Ihr geht es um „das Lebensgefühl Garten und Balkon“: Unter www.garten-fraeulein.de bloggt Silvia Appel aus Würzburg. Die 31-Jährige startete 2013 ihre Plattform, die 2017 als bester deutscher Gartenblog ausgezeichnet wurde. „Das ist meine Meinung über das Gärtnern“, sagt Appel. Persönlich, manchmal auch gefühlsbetont. Statt spröde Anleitungen zu liefern, will sie vor allem zum Nachmachen ermutigen. „So nach dem Motto: Wenn dass das Gartenfräulein kann, dann schaffe ich das auch.“
FRAGE: Sie schreiben über das Gärtnern dort, wo Platz oft Mangelware ist. Mit welchen Pflanzen lassen sich enge Zimmer oder ein Minibalkon begrünen?
Silvia Appel: Eigentlich sollte man nicht nach dem Platz entscheiden, welche Pflanzen geeignet sind, sondern nach dem Standort. Ist es zum Beispiel ein Südbalkon oder eher ein schattiger Nordost-Balkon? Es bringt nichts zu sagen, die Tomate rankt nach oben, deswegen braucht sie nicht viel Platz. Sie wächst immer nur auf einem sonnigen Balkon. Deshalb ist es wichtig, erst mal zu schauen: Wie sehen meine Standortbedingungen aus – und dann die Pflanzen auszuwählen. Wichtig ist es auch, die unterschiedlichen Ebenen eines Balkons gut zu nutzen. Wenn es zum Beispiel ein Geländer, Stahlträger oder Verstrebungen gibt, kann man da kreativ werden.
Wenn jemand in diesem Frühjahr mit dem Balkongärtnern anfangen will – welche drei Tipps sollte er unbedingt beachten?
Appel: Wie schon gesagt, zu allererst den Standort bestimmen. Dann gilt: Nur das anbauen, was man auch wirklich gerne mag oder isst. Wer etwa Chili-Fan ist, sollte mit Chilis anfangen. Und lieber erst mal mit weniger starten und sich nicht zu viel vornehmen. Zudem kann ich einiges an Arbeit sparen, wenn ich vorher überlege, wie viel Zeit ich habe. Wer beispielsweise nur alle drei Tage zum Gießen kommt, sollte keine Mini-Tontöpfe nehmen, sondern lieber richtig große Kunststoffgefäße, die einen Wasserspeicher haben.
Welke Blätter oder vertrocknete Blüten sieht man in ihrem Blog natürlich nicht. Kann jeder gärtnern? Oder gibts den grünen Daumen wirklich?
APPEL:
Den gibt es nicht. Ich vergleiche das Gärtnern immer mit dem Musizieren: Ich zum Beispiel kann kein Instrument spielen, weil ich das nie gelernt habe. Dafür habe ich von Kindesbeinen an gegärtnert, weil das meine Eltern auch gemacht haben. Man muss sich vorab ein bisschen informieren, ein bisschen einlesen und überlegen, was passt zu mir und meinen Gegebenheiten. Dann kann man es lernen und erspart sich viel Frust. Und dann klappt es in der Regel mit dem Gärtnern ganz gut.
Und ihre Lieblingspflanze für den Balkon . . .
Ich finde Kapuzinerkresse super. Die rankt, die ist komplett essbar und sie funktioniert im Halbschatten genauso wie in der Sonne.
Ein Blog als Beschäftigungsprogramm für Eltern
„Unsertraumingruen“ begann sozusagen als „Elternbeschäftigungsprogramm“: „Unsere Tochter hat uns den Blog eingerichtet, ohne vorher zu fragen“, sagen Susanne und Hans Fersch. Das war im Oktober 2017. Seitdem schreibt das Paar aus Neubrunn (Lkr. Würzburg) über Erfahrungen aus „vielen Jahren Gartenbuddelei“. Ein wissenschaftliches Nachschlagewerk soll ihr Blogüber den 1000 Quadratmeter großen Garten nicht sein, vielmehr schließt so mancher Post bewusst mit einem lustigen Spruch. „Wenn wir nur einen Leser zum Lachen bringen, hat es sich schon gelohnt.“
FRAGE: Wie sieht der perfekte Garten aus?
Susanne und Hans Fersch:
Der perfekte Garten passt zum Besitzer, der sich darin vor allem wohlfühlen soll. Perfektionismus ist eigentlich eine langweilige Angelegenheit, die nicht unbedingt Charme versprüht. Manchmal ist es auch eine schiefe Natursteinmauer, die zauberhaft aussieht, oder eine kleine verwilderte Ecke.
Gerade Berufstätige haben häufig wenig Zeit für Gartenarbeit. Welche Pflanzen eignen sich für Eilige?
Fersch: Eiligen Gärtnern würden wir einige schöne Bodendecker empfehlen wie zum Beispiel Storchschnabel, Bergenien oder Thymian. Es kommt aber immer auf die richtige Auswahl für den jeweiligen Standort an, sonst wird man keine Freude damit haben.
Sie geben nicht nur Tipps, sondern schreiben offen auch über eigene Schwierigkeiten. Vor welchen Anfängerfehlern können Sie Hobbygärtner warnen?
Fersch: Die Pflanzenauswahl sollte immer zu den eigenen Gegebenheiten passen. Es macht keinen Sinn Schattenstauden in die Sonne zu setzen oder umgekehrt. Wir haben oft auch zu viele Pflanzen auf eine Fläche gesetzt und mussten nach kurzer Zeit wieder eingreifen.
Und Ihre Lieblingspflanze für den Garten . . .
Fersch: Da kommen ständig neue dazu. Aber der Kalifornische Mohn, Gaura, Sonnenhut und Cosmea gehören auf alle Fälle dazu.
Warum nicht jeder Garten Bio ist
Angefangen hat sie mit vier Quadratmetern Gemüsebeet. Heute sind es 180, inklusive Kartoffelacker und Gewächshaus: Birgit Spitzhüttl schreibt nicht nur über Nähideen, sondern gibt auch Biogarten-Tipps. „Es geht mir um modernes Selbstversorgen“, sagt die Biologin aus Neubrunn (Lkr. Würzburg). „Mein Mann und ich haben es ganz gut hinbekommen, das wir im Sommer aus unserem Garten leben können.“ Der Blog ist für sie „eine Art Gartentagebuch“.
FRAGE: Mit 180 Quadratmetern haben Sie mehr Platz als die meisten Hobby-Gärtner. Lässt sich auch in der Wohnung oder auf dem Balkon richtig ernten?
Birgit Spitzhüttl:
Auf jeden Fall. Ich habe mit vier Quadratmetern angefangen und war genauso glücklich. Man kann zum Beispiel schon ganz einfach in einem Hochbeet gärtnern. Das kann überall hingestellt werden und die Erde darin ist sehr gut, weil sie gelockert ist. In solchen Beeten kann man etwa mit Mischkulturen arbeiten: Die Karotte zum Beispiel geht in die Tiefe, die Zwiebel bleibt an der Oberfläche und Erbsen wachsen in die Höhe. Man muss nur aufpassen, dass man nicht Nachbarn aneinander setzt, die sich nicht mögen. Außerdem kann man auch in einem Blumenkasten Salatpflänzchen ziehen oder Erdbeeren. Tomaten wachsen sogar oft in Töpfen auf der geschützten Terrasse oder dem Balkon besser als im Garten.
Warum sprechen Sie von einem Biogarten – ist ein Garten nicht immer bio?
Spitzhüttl: Nein, weil man Pflanzen mit vielen chemischen Mitteln behandeln kann. Biologisches Gärtnern bedeutet, dass man versucht, organisch zu düngen – zum Beispiel mit Brennnesseljauche. Das gleiche gilt für die Schädlingsbekämpfung, auch dazu sollte man Sachen aus dem biologischen Bereich verwenden. Und es geht auch um den Anbau: Man sollte mit Mischkulturen arbeiten, das heißt, Pflanzen aussuchen, die sich zum Beispiel bei der Schädlingsabwehr unterstützen. Ein Klassiker sind da Karotten mit Zwiebeln, denn die Gerüche der jeweiligen Pflanzen wehren die Zwiebelfliege und die Karottenfliege ab.
Welches Gemüse gehört in jeden Biogarten? Und von welchem sollte man besser die Finger lassen?
Spitzhüttl: Eigentlich gehört alles rein, was man selbst gerne auf dem Teller haben möchte. Es gibt auch Informationstabellen für Mischgärten, in denen man sehen kann, welche Pflanzen gut harmonieren. Für Anfänger ist generell die Kartoffel gut geeignet, da sie den Boden auflockert. So habe ich auch gestartet: Im ersten Jahr bestand ein Großteil des Gartens aus Kartoffeln, dazu Zwiebeln und Karotten.
Und Ihr Lieblingsgemüse . . .
Spitzhüttl: Ich würde noch immer sagen, die Kartoffel. Denn so eine richtig gute Frühkartoffel aus dem eigenen Garten, mit einer ganz zarten Schale, das ist das Beste, was es gibt.
Was einen fränkischen Bauerngarten ausmacht
Einen typischen fränkischen Bauerngarten haben sich Sabine Pecoraro-Schneider und ihr Mann Reinhard in Knetzgau-Hainert (Lkr. Haßberge) geschaffen. Stauden, Rosen, Obstbäume und Gemüse, Kräuter oder Weinreben wachsen dort rund um ein altes Anwesen aus dem Jahr 1898, das das Paar aus Nordrhein-Westfalen restauriert hat. „Wir haben hier unser Paradies schlechthin gefunden“, sagt Sabine Pecoraro-Schneider. Mit dem bloggen begannen die beiden vor fünf Jahren, als Ersatz für das „gute, alte Fotoalbum“.
Frage: Sie verbinden in Ihrem Blog Pflanzen und Raumgestaltung. Wie gehören Architektur und das Gärtnern zusammen?
Sabine und Reinhard Pecoraro-Schneider: Die Formensprache spielt im Garten eine große Rolle. Für uns etwa war die Gestaltung durch die Struktur vorgegeben: Der Garten war einst eine Streuobstwiese. Die Obstbäume stehen parallel zum Wohnhaus und bilden zwei Reihen. Wir wollten diese Struktur mit einbeziehen und haben uns deshalb für die Form eines Wegekreuzes entschieden, eine Bauerngartenstruktur, wie man sie vom letzten Jahrhundert noch kennt. Dazu haben wir die Baumreihen wieder aufgefüllt und dazwischen Staudenbeete in Form eines Wegekreuzes sowie auch im Gemüsegarten Hochbeete in der gleichen Form angelegt. Getrennt sind diese Gartenräume durch Rosenbögen.
Was macht einen „fränkischen Bauerngarten“ aus?
Pecoraro-Schneider: Gemüse, Obst und Blumen haben den gleichen Stellenwert. So haben die Leute früher gegärtnert. Klassisch ist der Bauerngarten meist von einem Holzzaun eingefasst. Seine Fläche wird durch ein einfaches Wegkreuz, oftmals mit einem Rondell in der Mitte, strukturiert. So ist der Garten in vier Beete unterteilt und diese sind meist mit Buchs eingefasst. Angepflanzt werden Würz- und Heilpflanzen, oft in Kombination mit Gemüse. Typische Bauerngartenstauden wie Schafgarbe, Stockrose, Akeleien, Glockenblumen, Astern oder Nelken sind auch in unserem Garten vertreten.
Rosen spielen bei Ihnen eine besondere Rolle. Worauf müssen Hobbygärtner achten, wenn Sie mit dem Rosenanbau beginnen wollen?
Pecoraro-Schneider: Wir haben insgesamt 40 bis 45 Rosen, wobei ich früher gar keine Rosen mochte. Aber hier gedeihen sie sehr gut. Sie brauchen entwässerten Boden. Mir ist wichtig, dass die Blüten nicht zu arg gefüllt sind. Von englischen Rosen etwa kennt man die ganz üppigen Blüten, bei denen man kaum auf die Staubblätter schauen kann. Für Bienen sind aber offene Blüten besser, deshalb würde ich dazu raten. Das sind zum Beispiel Wildrosen, wie sie überall an Rändern wachsen oder auch Bibernellrosen. Als Begleiter setze ich dann die Stauden und Kräuter, die Bienen und Wildbienen anlocken.
Und Ihre Lieblingsrose . . .
Pecoraro-Schneider: Das ist immer die, die gerade blüht. Im Moment mag ich die Francoise Juranville, das ist eine Ramblerrose. Sie blüht eigentlich nur einmal im Jahr, aber wahrscheinlich sind wir hier in einer begnadeten Region – und so blüht sie bei uns immer im Spätsommer noch mal.