zurück
Würzburg
Warum zwei Würzburger Abiturienten den rumänischen Urwald retten wollen
In Rumänien wird täglich Wald abgeholzt – illegal. Immer mehr Fläche des letzten europäischen Urwaldes verschwinden. Was Phillip Hubert und Theresa Drösler dagegen tun wollen.
Phillip Hubert und Theresa Drösler sind mit ihrem Rad durch Europa gefahren, um Spenden für den rumänischen Urwald zu sammeln.
Foto: Philipp Hubert | Phillip Hubert und Theresa Drösler sind mit ihrem Rad durch Europa gefahren, um Spenden für den rumänischen Urwald zu sammeln.
Gina Thiel
 |  aktualisiert: 12.02.2024 05:42 Uhr

"Wir standen auf diesem Hügel, vor uns 300 Hektar Talfläche und es war einfach alles abgeholzt. Die Baumstümpfe wurden abgebrannt, damit es aussieht, als ob ein Waldbrand alles zerstört hätte", berichtet Philipp Hubert per Live-Videochat aus Rumänien. "Das waren apokalyptische Bilder. Wo wir auch hinschauten, haben wir Vernichtung gesehen." Der Würzburger ist gemeinsam mit seiner Freundin Theresa Drösler Anfang Augst zu einer Reise quer durch Europa aufgebrochen –mit dem Fahrrad.

"Das ist ein gutes Beispiel für klimaneutrales Reisen", begründet die 19-Jährige, die gern Umweltwissenschaften studieren möchte, die Wahl ihres Fortbewegungsmittels. Auch passe es gut zu dem Ziel, welches die beiden Abiturienten verfolgen. Sie wollen auf ihrer Radreise Spenden sammeln und sich gegen die Abholzung des rumänischen Urwalds einsetzen. Aber warum ausgerechnet Rumänien? "In dem Land gibt es die letzte und größte zusammenhängende Urwaldfläche in der Europäischen Union", erklärt Philipp Hubert. Doch genau hier liegt das Problem: Durch illegalen Raubbau und profitorientierte Forstwirtschaft wird immer mehr dieser Waldfläche zerstört.

Große Teile des einst riesigen Urwaldes sind bereits verschwunden

Rumäniens Urwald, die Karpaten, hat viele Schätze zu bieten. Neben sechs Millionen Hektar Waldfläche und 3700 verschiedenen Pflanzenarten, ist es wohl eines der letzten Gebiete in Europa, in denen Bären, Wölfe und auch Luchse ihr natürliches Zuhause haben. Die Foundation Conservation Carpathia (FCC) will diesen Schatz bewahren und hat es sich zum Ziel gesetzt, 250 000 Hektar Urwald aufzukaufen und zum Naturschutzgebiet zu erklären. Damit könnten sie der Abholzung Einhalt gebieten und das geschützte Gebiet dauerhaft durch Parkwächter überwachen lassen. Um dieses Vorhaben umsetzen zu können, ist die Organisation auf Spendengelder angewiesen.

Von den einstigen, grünen und dicht bewachsenen Waldflächen ist an manchen Orten Rumäniens nicht mehr viel übrig geblieben.
Foto: Philipp Hubert | Von den einstigen, grünen und dicht bewachsenen Waldflächen ist an manchen Orten Rumäniens nicht mehr viel übrig geblieben.

Mit ihrer Aktion "Balkan by Bike" unterstützen die beiden ehemaligen Würzburger Schüler des Matthias-Grünewald-Gymnasiums die FCC bei ihren Zielen. Über 3000 Kilometer und neun Länder haben die beiden in den vergangen zwei Monaten mit dem Rad durchquert. Ihre Reise und Erlebnisse haben sie bei Instagramund auf ihrem Blog www.balkanbybike.com geteilt. Mit der Reichweite und der Aufmerksamkeit wuchsen auch die Spendengelder. Insgesamt 8750 Euro konnten die beiden bisher sammeln. Das Ziel sind 10 000 Euro. Damit könnte die FCC rund zwei Hektar Urwald wieder aufforsten, indem sie 8000 neue Setzlinge pflanzt.

Die Gastfreundschaft und Offenheit der Menschen rührt die beiden jungen Leute

Neben der positiven Resonanz aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis haben Drösler und Hubert vor allem eines auf ihrer Reise zu schätzen gelernt: die Gastfreundschaft der Menschen. "Das hat uns echt beeindruckt", erzählt Drösler, während sie auf dem Boden ihres Zeltes irgendwo in Rumänien sitzt und in die Kamera ihres Tablets lächelt.

"Wir sind durch Länder gefahren, in denen viel Armut herrscht. Die Menschen kennen uns nicht und laden uns trotzdem in ihr Haus ein", ist sie beeindruckt. Auch das sei ein Grund für ihre Reise gewesen, erklärt Drösler: "Länder wie die Ukraine, Slowenien und Bosnien sind total stigmatisiert." Als Urlaubsziel stünden sie nur bei wenigen Deutschen auf der Reiseliste und das, obwohl die Länder wunderschöne Landschaften zu bieten hätten, sagen die beiden. 

Phillip Hubert und Theresa Drösler vor der evangelischen Stadtpfarrkirche in Sibiu (Hermannstadt) in Rumänien.
Foto: Philipp Hubert | Phillip Hubert und Theresa Drösler vor der evangelischen Stadtpfarrkirche in Sibiu (Hermannstadt) in Rumänien.

Eines Abends saßen Drösler und Hubert auf Einladung einer bosnischen Familie bei ihnen im Garten. Nach einer Runde Tee und selbst gebackenen Keksen haben die beiden jungen Deutschen die Familie auf ihre großzügige Gastfreundschaft angesprochen, die sie aus Deutschland nicht kennen. "Sie haben uns erklärt, dass sie selbst nur wenig hätten und deshalb auch keine Angst haben, etwas zu verlieren", erklärt Drösler. 

"Wir zerstören damit unsere eigene Existenzgrundlage"

Doch auch die Bereitschaft, von dem Wohlstand etwas abzugeben, ist zu beobachten. Das zeigt der Erfolg, der 2009 gegründeten Stiftung zum Erhalt der Karpaten. 27 000 Hektar Wald hat die FFC in dieser Zeit bereits aufgekauft und unter Schutz gestellt. Die bereits abgeholzten Flächen wurden mit rund drei Millionen neuen Bäumen wieder aufgeforstet. Und das ist auch nötig, wie ein Bericht der rumänischen nationalen Fortwirtschaftsinventur (IFN) aus dem Jahr 2018 zeigt: Zwischen 2013 und 2018 seien jedes Jahr rund 20 Millionen Kubikmeter Holz illegal geschlagen wurden. Damit wurde mehr Holz illegal als legal in den Karpaten abgeholzt.

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

"Wir zerstören uns damit unsere eigene Existenzgrundlage", erklärt Drösler. Neben all den positiven Erlebnissen auf der Reise habe sie immer wieder mit negativen Gefühlen zu kämpfen. "Das macht mich wütend", weder sie noch ihr Freund können das Handeln der Holzmafia verstehen. "Irgendwann gehen uns die Ressourcen aus. Warum denken wir nicht einen Schritt weiter?", fragt sich Hubert.

Mit Fragen wie dieser stoßen Drösler und Hubert nicht nur bei den Einheimischen auf offene Ohren. Zu den Höhepunkten ihrer Reise zählen unter anderem das Treffen mit dem Bürgermeister der österreichischen Stadt Obervellbach, Arnold Klammer, und ihr Besuch der Deutschen Botschaft in Ljubljana in Slowenien. 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Gina Thiel
Abiturientinnen und Abiturienten
Emotion und Gefühl
Entwaldung
Europäische Union
Naturschutzgebiete
Umweltwissenschaften
Wald und Waldgebiete
Waldbrände
Wut
Zerstörung
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • R. B.
    Ich frage mich viel mehr, warum der Beamtenmoloch aus Brüssel hier nicht einschreitet. Viele Menschen und Familien in Rumänien leben von diesem illegalen Abrodungen. Aber Brüssel verfasst lieber DIN-Vorschriften für die Herstellung einer Pizza Margherita. Da werden Milliarden über Milliarden für Nonsens ausgegeben, obgleich doch der Klimawandel jeden Cent benötigt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • H. S.
    Und bei uns geht die Welt unter wenn es trotz solcher illegaler Machenschaften weniger Bau- oder Brennholz gibt.
    Und das Verfeuern von Holz als Pellets, Hackschnitzel, Scheite, oder in stillgelegten Kohlekraftwerken gilt als ökologisch und die Umrüstung wird gefördert.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • S. C.
    Das Heizen mit Hackschnitzeln, Pellets oder Scheitholz bei uns hat nichts, aber auch gar nichts mit dem rumänischen Urwald zu tun.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. D.
    Weil sich Deutsche überall auf der Welt wichtig tun müssen? Weil es Ihnen zu gut geht und sie deshalb überall die Moralkeule schwingen müssen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. A.
    @Einwohner: Ich stimme Ihnen absolut zu. Um sich zwei Monate Auslandsurlaub am Stück leisten zu können muss es einem schon sehr gut gehen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. S.
    @Einwohner:
    ich finde ihren Kommentar unsäglich. Erschreckend, dass ihr Kommentar bisher 29x mit "Gefällt mir" gekennzeichnet wurde!
    Das ist sicher nicht die Weltoffenheit welche in der Mainpost immer versucht wird zu vermitteln!

    Hier geht es um zwei junge Menschen die sich Gedanken machen - nicht mehr und nicht weniger. Erschreckend, dass hier sofort die Worte "überall auf der Welt wichtig tun" und "Moralkeule" fallen!

    Wer sich mal über den Zustand der rumänischen Wälder informiert wird erkennen, dass es hier Probleme gibt. Es gibt auch genügend "alte, weiße Männer" die auf dieses Problem aufmerksam machen. Sobald junge Erwachsene darauf aufmerksam machen müssen diese mit einer Gehässigkeit rechnen die beschämend ist.

    Die beiden jungen Menschen nutzen ihren Freizeit und ihren Urlaub wenigstens sinnvoll und lernen die Welt kennen. Für andere hingegen ist es das höchste im Urlaub einen Liegestuhl am Pool reservieren zu können oder sich künstlich bespaßen zu lassen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. D.
    Es tut mir leid, dass Sie aufgrund ihrer ideologischen Verblendung die Problematik nicht erkennen können. Es hat nichts mit Weltoffenheit zu tun um was es hier geht. Zwei junge Erwachsene, gerade mal mit der Schule fertig geworden, leisten sich auf Kosten ihrer Eltern eine Auszeit nach der Schule. Sie haben es nicht eilig eine Ausbildung oder Studium aufzunehmen, denn sie haben es finanziell nicht nötig. Geleistet für sich oder die Gesellschaft haben sie ebenfalls null. Andere zahlen ja für sie und auch zukünftig ist ja erstmal für ein Auskommen gesorgt. Dann fahren sie monatelang in Urlaub, lassen es sich gutgehen und kritisieren halt mal alles was ihnen über den Weg läuft.
    Auch andere haben übrigens schon einiges in der Welt gesehen und zwar nicht nur schönes während eines monatelangen Urlaubs. Und was ist die Erkenntnis? Wir sollten erkennen wie gut es uns in Deutschland geht und wenn wir wollen, dass es uns weiterhin gut geht, dann müssen wir Gas geben und nicht bremsen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • M. B.
    Die Menschen welche das Holz im Wald sägen ernähren auf der anderen Seite mit dieser Arbeit ihre Familien. Es klingt paradox aber ohne diese illegale Holzindustrie in Rumänien gibt es noch mehr Not und Elend in diesem armen Land . Den Wald zu retten ist richtig. Man muss sich auf der anderen Seite aber auch um die Menschen in Rumänien kümmern.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten