Der Landwirt Benedikt Endres hat ein Erntehelferteam aus den verschiedensten Ecken aufgestellt. Auf seinem Biohof in Gützingen arbeiten acht neue Feldarbeiter: drei aus München, zwei aus Syrien und dem Irak, zwei aus Berlin und eine Helferin aus der Region. Wie kam es zu so einer gemischten Gruppe?
Die Suche nach Helfern spielte sich im Internet ab
Auf dem Hof werden verschiedene Getreidesorten, aber auch Sojabohnen, Ackerbohnen, Erbsen, Luzerne, Zuckerrüben, Sonnenblumen und Mais angebaut. Für die Arbeit auf dem Feld ist normalerweise eine feste Stammgruppe aus Rumänien verantwortlich.
"Aber dann war klar, sie können nicht kommen - höchstens per Flugzeug, aber viele haben Flugangst und wollten nicht in ein Flugzeug steigen", sagt Endres. Außerdem wären die Auflagen für die Einreise mit Gesundheitschecks und zusätzlichen Kosten umfangreich gewesen. "Deswegen habe ich mich dazu entschieden, neue Helfer zu suchen." Dabei sei für ihn das Portal 'daslandhilft.de' hilfreich gewesen. Die Suche habe viel Zeit gekostet. "Ich hatte den Anspruch, die Bewerber vorher zu sehen", meint Endres. Also setzte er mit potenziellen Feldarbeitern Videotelefonate an, um diese besser kennenzulernen und sich einen Eindruck zu verschaffen. "Man merkt schnell, ob jemand für die Arbeit geeignet ist oder nicht", stellte der Landwirt fest.
Die Einführung in die Arbeit war eine Herausforderung
Endres habe jetzt genauso viele Helfer wie sonst auch und auf dem Feld tun sich alle leicht, Vorschriften einzuhalten, denn es wird selten näher als in einem Abstand von zwei Metern gearbeitet. Bei der Arbeit gehe es vor allem um Unkrautregulierung. Die Vorarbeit wird mit der Hackmaschine geleistet, die Handarbeit werde vor allem bei den Zuckerrüben benötigt.
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Die größte Herausforderung lag in der Einarbeitung der neuen Helfer - viele von ihnen hatten vorher noch nie eine Hacke in der Hand und es musste erklärt werden, was Nutzpflanze und was Unkraut ist. "Da war ich zwei Tage mit auf dem Feld und habe jedem eine Einführung gegeben", so Endres. Bei manchen dachte er, dass sie die erste Woche nicht überstehen würden. "Es kommt ja nicht oft vor, dass eine Stylistin aus New York übers Rübenfeld läuft", sagt Endres lachend. Umso faszinierter sei er, dass sich alle so in die Arbeit eingefunden haben und das so gut machen.
Die Stylistin und die Refendarin auf dem Zuckerrübenfeld
Samantha Pletzke kommt aus New York und ist für ihre Arbeit als Kostümbildnerin und Stylistin nach Berlin gezogen. Es war schnell klar, dass Sie ihren Beruf dort in nächster Zeit nicht ausüben kann. Deswegen hat sie sich im Internet nach Alternativen umgeschaut. "Ich bin über 'daslandhilft.de' auf den Job aufmerksam geworden und habe mich direkt beworben." Am Anfang fiel ihr die Arbeit noch schwer, vor allem körperlich, aber mittlerweile fühle es sich völlig normal an und die Zeit auf dem Feld verfliegt. "Es macht wirklich Spaß und ich könnte mir vorstellen, für eine nächste Saison wiederzukommen", sagt Pletzke.
Katharina Rieß kommt aus der Region und studiert Sonderschulpädagogik. Sie beginnt im neuen Schuljahr mit dem Referendariat. Bis dahin wollte sie in der Industrie arbeiten. Dies war aufgrund der Corona-Pandemie nicht mehr möglich. Tatenlos zuhause rumsitzen wollte sie jedoch auch nicht. Dass sie nun in der Natur arbeitet anstatt am Fließband zu stehen, gefällt ihr sehr. Katharina ist froh, sich dafür entschieden zu haben: "Das ist der beste Ferienjob den ich bisher gemacht habe", erzählt sie freudig.
Das Weltreise-Paar aus München
Alisa Weichselbaumer und Christoph Nern aus München hatten ihre Jobs und die Wohnung für eine Weltreise gekündigt - sie arbeitete als Büroangestellte, er als Einkäufer für Delikatessen. Sie wollten zwei bis drei Jahre unterwegs sein. "Als klar war, dass wir unseren Plan nicht umsetzen können, haben wir nach Alternativen recherchiert und uns beworben", sagt Neren. Für Weichselbaumer ist die Arbeit eine körperliche und mentale Herausforderung. "Daran musste man sich erst gewöhnen - ich hatte Blasen an den Händen und Nackenschmerzen." Nern war eine ähnliche Arbeit schon vom Weinbau gewöhnt. Trotzdem waren die Aufgaben für beide neu. "Am Anfang haben Alisa und ich viele Fragen gestellt, da hat man gemerkt, dass wir aus der Stadt kommen. Wir lernen aber auch viel dazu", sagt Nern.
Nach der Arbeit verbringen die Helfer den Abend in den gemeinschaftlichen Wohnräumen, auch oft zusammen bei einem Bier. "Da treffen viele Sprachen aufeinander: Deutsch, Englisch und Arabisch. Trotzdem verstehen wir uns und sind eine gute Truppe", sagen beide. Ihr nächstes Ziel sei noch unklar. Das entscheide sich nach den künftigen Entwicklungen. "Wir würden gerne nach Canada und Australien. Wenn das nicht möglich ist, bleibt es wohl bei Europa."
Die Studentin und die Filmemacherin
Bella Njofang ist Studentin der Musiktherapie und kommt aus Berlin. "Ich bin durch eine Freundin auf den Job als Erntehelferin aufmerksam geworden", sagt Njofang. Für sie sei es wichtig, neben ihrem online stattfindenden Studium noch etwas anderes zu machen. "Die Arbeit auf dem Feld ist besser als zuhause zu grübeln und nichts zu tun", merkt sie an. Sie dachte die Arbeit sei vor allem körperlich anstrengend, aber man müsse sich auch sehr konzentrieren und genau hinschauen. Durch diese Erfahrung könne sie sich vorstellen, später einen eigenen Garten zu haben und zu bepflanzen.
Die selbstständige Filmemacherin Johanna Ort aus München ist eine der Helferinnen aus der Region, denn ursprünglich kommt sie aus Kirchheim. "Nachdem klar war, dass ich meinen Job schwieriger ausüben kann, habe ich mich entschlossen wieder zu meinen Eltern nach Kirchheim zu gehen und etwas in der Nähe zu tun", erklärt Ort ihre Entscheidung. Das Einfinden in die Arbeit ging für sie erstaunlich schnell. "Außerdem bekomme ich den Kopf frei und kann nebenbei auch andere Dinge machen, wie Podcasts oder Musik hören", sagt sie. Da ihre Arbeit sehr projektbezogen sei, könnte sie sich vorstellen nochmal auf dem Feld zu arbeiten.
Zwei Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak
Dilgash Kalaf ist ein syrischer Flüchtling der in einer deutschen Pflegefamilie untergekommen ist. Eigentlich fängt er im Herbst eine Ausbildung zum Maurer an, aber bis dahin wollte er noch woanders arbeiten. "Mein Pflegevater hat im Internet nach Stellenausschreibungen gesucht und Bewerbungen abgeschickt. Von Benedikt kam als erstes Antwort", erklärt Kalaf. Die Arbeit mache ihm Spaß, auch wenn sie natürlich anstrengend sei. Endres und Kalaf merken beide lachend an: "Wenn die Ausbildung zum Maurer nicht läuft, macht er eben eine auf dem Hof."
Wael Abdulmunem ist ebenfalls ein Flüchtling der in Deutschland Unterkunft gefunden hat. Ursprünglich kommt er aus dem Irak. "Mein Flüchtlingshelfer Thomas Reuß ist im Internet auf den Job als Feldarbeiter aufmerksam geworden und konnte mich an den Hof von Benedikt vermitteln", freut sich Abdulmunem. Weil er schon in den Niederlanden auf einem Bauernhof gearbeitet habe, war die Arbeit für ihn nicht neu und er mache sie gern. "Man ist immer an der frischen Luft und es wird nie langweilig."
Nächste Saison ist noch unklar
Benedikt Endres könnte sich für die nächste Saison vorstellen, wieder Erntehelfer aus Deutschland einzustellen. Er sei sich bloß nicht sicher, ob er auch ohne die Einschränkungen der Corona-Pandemie genügend Helfer finden würde. Mischen würde er seine Stammgruppe und neue Helfer nicht. "Das würde wahrscheinlich nicht harmonisieren", merkt er an. Für diese Saison sind die neuen Feldarbeiter ein Glück und was die nächste Saison bringt, sehe er später.