaunte Sachverständige. Doch auch ihre Kollegen Weisenberger und Niesenhaus haben nicht immer leichtes Spiel. Egal ob sie nun in den TÜV-eigenen Hallen Abnahmen durchführen oder in Werkstätten Fahrzeuge prüfen: Vor Überraschungen sind auch sie keinesfalls sicher. „Einmal kam ein taubstummer Mann mit seinem Opel Calibra zu uns. Der hatte keine Bodenfreiheit mehr, war komplett verspoilert, und auch das Fahrwerk war verändert worden. Nun lag's an mir, dem jungen Mann zu erklären, dass das so nicht geht“, berichtet Niesenhaus. Es folgte ein außergewöhnlicher Dialog: Der Mann las von den Lippen ab und tippte seine Antworten ganz schnell auf ein Tablet. Letztendlich half alles nichts, der Sportwagen war einfach nicht mehr verkehrssicher.

Aber eigentlich wollen die Sachverständigen gar nicht die Bösewichte sein. Wie viele andere Menschen, die tagtäglich zur Prüfstelle kommen, haben auch sie Benzin im Blut. Nicht umsonst heißt das Motto der ehemaligen Dampfkessel-Prüfgesellschaft „Vertrauen schaffen“. Im Grunde genommen war das auch schon vor gut 150 Jahren die Maxime, als 22 Dampfkesselbetreiber in Mannheim die „Gesellschaft zur Ueberwachung und Versicherung von Dampfkesseln“ aus der Taufe hoben. Nach und nach wurden unter anderem auch Umweltgutachten erstellt und elektrische Anlagen geprüft ehe ab 1906 auch Fahrzeuge ins Blickfeld rückten, die heute das Kerngeschäft der TÜV-SÜD-Gruppe sind.

Der Star unter den Prüfungen ist mittlerweile ganz klar die Haupt- und Abgasuntersuchung. Auch wenn sie für einen Außenstehenden recht einfach aussieht, braucht man eine ganze Reihe von Qualifikationen, bis man dann zum ersten Mal unters Auto leuchten und eine Plakette aufkleben darf: Nach einem abgeschlossenen Ingenieurs-Studiengang folgt noch einmal eine zweijährige Ausbildung zum Sachverständigen, die sich in theoretische und praktische Teile gliedert. Die meisten Prüfer haben allerdings schon vorher im Kfz-Gewerbe gearbeitet. Markus Weisenberger ist beispielsweise Kfz-Mechatroniker.

„Irgendwann reifte dann allerdings der Entschluss, dass ich irgendwann auch mal mehr machen wollte, als mich stundenlang in Öl zu wälzen“, erzählt der angehende Sachverständige, der seine Ausbildung im Sommer 2018 abschließen wird. „Ich bin nach einem Praxissemester beim TÜV hängen geblieben und sehr zufrieden.“ Doch die Untersuchungen sind hier nur Nebensache. Vorrangig soll der Kundenkontakt im Mittelpunkt stehen, weshalb auch zwischenmenschliche Fähigkeiten mehr als nur eine Floskel sind. Schließlich wissen die Sicherheitswächter ganz genau, dass man ab und an auch mal Beistand braucht, wenn das geliebte Schätzchen dann doch auf den Autofriedhof muss.

Ausstoß im erlaubten Rahmen? Abgasmessung während der Untersuchung beim TÜV.
| Ausstoß im erlaubten Rahmen? Abgasmessung während der Untersuchung beim TÜV.
 
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