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Würzburg
Was die Autorin Agnes Sapper mit Würzburg verbindet
Noch heute gibt es das Agnes-Sapper-Haus in Würzburg. Der später erfolgreichen Schriftstellerin half das Schreiben über schwere Schicksalsschläge hinweg.
Ein Gebäude mit einer wechselhaften Geschichte: das Agnes-Sapper-Haus.
Foto: Eva-Maria Bast | Ein Gebäude mit einer wechselhaften Geschichte: das Agnes-Sapper-Haus.
Bearbeitet von Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:13 Uhr

Als Sozialreferentin Hülya Düber im Jahr 2015 Flüchtlingsunterkünfte suchte, stieß sie auf das Gebäude in der Friedenstraße 25. Dort waren bis dato Mütter untergebracht, die psychische Betreuung benötigten. Wegen Sanierung stand das Haus, das sich im Besitz der Evangelischen Kirche befindet, aber leer. „Ich habe es mir angesehen und fand es sehr geeignet“, sagt Hülya Düber. „Und dann habe ich angefangen, mich mehr mit der Frau zu beschäftigen, nach der dieses Haus benannt ist – Agnes Sapper. Und war fasziniert: Meiner Auffassung nach war sie eine ganz mutige Frau, die, ermuntert durch ihren Mann, das Schreiben angefangen hat“, sagt die Sozialreferentin und fährt fort: „Das finde ich deshalb so spannend, weil das ja in einer Zeit war, in der Frauen weder berufstätig waren noch sich aktiv in die Gesellschaft eingebracht haben. Sie waren ausschließlich Ehefrauen und Mütter. Und das finde ich als berufstätige Frau und Mutter einen schönen Bezug.“

Für Agnes Sapper verband sich Würzburg auch mit einem Schicksalsschlag

Agnes Sapper, Tochter des Gründers der Süddeutschen Zeitung Karl Brater, musste schon früh großes Leid erfahren: Die in Würzburg aufgewachsene Agnes Brater heiratete den Blaubeurer Schultheiß Eduard Sapper und zog zu ihm nach Blaubeuren. Auf einer Reise zu ihrer Schwester nach Würzburg erkrankte ihr kleiner Sohn Hermann schwer. Hier wollte sie den Rat des besten Kinderarztes einholen. Doch es war vergebens: Hermann starb, sein kleiner Leichnam wurde auf dem Würzburger Friedhof beigesetzt.

Hülya Düber ist schon oft in das Haus gegangen, das nach Agnes Sapper benannt ist. Die Sozialreferentin der Stadt Würzburg bringt der Schriftstellerin große Bewunderung entgegen.
Foto: Eva-Maria Bast | Hülya Düber ist schon oft in das Haus gegangen, das nach Agnes Sapper benannt ist. Die Sozialreferentin der Stadt Würzburg bringt der Schriftstellerin große Bewunderung entgegen.

Und das Schicksal schlug noch ein zweites Mal zu: Nun war es ihr dritter Sohn Rudolf, den Gott zu sich holte. Agnes schrieb an ihre Schwester: „Meine Gedanken verweilen so viel bei dem kleinen Grab auf dem Würzburger Kirchhof, daß ich oft eine wahre Sehnsucht danach habe; wie ich denn überhaupt meinen kleinen Liebling immer schmerzlich vermisse.“ Auch die Geburt zweier Mädchen konnte sie nicht über ihren Verlust hinwegtrösten. Und dann begann Agnes Sapper, ermuntert durch ihren Mann, zu schreiben.

In Würzburg entstehen Geschichten für Kinder

Zunächst war es ein Wettbewerb bei einer Zeitschrift, dann waren es Geschichten für ihre Tochter: Als Agnes Sappers Mutter Pauline Brater ihre Enkeltochter für einen langen Besuch nach Würzburg holte, schrieb Agnes ihrem Töchterchen. Keine Briefe, sondern Geschichten, die schließlich unter dem Titel „Lieschens Streiche“ als Buch herauskamen. Es sollten weitere Bücher folgen: Immer stehen Kinder im Mittelpunkt, die es nicht leicht haben, aber durch die Aufgaben wachsen, die das Leben an sie stellt.

Der Würzburger Heimatforscher Willi Dürrnagel schreibt über ihr schriftstellerisches Werk: „Die Kinder aus Agnes Sappers Büchern sind keine Musterkinder. Ihr Schicksal ist nicht leicht. Doch wie sie ihre Stärke aus der Überwindung von Schwierigkeiten gewinnen, das wird nicht mit pädagogisch erhobenem Zeigefinger geschildert, sondern mit ungezwungenem Humor, großer Wärme und Lebendigkeit.“

Agnes Sappers Werke erreichten hohe Auflagen

Agnes Sapper hat Erfolg: Ihre Werke erreichen eine Gesamtauflage von mehr als zwei Millionen und werden in sechs Sprachen übersetzt. Das Geld, das sie verdient, widmet sie auch anderen: So spendet sie eine beträchtliche Summe an das Altenheim, das die Evangelisch Lutherische Kirche 1929 in der Friedenstraße 25 eröffnete – aus dem Honorar, das sie für „Familie Pfäffling“, ihr wohl bekanntestes Werk, erhalten hatte. „Es gibt ja Leute, die sie sehr stark kritisiert haben, auch in der Literatur, weil sie eher die Autorität der Eltern gestärkt hat“, sagt Hülya Düber.

Sie meint zur Kritik an Agnes Sapper: „Ich muss sagen, ich sehe das etwas anders, weil es ja tatsächlich eher so ist, dass auf die Bedürfnisse der Kinder eingegangen wird und die Autorität der Eltern gestärkt wird. Und genau das machen wir ja heute auch.“ Der pädagogische Ansatz des Sozialreferats in den Familienstützpunkten sei immer, die Erziehungsfähigkeit der Eltern zu stärken, „und das bedeutet auch ein Stück weit Autorität“. Denn Kinder, so Düber, bräuchten Halt, und den fänden sie in klaren Grenzen. „Halt und klare Grenzen, gepaart mit ganz viel Liebe: So werden Kinder glücklich.“ Agnes Sapper, die berühmte Autorin, wäre ihrerseits sicher glücklich gewesen, wenn sie wüsste, dass nun eine Kindertagesstätte in einem nach ihr benannten Haus untergebracht wird.

Text: Eva-Maria Bast

Der Text stammt aus dem Buch „Würzburger Geheimnisse - Band 2“ von Eva-Maria Bast, das in Kooperation mit der Main-Post entstand und soeben erschienen ist. Das Buch enthält 50 Geschichten zu historischen Geschehnissen und Orten. Präsentiert werden die Begebenheiten jeweils von Würzburger Bürgern.

 
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