Das 15. Jahrhundert, der „Herbst des Mittelalters“, begann für die Stadt Würzburg tragisch. In der Schlacht von Bergtheim am 11. Januar 1400, einer der sehr seltenen Winterschlachten, verlor sie bekanntermaßen nicht nur den Großteil ihrer waffenfähigen Bürger, sondern auch die Chance auf den angestrebten Status einer Reichsstadt. Dies hätte die direkte Unterstellung unter den König gebracht, der nur selten präsent und maßvoll in seinen Steuerforderungen war. Die unmittelbare Herrschaft des in der Regel ungeliebten Fürstbischofs auf der uneinnehmbaren Marienburg über den Mauern der Stadt wäre Geschichte gewesen.
Die Regierung des Bischofs Gerhard von Schwarzburg von 1372 bis 1400 war geprägt durch kontinuierliche Steuererhöhungen, Verbot von Rat und Zünften sowie den gewaltsamen Kampf des Landesherrn gegen die Bestrebungen seiner Residenzstadt nach Selbständigkeit. Ende 1399 versuchte er, die Stadt Würzburg auszuhungern. Folge war besagte Schlacht, in der die Bürger im befestigten Kirchhof von Bergtheim die bischöflichen Getreidevorräte in ihre Hand zu bringen versuchten.
Würzburg hatte über 3000 Kämpfer unter Waffen, auf Seiten des Bischofs kämpfte fast der gesamte Adel Frankens. Alles sah nach einem Sieg der Bürger aus, bis unter der Führung des Dompropstes Johann von Egloffstein die als Reserve zurück gehaltenen Ritter auf dem Schlachtfeld erschienen und die Wende brachten. Auf städtischer Seite fielen circa 1000 Mann, 2000 wurden gefangen abgeführt. Enorm waren die Schadensersatzzahlungen der Würzburger Bürger in Höhe von 40 000 Pfund Heller, die in Raten auf 40 Jahre aufgeteilt werden mussten.
Der Tod des Bischofs Gerhard von Schwarzburg im November 1400 eröffnete die Aussicht für Johann von Egloffstein auf das Spitzenamt. Dank der Unterstützung des neuen Königs Ruprecht von der Pfalz, den er wohl von seinem Studium in Heidelberg her kannte, wurde er vom Domkapitel gewählt. Bereits am 1. Dezember 1400 legte er seinen Wahleid ab. Am 23. April 1401 zog er offiziell in Würzburg ein, die Bürger huldigten ihm. Von Papst Bonifaz IX. erhielt er die Genehmigung, das seit Jahren auf der Stadt lastende Interdikt, das Verbot aller gottesdienstlichen Handlungen, zu lösen.
Von seinen Vorgängern übernahm Egloffstein eine enorme Schuldenlast, die noch 1406 von der römischen Kurie auf 2,5 Millionen Gulden beziffert wurde. Das gesamte Steueraufkommen der Stadt Würzburg betrug in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts circa 2800 Gulden jährlich. Hieraus erhielt der Landesherr nur ein Viertel, nämlich 700 Gulden. Egloffstein musste umschulden und vor allem die Steuern erhöhen. 1402 erlaubte ihm Papst Bonifaz IX. für drei Jahre einen geistlichen Zehnten, den zehnten Teil der Einnahmen – eine Provokation für Domkapitel und Klerus, die bislang weitgehend steuerfrei waren. Auch die Diener der Domherren, die in Würzburg ihre Geschäfte betrieben, wurden veranlagt. Auf Drängen der Bürger untersagte der Bischof ihnen Weinhandel und Weinausschank. Gegen den Willen der Domkapitulare folgten weitere Steuerauflagen für Geistlichkeit und Bürgerschaft. Schließlich begrenzte Egloffstein die Zahl der Mitglieder im Domkapitel auf 24 Personen.
1408 eskalierte der Streit. Am 22. Mai ließ Egloffstein kurzerhand durch den Stadtschultheißen und einige Bewaffnete 18 Domherren aus einer Prozession heraus festnehmen und 13 von ihnen in die Straftürme werfen. Sie hatten gegen die Erhebung einer Landsteuer opponiert. Zwar kam es später in Bamberg zu einer Vermittlung durch den Ritter Eberhard von Hirschhorn, den Rat König Ruprechts, der Hass der Kapitulare auf den Bischof jedoch blieb.
Ein weiteres Problem ergab sich aus der Erstgründung der Würzburger Universität. 1402 genehmigte Papst Bonifaz IX. für Würzburg ein Studium generale nach dem Vorbild von Bologna. Durch Egloffstein erhielt sie eigene Gerichtsbarkeit und Regelung ihrer Einkünfte. Es fehlten jedoch liegende Güter und unbefristete Zuwendungen. Im Domkapitel fürchtete man den weiteren Verlust von Pfründen. Sehr plötzlich starb Johann von Egloffstein am 22. November 1411 in Forchheim: veneno intoxicatus, durch Gift ermordet, wie ein Chronist vermerkt. Sein früher Tod könnte in der Tat auf Initiative des Domkapitels erfolgt sein. Zwei Jahre später wurde in Würzburg der Universitätsrektor Johannes Zantfurt durch seinen Diener erstochen.
Für die Stadt Würzburg war die kurze Herrschaft Egloffsteins hart, jedoch nicht willkürlich. Konsequent hatte er, und dies war nach den Kriegen bis 1400 naheliegend, die Oberherrschaft der Regierung durchgesetzt, die sich insbesondere in der Finanz- und Verwaltungspolitik bemerkbar machte. 1410 ließ er zwecks effektiver Steuererhebung und Aushebung von Militär die Stadtfläche innerhalb der Mauern in acht, nach der Bevölkerungszahl etwa gleich große Viertel einteilen. Weiter wurde ein gleichsam demokratisches Element eingeführt, nämlich die Vertretung der Stadtviertel durch Viertelmeister, die im Stadtrat beratend tätig wurden. Schließlich wurde die Verwaltung verschriftlicht, Schulden und Geldgeschäfte in Büchern verzeichnet. Dies diente nicht nur der Kontrolle der Amtsträger, sondern erwies sich für die Zukunft als effektives Instrument zur Erfassung von Land und Untertanen.
Text: Ulrich Wagner