Wie viele Menschen braucht es, um mit dem nötigen Corona-Abstand das Würzburger Rathaus zu umzingeln? Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hat es beim Warnstreik der Beschäftigen im öffentlichen Dienst am Montag ausprobiert: ziemlich genau 150 Frauen und Männer waren es, die sich mit rot-weißem Flatterband, Abstand und Mundschutz rund um das Rathaus aufgestellt hatten.
Komplett umzingelt waren der Grafeneckart und der Rest des Gebäudes allerdings nicht – die Zu-und Ausfahrt der Marktgarage in der Karmelitenstraße, die beiden Rathauseingänge, der Außenbereich und der Eingang zum Ratskeller blieben frei. Insgesamt hatten sich gut 300 Streikende aus der Region in Würzburg versammelt, um vor der dritten Verhandlungsrunde mit den kommunalen Arbeitgebern erneut ein deutliches Zeichen zu setzen.
Diejenigen, die bei herbstlichen Temperaturen nicht rund um's Rathaus standen, versammelten sich auf einer abgesperrten Fläche auf dem Unteren Markt – nicht alle, aber die überwiegende Zahl mit dem erforderlichen Abstand und einer Mund-Nasen-Bedeckung.
Bayernweit rund 300 Aktionen
Die ersten Warnstreiks gab es bereits vor mehreren Wochen, kommenden Donnerstag und Freitag gehen die Verhandlungen mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber in die dritte Runde. Deshalb fordern die Streikenden bis Mittwoch, bei bayernweit rund 300 Aktionen, 4,8 Prozent oder mindestens 150 Euro mehr Lohn und Gehalt, zusätzliche freie Tage und Verbesserungen bei der Altersteilzeit.
Nach Angaben von Gewerkschaftssekretär Peter König haben in der Region am Montag mehr als 400 Beschäftigte aus verschiedenen Bereichen des öffentlichen Dienstes die Arbeit niedergelegt – unter anderem bei den Würzburger Stadtreinigern, beim Entwässerungsbetrieb, bei einigen Tochtergesellschaften der WVV, bei der Sparkasse Mainfranken und bei der Klinik Kitzinger Land.
Sie alle sind "unverzichtbar" – das Wort stand auf dem Ver.di-Mundschutz, den viele der Streikenden trugen – und nach Königs Worten auch systemrelevant: "Ihr haltet das System Deutschland durch eure tägliche Arbeit und euer Engagement am Laufen", sagte er auf dem Marktplatz. Geld für Lohnerhöhungen sei ausreichend vorhanden: "Wir haben auch genug Geld, um der Lufthansa neun Milliarden Euro zu geben."
Eine spürbare Lohnerhöhung für insgesamt 2,4 Millionen Beschäftigte in ganz Deutschland bedeute außerdem viel zusätzliche Kaufkraft. Um alle Streikenden zu erreichen, musste König seine Rede rund ums Rathaus anschließend vier oder fünf Mal wiederholen.
Kritik am Zeitpunkt des Arbeitskampfes zurückgewiesen
Das Angebot der Arbeitgeber mit 3,5 Prozent mehr Entgelt für drei Jahre bezeichnete König als Unverschämtheit: "Das sind insgesamt weniger als zwei Prozent Erhöhung und ist für euch am Ende nicht einmal ein Nullsummenspiel, sondern ein Minusspiel." Das Arbeitgeber-Angebot sei mit finanziellen Einschränkungen an anderen Stellen des Manteltarifvertrags verbunden.
Kritik am Zeitpunkt des Arbeitskampfs während der Corona-Pandemie wies König zurück. Auf die Beschäftigten nehme in diesen Zeiten auch niemand Rücksicht: "Es werden trotzdem Arbeitsplätze abgebaut und sie bekommen zusätzliche Aufgaben oben drauf."
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version der Berichterstattung war ein Fehler enthalten. Anders als in Mitteilungen der Gewerkschaft Ver.di und vor Ort von Gewerkschaftssekretär Peter König behauptet, sitzt der städtische Kommunalreferent Wolfgang Kleiner nicht als Vertreter der Kommune mit am Tisch, wenn zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft über Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst verhandelt wird.
„Wolfgang Kleiner ist kein Mitglied einer Tarifkommission und führt keinerlei Verhandlungen“, betont die städtische Pressesprecherin Claudia Lother. Kleiner habe lediglich in den Jahren 2017 bis 2019 einmalig bei der Überarbeitung der Entgeltordnung für den handwerklichen Bereich im öffentlichen Dienst einer Tarifkommission auf Landesebene angehört. „Dabei ging es beispielsweise um die inhaltliche Beschreibung handwerklicher Tätigkeiten beim Gartenamt, der Friedhofsverwaltung, der Straßenreinigung und der Müllabfuhr“, so Lother.
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