zurück
Gelchsheim
Was ein kleines Haus in Gelchsheim mit dem Dallenbergbad in Würzburg zu tun hat
Die Ziegelei, die im 19. Jahrhundert am Rande der der Marktgemeinde Gelchsheim betrieben wurde, ist längst in Vergessenheit geraten - eine Spurensuche.
Eine Postkarte aus der Zeit um 1900 zeigt die südliche Ansicht von Gelchheim und die Ziegelei an der Oellinger Straße.
Foto: Hannelore Grimm | Eine Postkarte aus der Zeit um 1900 zeigt die südliche Ansicht von Gelchheim und die Ziegelei an der Oellinger Straße.
Hannelore Grimm
 |  aktualisiert: 11.04.2024 02:49 Uhr

Die Bezeichnung "Lehmgrube" in Straßen- oder Flurnamen erinnert noch heute vielerorts daran, dass dort einst Lehm abgebaut wurde. Der Stoff war begehrt, entweder, um die Wände und Decken der Fachwerkhäuser auszufüllen, oder um Ziegelsteine daraus zu brennen. Die meisten dieser Ziegeleien sind verschwunden, so wie in Gelchsheim. Nur ein kleines, unscheinbares Häuschen erinnert dort noch an den Betrieb, der bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts die umliegenden Dörfer mit den begehrten Baustoffen versorgt hat.

Das Häuschen, das rechts am Dorfausgang an der Straße in Richtung Oellingen steht, stammt aus einer Zeit, als hier noch Kutschen gefahren sind und die Bauern mit Pferde- und Ochsengespannen ihre Äcker bearbeitet haben. Erbaut wurde das Haus vermutlich in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als in der Marktgemeinde eine Ziegelei betrieben wurde. Während die Ziegelei in Vergessenheit geraten ist, blieb nur noch der Flurname "Bei der Lehmgrube" erhalten. 

Das aus Ziegelsteinen gebaute Häuschen am Ortstrand erinnert an ein Stück Gelchsheimer Geschichte.
Foto: Hannelore Grimm | Das aus Ziegelsteinen gebaute Häuschen am Ortstrand erinnert an ein Stück Gelchsheimer Geschichte.

Die ältesten Gelchsheimer erinnern sich daran, dass sie als Kinder in der Lehmgrube Schlitten gefahren sind. Ab 1950 errichtete Rudolf Hoos auf dem Gelände sein Bauunternehmen und ein Betonwerk. Die alte Ziegelei ging in den Besitz von Bildhauer Karl Albert über, der sie nach und nach abriss, um Platz für seinen Handwerksbetrieb zu schaffen.

Die genauen Ursprünge der Ziegelei sind nicht bekannt.

Wann genau die Ziegelei gegründet wurde, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Um 1850 ist der 1886 verstorbene Michael Weber sen. als Besitzer verzeichnet. Laut der Gelchsheimer Ortschronik wurde sie aber bereits in den Jahrzehnten zuvor von seinem Vater Adam Weber errichtet. Auch Michaels Söhne Otto Philipp (1848-1915) und Johann Eugen (1950-1910) blieben dem Handwerk verbunden, und das sogar mit großem Erfolg.

Als ältester der beiden Brüder erlernte Otto Philipp Weber den Maurerberuf, übernahm die Ziegelei und eine kleine Landwirtschaft. Dass das Geschäft florierte, lässt eine Aufzeichnung aus dem Jahr  1903 vermuten, in der die Lieferung von "65.000 Stück Backsteine, Ziegel, Rohr und 400 Ltr. Kalk" beschrieben ist. Nach dem Tod von Otto Philipp Weber und nachdem sein Sohn Michael 1915 im Ersten Weltkrieg in Frankreich gefallen ist, gab Tochter Maria, eine verheiratete Hoos, den Ziegeleibetrieb auf.

Aus der Dampfziegelei in Heidingsfeld wurde später das Dallenbergbad.

Johann Eugen Weber zog nach Heidingsfeld und übernahm eine Ziegelei an der Mergentheimer Straße, die er durch den Einsatz moderner Dampfmaschinen zu einer sogenannten Dampfziegelei ausbaute. Aufgrund seines unternehmerischen Erfolgs wurde er zum Kommerzienrat ernannt. Auf dem Gelände der 1939 geschlossenen Ziegelei wurde 1954 mit dem Bau des Dallenbergbades begonnen. 

Das Dekorationsstück im Vorgarten von Dieter Baumann saß einstmals als Abdeckung des Schornsteins auf dem kleinen Gebäude
Foto: Hannelore Grimm | Das Dekorationsstück im Vorgarten von Dieter Baumann saß einstmals als Abdeckung des Schornsteins auf dem kleinen Gebäude

Das Backsteinhäuschen an der Oellinger Straße in Gelchsheim, das die Erinnerung an die einstige Ziegelei bewahrt, diente wahrscheinlich als Wohnung für die Arbeitskräfte. In den Aufzeichnungen sind bis ins Jahr 1882 insgesamt sechs verschiedene Familien nachzuweisen, die dort wohnten. 

Rita Albert, die Tochter von Bildhauer Karl Albert, heiratete Steinmetzmeister Otto Baumann. Er erweiterte den Betrieb seines Schwiegervaters auf der Fläche, die der Gemeinde zuvor zeitweise als Schuttplatz gedient hatte. Sein Sohn Dieter Baumann führt den Steinmetzbetrieb heute und erinnert sich, dass das Häuschen immer nur "die rote Werkstatt" genannt wurde. 

Tonscherben und eine Kaminhaube erinnern an die Vergangenheit.

Dem Bau der ersten kleinen Werkstatt folgten größere Werkhallen sowie das Wohnhaus, in dem Dieter Baumann lebt. In der Erde des Gartens zeugen noch unzählige Ziegelscherben von der früheren Nutzung. Hier bewahrt Dieter Baumann ein weiteres Zeugnis der Vergangenheit auf: eine aus Ton gefertigte Kaminhaube, deren Glasur glänzt, als wäre sie neu. Sie bildete einst den Abschluss auf dem Schornstein des kleinen Hauses. 

Der rund 30 Quadratmeter große Raum, der seit langem als Lager dient, weist kaum noch Spuren davon auf, dass hier früher Menschen gelebt und in einer Küche gekocht haben. Der Fußboden, der ursprünglich aus Ziegelsteinen gefertigt war, wurde ebenso erneuert wie das Dach und die Fenster. Was geblieben ist, das sind die Außenmauern des Hauses aus Ziegelsteinen, mit denen Dieter Baumann ein Kapitel Gelchsheimer Geschichte bewahrt.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Gelchsheim
Hannelore Grimm
Bauunternehmen
Betonwerke
Brüder
Dieter Baumann
Karl Albert
Michael Weber
Philipp Weber
Söhne
Werkstätten
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top